Die schwersten Kürbisse Europas werden alljährlich in Ludwigsburg gewogen. Mittlerweile bringt ein Gewinner mehr als eine Tonne auf die Waage. Wie das zu schaffen ist, verrät der Deutsche Meister.
Groß, größer, am größten heißt es für Kürbiszüchterinnen und Kürbiszüchter aus ganz Europa an diesem Wochenende in Ludwigsburg. Zur Europameisterschaft im Kürbiswiegen reisen sie alljährlich mit schwerem Gepäck, um sich im Kampf um den Titel buchstäblich zu messen. Der fetteste Kürbis in diesem Jahr kommt aus Belgien: Das Exemplar von Mario van Geel brachte stolze 1.152 Kilogramm auf die Waage.
Aber wie wird ein Kürbis so groß? Ist da Doping im Spiel? Und was geschieht nach dem Wiegen mit dem Fruchtgemüse? Der amtierende Deutsche Meister Matthias Würsching verrät seine Tricks.
Riesenkürbisse (Cucurbita maxima) sind in der Familie der Kürbisgewächs eine eigene Pflanzenart, bei der es vor allem um eines geht: um die Größe. Zu dieser Sorte gehört der „Atlantic Giant“, der im Normalfall 25 bis 50 Kilogramm schwere Früchte ausbildet und mit dem auch die Weltrekorde erzielt werden. Geerntet werden die riesigen Exemplare im September und Oktober. Sie haben zwar einen hohen Wasseranteil, aber trotzdem festes Fruchtfleisch in gelboranger Farbe.
Erst Europameister, dann der Weltrekord
In Ludwigsburg geht es zwar nur um den Titel des Europameisters. Aber natürlich will jeder Züchter auch den Weltrekord knacken. Der aktuelle Rekord dieses volkssportähnlichen Gartenspaßes liegt bei 1247 Kilogramm. So schwer war der Kürbis, den der US-amerikanische Kürbiszüchter Travis Gienger aus Minnesota im vergangenen Jahr präsentierte. Den Bestwert stellte der Gartenbaulehrer mit seinem Koloss beim Kürbiswiegen im kalifornischen Half Moon Bay auf.
Weltschwerste Kürbisse sind aber auch in Europa bereits gewachsen. Im Jahr 2016 holte der Belgier Mathias Willemijns den Weltrekord mit 1190,5 Kilogramm. Und auch ein Italiener war schon an der Spitze der Kürbiszüchter. Stefano Cutrupis Kürbis brachte 2021 ganze 1226 Kilo auf die Waage.
Wie haben die Deutschen bei der EM abgeschnitten?
Der Deutsche Meister Matthias Würsching aus Hessen belegte in Ludwigsburg den zweiten EM-Platz mit 997,5 Kilo. Sein Kürbis wog bei den Meisterschaften vor einer Woche noch 1.005 Kilogramm. Er ist leichter geworden? „Ja, in der ersten Woche nach dem Schnitt verliert ein Riesenkürbis an Gewicht durch Verdunstung“, sagt der Züchter aus Einhausen nahe Worms. Auch David Frommelt (957,5 Kilogramm) und Michael Asam (745 Kilogramm) aus Bayern sind in Ludwigsburg am Start. Aus Bayern stammt übrigens auch der (noch) amtierende Europameister, der Student Luca Stöckl. Seine Züchtung wog im vergangenen Jahr 1041,5 Kilogramm.
Auch Astrid Ritter aus Brandenburg erhielt einen Preis: Ihr Kürbis wog zwar „nur“ 205,6 Kilogramm, war aber in den Augen der Jury besonders schön. Dafür erhielt Ritter den Howard-Dill-Award - benannt nach dem „Vater des Riesenkürbiszüchtens“, Howard Dill, aus Kanada.
Ja, tatsächlich hat kein Rekord lange Bestand. „Die Züchter verbessern ihr Saatgut Jahr für Jahr, sie tauschen die guten Kerne, bestäuben per Hand, kreuzen die größten Kürbisse der Champions“, sagt der dreifache Deutsche Meister Würsching.
Keine Genmanipulation im Spiel
Tricks und Handwerk, das ist alles. „Genmanipulation ist da keine im Spiel“, sagt Würsching. Die Samen seien das A und O beim erfolgreichen Züchten von Riesenkürbissen. Bei fast allen Rekordkürbissen der vergangenen Jahre handelt es sich um Vertreter der Sorte „Atlantic Giant“. Rekordgärtner raten auch, die Samen Ihrer Riesenkürbisse vorab für sechs bis sieben Stunden in kaltes Wasser zu legen. Nur Saatgut, das aufsteigt und oben schwimmt, ist keimfähig.
Natürlich spielt auch das Wetter eine Rolle: Ein solcher Kürbis braucht täglich bis zu 500 Liter Wasser und viel Sonne, aber auch nicht zu viel. Denn zu schnell darf er auch nicht wachsen, dann kann er Risse bekommen.
Sicher nicht. Es gibt etwa Züchter, die ihren Kürbis auf dem Miststock wachsen lassen. Zudem brauchen sie viel Platz: Auf dem Kürbishof seiner Familie bietet Würsching, eigentlich Kämmerer seiner Gemeinde, seinem Titelkandidaten rund 80 Quadratmeter. „Da darf dann nur ein Kürbis wachsen. Ihm schneide ich auch die überflüssigen Triebe ab, sonst geht zu viel Kraft in die Pflanze“, erklärt er. Die eigentliche Wachstumsphase dauert rund 100 Tage, an denen die Pflanzen teils bis 25 Kilo am Tag zulegen.
Das jährliche Kürbiswiegen in deutscher und internationaler Konkurrenz ist Teil der Kürbisausstellung am Residenzschloss in Ludwigsburg - und die endet am 8. November mit einem Schlachtfest. Dann werden zahlreiche Kürbisse auf dem Areal zerschnitten und verspeist. Anders als etliche andere Kürbisse sind die Kolosse vom Wettwiegen nichts für Feinschmecker.
Sie schmecken nach Angaben der Veranstalter nicht besonders lecker, weil sie aus viel Wasser bestehen. Geschlachtet werden sie dennoch. Wichtig sind dann vor allem die Kerne, die sich die Züchter vorab aber auch selbst in großer Zahl sichern zum Verkauf oder Tausch.