Seit Weihnachten wurden im Kreis Böblingen rund 450 000 Tests gemacht, damit wurden 1331 Covid-Kranke identifiziert. Foto: Eibner-Pressefoto/Roger Bürke

Das Landratsamt Böblingen kontrolliert zur Zeit die Corona-Testzentren. Bis auf einen einzigen Fall in Schönaich wurden bislang nur kleine Mängel beanstandet. Zur Zeit gibt es im Kreis etwa 116 000 Testungen pro Woche.

Böblingen/Holzgerlingen - Aufgerüttelt von den Millionenschäden, die durch Betrügereien bei den Corona-Tests entstanden sind, hat auch das Landratsamt Böblingen Kontrolleure in den Landkreis geschickt. Sie arbeiten stichprobenartig, meist nach Hinweisen aus der Bevölkerung.

Im Gebäude der ehemaligen Texas-Bar in Schönaich beispielsweise sind sie vor wenigen Tagen fündig geworden. Der Betrieb sei stümperhaft aufgestellt gewesen, verrät ein Insider. Der Betreiber machte dann auch die Teststation lieber ganz zu.

Doch das war bislang ein Einzelfall, meist gab es kleinere Beanstandungen, die schnell abgestellt seien, sagt der Pressesprecher des Böblinger Landratsamtes, Benjamin Lutsch. Einmal waren keine Wegmarkierungen vorhanden, einmal gab es keinen separaten Ausgang, einmal wurden die Sicherheitsabstände unterschritten. Von Betrügereien bei Abrechnungen ist nichts bekannt.

Inzwischen hat auch der Bund reagiert. Schon kursiert ein neues Eckpunktepapier der Bundesregierung, das die Richtlinien zu den Testzentren überarbeitet hat, und das den Missbrauch dadurch abstellen soll, dass künftig nur noch Fachleute als Teststellenbetreiber zugelassen sind.

Hätten sie auf den Erfinder der Teststrategie, den Holzgerlinger Apotheker Björn Schittenhelm gehört, dann hätten sie sich diese Nachkorrektur sparen können. Er hat bereits beim Gespräch mit dem Bundesgesundheitsminister Jens Spahn im Winter frühzeitig interveniert: „Ich habe die Politik davor gewarnt, die Teststationen zu privatisieren, denn dann könnten auch unseriöse Geschäftsleute auf den Zug aufspringen“, sagt er.

Schittenhelm hat ein schlagendes Argument dafür, dass es besser ist, die Tests in die Hände von Ärzten oder Apothekern zu legen: „Ich hafte mit Haus und Hof für meine Arbeit in den Testzentren, eine GmbH nur mit 25 000 Euro.“ Das heißt, für einen Apotheker oder Arzt sei das Risiko eines Betrugs ungleich höher als für eine anonyme Firma, die nur mit dem Stammkapital haftet.

Schlechte Arbeit stellt die Teststrategie infrage

Es gibt natürlich auch medizinische Argumente, die Tests in den Händen von Fachleuten zu lassen. In Berlin gibt es Zahlen, dass Tests, die von Fachpersonal ausgeführt würden, ungefähr 1,6 Prozent der Covid-Kranken entdeckten, bei Fachfremden sind es nur 0,8 Prozent. Daraus schließt Schittenhelm, dass Fachfremde eher schlampig arbeiteten. „Dann kann man sich das Geld auch sparen“, kommentiert er. Außerdem werde dadurch die gesamte Anti-Corona Teststrategie infrage gestellt. Und wenn man schon private Firmen ins Boot hole, dann solche, die in Heilberufen tätig seien und die es gewohnt seien, medizinische Leistungen korrekt abzurechnen.

Generell ist die von Björn Schittenhelm angestoßene Teststrategie auch im Kreis Böblingen voll entfaltet. Mit seinen fünf Testzentren deckt er etwa 70 bis 80 Prozent der Tests im Kreis ab und führt etwa 50 000 Tests pro Woche durch.

Alle diese Zahlen müssen ans Landratsamt gemeldet werden. Die Statistiker dort verzeichnen seit Weihnachten bisher 450 000 Tests, davon waren 1331 positiv. Zur Zeit gibt es im Kreis wöchentlich 77 000 Tests in den autorisierten Testzentren und etwa 39 000 in den privaten Teststellen, berichtet Benjamin Lutsch.

Die Gewinnspanne wird schmäler

So sehr Schittenhelm begrüßt, dass der Gesetzgeber mit dem Eckpunktepapier nachbessert, so wenig freut er sich über einen anderen Passus darin: Für die Tests kann er künftig statt sechs Euro nur noch drei Euro abrechnen und für die Testungen bekommt er statt zwölf Euro nur noch acht Euro – „und das tut weh“. Denn die Zahl der Testungen wird mit den niedrigen Inzidenzwerten auch fallen. Damit wird es nicht nur für ihn, sondern auch für alle Anbieter schwierig, die Test-Infrastruktur über den Sommer aufrecht zu erhalten. Das heißt, im Herbst, wenn die dritte Welle kommt, wird man vermutlich neue Infrastruktur für teures Geld wieder aufbauen müssen – und von einer dritten Welle geht Schittenhelm felsenfest aus.

Möglicherweise hat das neue Eckpunktepapier aber auch den Effekt, dass mancher Glücksritter, der mit den Tests das große Geld machen wollte, seine Geschäfte wieder aufgibt. Benjamin Lutsch jedenfalls wird nicht müde zu betonen, dass die überwiegende Anzahl der Teststationen seriös und professionell betrieben würden, und sich kein Bürger davon abschrecken lassen solle, die Tests zu machen, um seine Mitmenschen zu schützen und die Pandemie einzudämmen.