In Hochform: Axel Pätz Foto: Helga Beck

Bissig und witzig: Axel Pätz brilliert im Alten Amtsgericht. Zur Freude der Besucher – und der zuletzt geprüften Veranstalter.

Anno 2008 hat er sein erstes Kabarettprogramm gezeigt, und 2009 hat er beim Comedy Festival die Böblinger „Mechthild“ errungen. Mittlerweile hat Axel Pätz schon ein ganzes Wegstück über die deutschen Kabarettbühnen und durch die TV-Shows zurückgelegt und dabei so manch weiteren Preis eingesammelt – vom Rostocker „Koggenzieher“ bis zum Bottroper „Frechdachs“. Ein Resümee seiner vier bisherigen Programme zog er nun im Böblinger Alten Amtsgericht. Der Titel für den Abend: „Das Niveau singt – Premium Gold“ war .

Voller Elan voraus

Fast zu Gänze gefüllt ging es im Alten Amtsgericht wieder zu wie in alten Zeiten. „Seit Anfang Januar sind wir sehr zufrieden“, sagt Gerhard Gamp, der künstlerische Leiter der Kultourmacher. Während die Auslastung von September bis Jahresende noch bei 30 bis 50 dümpelte, liegt sie nun bei 85 Prozent, schätzt Gamp. Die Corona-Jahre scheinen überstanden. „Das alte Publikum haben wir etwas verloren, aber dafür jüngere Besucher neu gewonnen“, so Gamp.

Auch die Mitgliederzahlen im Verein der Kultourmacher, der das Kabarett trägt, ist auf nunmehr auf 260 gestiegen. Und es gibt Neuerungen: Das Comedy Festival, der alljährliche krönende Abschluss im Dezember, wird in neuer Form stattfinden. Geplant ist kein Wettbewerb, sondern eine Comedy-Gala mit hochkarätigen Gästen, Moderator und Showband. „Gute Leute machen keine Wettbewerbe mehr“, begründet Gamp die Entscheidung. Stattfinden wird die Veranstaltung aber wie gewohnt in der Kongresshalle Böblingen. Moderieren wird die Show Robert Griess, der Mechthild-Gewinner von 2008, als Gäste werden unter anderem Nikita Miller und Murzarellas Puppenshow mit wahrhaft zwerchfellerschütterndem Bauchgesang erwartet.

Der Hamburger Kabarettist und Musiker Axel Pätz brilliert an diesem Abend auf gleich zwei Tasteninstrumenten – dem Klavier und dem Akkordeon – und verausgabt sich dabei richtiggehend. Mit grimmigen Blick, einer Spur Wahnsinn und tiefschwarzen Texten besingt er das sinkende Niveau allerorten und steigert sich dafür in eine halsbrecherische Wortakrobatik hinein. Sein Song über die Finanzkrise hat zwar schon ein paar Jährchen auf dem Rücken – ist aber leider immer noch gut. Mit einer Ergänzung um die Schweizer UBS ist „Morgen gründen wir ne Bank“ flugs wieder aktuell.

Eine Petition wegen einer Dose

Ein großes Anliegen ist ihm auch der Klimawandel. Er verfolgt die aberwitzige Reise eines Hummerbrötchens von Grönland bis Dubai und beweist hektischen Aktivismus am PC mit der Gründung von allerlei Online-Gruppen und dem Verfassen von Petitionen – aufgrund einer liegengebliebenen Dose. Jede Menge Energie wird auch bei der Rückgabe von Produkten aus dem Internethandel verschwendet, der er einen Song widmet, und erst recht in seiner hingebungsvollen Ode an den Aufsitzrasenmäher, einem klassischen Objekt männlicher Faszination.

Enorm amüsieren die Zuschauer außerdem Songs über Rollatoren als klimafreundliches Fortbewegungsmittel, eine erotische Zahnreinigung, Geburtstraumata und die Chinesen, die seit Corona für vieles, wenn nicht alles verantwortlich sind. Auch ein Lied über mörderische Gartenarbeit in der Manier Georg Kreislers kommt sehr gut an.

Der nächste Künstler wartet schon

Thematisch geht das mitunter etwas durcheinander und wird auch etwas lang, aber die Zuschauer erklatschen sich, von der gewohnt guten Stimmung im Amtsgericht beflügelt, unverdrossen einige Zugaben.

Kommenden Mittwoch wird der preisgekrönte Kabarettist und Dichter Philipp Scharrenberg erwartet. In seinem Programm „Realität für Quereinsteiger“ reimt, rappt und singt er. Und beschert den Kultourmachern womöglich wieder ein volles Haus.

Kultur mit Geschichte

Die Location
1992 gelang es mehreren Kulturvereinen, wie dem Kultourmacher-Vorgänger AG Song, dem Amateurkabarett Streusalz und dem Böblinger Kunstverein, das Alte Amtsgericht als Domizil zu erhalten. 2022 feierten sie ihr Zehnjähriges.

Die Macher
Der Verein Die Kultourmacher wurde 2011 begründet und unterstützt das Kabarett organisatorisch und finanziell. Neben regelmäßigen Auftritten mittwochs stellt er auch größere Events auf die Beine, wie das Comedy Festival in der Kongresshalle.

Das Festival
Beim Comedy-Festival „Böblinger Mechthild“ konnten Comedians bis 2022 jeden Dezember eine Skulptur der großen Stadtmäzenin gewinnen. Den Preisträger wählte das Publikum. Der Wettbewerb fand 17 Mal statt. Nun tritt an Stelle des Wettbewerbs eine große Gala.