Mit Engagement und Empathie geht Dietmar Allgaier das Amt des Interimspräsidenten auf der Bühne VfB Stuttgart an. Foto: Baumann

Der Ludwigsburger Landrat Dietmar Allgaier will als Interimspräsident des Fußballclubs VfB Stuttgart für „Stabilität, Kontinuität und Ruhe“ sorgen, setzt auf sein Organisationstalent und sucht den Kontakt zur Fanszene.

Mit schwierigen Situationen kennt er sich aus. Ludwigsburgs Landrat Dietmar Allgaier war 2020 erst kurze Zeit in seinem Amt, als die Coronapandemie hereinbrach, und kürzlich musste der 58-Jährige die Einsätze gegen die heftigen Überflutungen im Landkreis managen. Man könnte auch sagen, der Mann ist krisenfest. In seinem Umfeld wird er als empathischer Mensch mit kommunikativen Talenten wahrgenommen. Allesamt Eigenschaften, die auch bis zum VfB Stuttgart durchgedrungen sind. Deshalb ist es gar nicht so verwunderlich, dass er es nicht nur auf die Liste der möglichen Kandidaten geschafft hat, sondern am vergangenen Donnerstag vom Vereinsbeirat des Bundesligisten zum Interimspräsidenten berufen wurde.

Dietmar Allgaier erfährt von Berufung auf Pur-Konzert

Die frohe Botschaft ereilte Allgaier auf einem Konzert der Gruppe Pur. Und seitdem steht der eloquente Lokalpolitiker ganz anders im Fokus als neuer Frontmann des Mitglieder stärksten Vereins im Ländle. Als Allgaier am vergangenen Montag die Anfrage des VfB erhalten und sich mit seiner Frau Bettina besprochen hatte, da sei das schon Teil seiner Überlegungen gewesen, ob er sich dieser ganz anderen Aufmerksamkeit und diesem prestigeträchtigen Amt stellen wolle. „Mir war bewusst, dass dies eine andere Dimension sein wird. Aber ich lebte ja auch davor in der Öffentlichkeit“, sagt Allgaier.

Für Außenstehende kommt die Berufung des Ludwigsburger Landrats sehr überraschend. Doch der gebürtige Stuttgarter fühlt sich dem VfB schon seit Längerem sehr eng verbunden. In weiß-roter Bettwäsche hat er zwar nie geschlafen, aber in seinem Büro hängt ein VfB-Trikot. Er ist noch immer Mitglied in einem Fan-Club und war zumindest in den 1990er-Jahren regelmäßiger Stadionbesucher. Allgaier kennt die Roten aber nicht nur aus der Fanperspektive: Jahrelang war er im ehrenamtlichen Mitgliederausschuss und in der Satzungskommission tätig.

Landrat verweist auf Vorbildrolle von Lokalpolitikern

Böse Zungen könnten jetzt fragen, ob der Landrat in seinem eigentlichen Beruf nicht ausgelastet ist. Dem kontert der Politprofi. „Wir Lokalpolitiker haben eine Vorbildrolle, und dazu kann gehören, dass man sich ehrenamtlich engagiert“, sagt Dietmar Allgaier, der auch schon neun Jahre lang Vorsitzender des Städtischen Orchesters in seinem Wohnort Kornwestheim war.

Der CDU-Politiker verweist außerdem auf das Engagement zweier Kollegen im Landkreis: Jürgen Scholz, Bürgermeister von Sersheim, ist Präsident des Landessportverbandes Baden-Württemberg, Bietigheims OB Jürgen Kessing Präsident des Deutschen Leichtathletikverbandes.

Allgaier schreibt sich zudem ein gewisses Organisationstalent zu, das er in den kommenden Monaten auch brauchen wird, um die VfB-Mission mit vollem Einsatz zu bewältigen. „Heute ist man digital ganz anders vernetzt und kann von überall her den Aufgaben nachgehen“, sagt Allgaier. Im Moment hat der Landrat Urlaub und kann sich erst einmal voll beim VfB einbringen. Für ihn wird es, wie er immer wieder betont, ein Job auf Zeit. Der zweifache Familienvater hegt keine Ambitionen, in die Fußstapfen des von der Mitgliederversammlung entmachteten Präsidenten Claus Vogt zu treten. „Dafür lässt mir mein anspruchsvoller Beruf nur für eine begrenzte Dauer einen gewissen Raum“, sagt Dietmar Allgaier.

Dietmar Allgaier bereitet VfB-Mitgliederversammlung vor

Und was bringt er für sein Kurzzeit-Engagement mit? Da ist zum einen die Erfahrung in der Gremienarbeit und mit Finanzen, auch der Umgang mit Aufsichtsräten ist ihm vertraut und beim Repräsentieren kann er sich sicher bewegen. Anders als bei Corona und beim Hochwasser ist der ehemalige Kornwestheimer Bürgermeister beim VfB Stuttgart nicht in erster Linie als Krisenmanager gefragt, sondern eher als Mann des Ausgleichs und der Versöhnung. „Es ist wichtig, dass Stabilität, Kontinuität und Ruhe einkehrt. Dazu möchte ich meinen Beitrag leisten“, sagt Allgaier. Denn trotz des unerwarteten sportlichen Erfolgs der Kicker mit der Vizemeisterschaft und dem Platz in der Champions League haben die Gremien des Vereins in der Außendarstellung durch den monatelangen Streit in der Führungsetage ein schlechtes Bild abgegeben. Auch die Kluft zur Fanszene ist größer geworden.

Dietmar Allgaier wird sich deshalb noch in dieser Woche mit dem Fanausschuss treffen. Seine Hauptaufgabe besteht aber darin, mit seinem Präsidiumskollegen Andreas Grupp die nächste Mitgliederversammlung inklusive Präsidenten-Wahl gut vorzubereiten. „Genau das erwarten die Mitglieder von uns.“ Der Termin ist noch offen – zur Diskussion steht eine Versammlung noch vor Weihnachten oder erst im Frühjahr 2025. So oder so werden es spannende Monate für den Landrat. Und dann schlägt kurz der Fan im Interimspräsidenten durch: „Ich bin optimistisch, dass es sportlich auch in der neuen Saison gut laufen wird.“