Im Frauen-Football geht es energisch zur Sache: Barbara Morell (li.) von den Scorpions Sisters in echter Bedrängnis. Foto: Baumann/Julia Rahn

Die Scorpions Sisters stehen im Stadion Festwiese an diesem Samstag im Finale um die deutsche Meisterschaft gegen die Hamburg Amazons. Zufall ist die Entwicklung nicht, obwohl es die Sportart schwer hat.

Es ist nicht leicht herauszufinden, wie viele Frauen in Deutschland Football im Verein spielen. Im Internet findet sich nichts, beim American Football Verband Deutschland (AFVD) muss man schätzen, weil bloß Zahlen für die lizenzierten sieben Erst- und 22 Zweitliga-Teams vorliegen. Dazu kommen aber noch Spielerinnen der unterklassigen Clubs, die in den Landesverbänden organisiert sind. 2008 waren es 400, heute dürften es vielleicht 1000 Aktive sein, die regelmäßig im Huddle stehen, obwohl bereits 1996 die Frauen-Bundesliga gegründet wurde. „Bei einer Sichtung hatten wir dieses Jahr etwa 400 Spielerinnen“, sagt Michael Schwarzer, Geschäftsführer des AFVD.

Es könnten mehr werden in den nächsten Jahren, die Welle der Begeisterung für Football bei den Männern schwappt auch zu den Frauen. Bei den Stuttgart Scorpions macht sich Präsident Roland Pellegrino keine Sorgen um die Zukunft der Scorpions Sisters. „Wir haben einen Kader von etwa 40 Aktiven, darunter sind einige Nationalspielerinnen. Wir sind sehr zufrieden“, betont der Clubchef. Weil sich der Verein als ein Aushängeschild für Frauen-Football sieht, haben sich die Stuttgarter um die Ausrichtung des Ladies Bowl beworben, dem Endspiel um die deutsche Meisterschaft. Die Scorpions durften zweimal jubeln: Das Finale findet an diesem Samstag (15 Uhr) im Stadion Festwiese statt – und was dem die Krone aufsetzt: Die Sisters sind mit von der Partie und treffen auf die Hamburg Amazons. „Das ist ein toller Lohn für unsere Arbeit“, sagt Pellegrino.

Die Welt der Football-Frauen ist jedoch eine sehr übersichtliche, was die Zahl von 29 Clubs, die überregional antreten, verdeutlicht. Noch ist die Sportart eine in der Nische, weshalb es für Vereine hartes Brot ist, einen ausreichenden Kader zu basteln. Die Zweitligisten, darunter sind die Tübingen Red Knights der einzige Club aus der Region, treten zu den Partien mit nur neun Spielerinnen an, bei den üblichen 11er Teams (in der Bundesliga) würden noch weniger Vereine eine Frauen-Mannschaft stellen können.

„Es herrscht vor allem ein Mangel für die Lines, wo man eine kräftigere Statur haben sollte“, sagt Daniela Ruis, Ex-Spielerin und Teammanagerin der Sisters. Das ist aber nicht der einzige Pferdefuß. Weil Busreisen zu Auswärtsspielen recht teuer sind, ist die Bundesliga in zwei Gruppen gesplittet, die zweite Liga gar in fünf. So bleiben die Entfernungen im Unterhaus im Rahmen, die Plätze sind in maximal 90 Minuten erreichbar, die Spielerinnen fahren meist in Privat-Pkws. Busreisen verschlingen mehrere 1000 Euro, sind aber bei weiten Fahrten unerlässlich. „Wir sind froh“, sagt Daniela Ruis, „dass der Verein in der Lage ist, die Buskosten zu übernehmen.“ Mehr noch: Die Sisters durften ein Freundschaftsspiel im Rahmen eines Wohltätigkeitsturniers in der Schweiz bestreiten.

Der Einzug in den Ladies Bowl kommt nicht von ungefähr, auf der Waldau sind die starken Schwestern kein Beiwerk, sondern echtes Mitglied. Gelebte Emanzipation. Wie bei den Männern hat jede Position einen eigenen Trainer, es steht ein Physiotherapeut zur Verfügung, ein Fitnessstudio darf gratis besucht werden. Diese Verhältnisse strahlen weit über Stuttgart hinaus, weshalb manche weite Wege zurücklegen, um den Scorpions-Helm tragen zu können. Drei Sisters reisen aus München, je zwei aus Frankfurt und Mainz und eine aus Schwäbisch Hall regelmäßig zum Training und den Spielen an den Neckar.

Zudem gehen die Scorpions aktiv auf Nachwuchssuche und beobachten die Football-Mädchen (die bis 16 mit den Jungs spielen dürfen) bei den Mannschaften aus dem Umland. „Jetzt trägt unsere langjährige Arbeit endlich Früchte“, freut sich die 41 Jahre alte Daniela Ruis. Nun muss es nach der Vize-Meisterschaft von 2019 den Sisters nur noch gelingen, den Titel in Stuttgart zu behalten.