Finnlands Präsident Sauli Niinisto (rechts) erhält vom britischen Premier Boris Johnson die Zusage, dass London helfen würde, würde Finnland von außen angegriffen werden. Foto: dpa/Frank Augstein

Wegen des Überfalls Russlands auf die Ukraine strebt das Land in das Verteidigungsbündnis. Der Kreml sieht diesen Schritt als Bedrohung.

Finnland steht kurz vor dem Nato-Beitritt. Präsident Sauli Niinistö und Ministerpräsidentin Sanna Marin haben sich am Donnerstag für einer „unverzügliche“ Aufnahme ihres Landes ausgesprochen. In einer gemeinsamen Erklärung befürworteten beide Politiker eine Mitgliedschaft in der westlichen Militärallianz.

Finnland ist seit Jahrzehnten gegenüber der Nato neutral. Seit dem Einmarsch des Nachbarlandes Russland in die Ukraine hat sich jedoch die öffentliche Meinung deutlich gewandelt. „Eine Mitgliedschaft in der Nato würde die Sicherheit Finnlands stärken“, erklärten Niinistö und Marin. Das Land würde „das Bündnis als Ganzes stärken“. Laut einer in diesen Tagen veröffentlichten Umfrage befürworten inzwischen 76 Prozent der Finnen eine Mitgliedschaft in der Nato, während die Zustimmung in den vergangenen Jahren bei 20 bis 30 Prozent gelegen hatte. Finnland hat eine rund 1300 Kilometer lange Grenze mit Russland. Auch im benachbarten Schweden steht die Entscheidung über einen Nato-Betritt kurz bevor.

Russland fühlt sich provoziert

Eine mögliche Nato-Mitgliedschaft Finnlands sieht das Nachbarland Russland nach Kremlangaben als Bedrohung. „Eine abermalige Ausweitung der Nato macht unseren Kontinent nicht stabiler und sicherer“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax zufolge am Donnerstag.

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Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg stellte am Donnerstag Finnland einen raschen Beitritt in Aussicht. „Sollte Finnland sich entscheiden, einen Antrag zu stellen, würde es in der Nato herzlich willkommen geheißen, und der Beitrittsprozess würde reibungslos und schnell verlaufen“, erklärt Stoltenberg. Und weiter: eine Mitgliedschaft Finnlands würde sowohl die Sicherheit der Nato als auch die Finnlands stärken. „Finnland ist einer der engsten Partner der Nato, eine reife Demokratie, ein Mitglied der Europäischen Union und ein wichtiger Beitrag zur euro-atlantischen Sicherheit.“ Bevor Finnland in der Nato aufgenommen wird, müssen diesem Schritt alle 30 derzeitigen Mitglieder zustimmen.

Finnlands schlagkräftige Armee

Wie Finnlands Außenminister Pekka Haavisto am Donnerstag in Brüssel vor dem Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten des Europaparlamentes unterstrich, würde ein Beitritt seines Landes nicht nur die Sicherheit in der Region, sondern in der ganzen Nato erhöhen. Nicht zuletzt, weil Finnland über eine schlagkräftige Armee mit 23 000 Berufssoldaten und 280 000 Wehrpflichtigen verfüge. Zudem sei die militärische Ausrüstung auf dem allerneusten Stand, betonte Pekka Haavisto.

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Finnlands Außenminister Pekka Haavisto machte in Brüssel auch deutlich, was für seine Landsleute der Auslöser ist, die Neutralität aufzugeben. „Russland hat den Krieg in der Ukraine begonnen und gefährdet damit die gesamte Stabilität Europas“, erklärte er. Das stelle natürlich auch die Frage, welche Folgen das für Finnland hat und welche Konsequenzen gezogen werden müssen. Moskau sei bereit, einen brutalen Angriffskrieg zu führen und dabei sehr hohe Opferzahlen in Kauf zu nehmen, sagte der Außenminister. Dabei würden die elementarsten Regeln der Kriegsführung nicht eingehalten und es stelle sich die Frage, ob Moskau sogar bereit sei, Atomwaffen einzusetzen. Pekka Haavisto wollte die Alarmglocken allerdings nicht allzu laut läuten. Sein Land stehe nicht vor der unmittelbaren Bedrohung durch einen Angriff, versicherte der Außenminister.

Deutliche Botschaft in Richtung Moskau

Finnlands Präsident Sauli Niinistö schickte bereits am Mittwoch eine kurze Botschaft in Richtung Moskau. Sollte sein Land der Nato beitreten, werde sich das „gegen niemanden“ richten. „Wenn Finnland seine Sicherheit erhöht, geht das nicht auf Kosten anderer“, unterstrich Niinistö in Helsinki. Der Präsident will in dieser Situation allerdings nichts dem Zufall überlassen. Rechtlich wäre Finnland erst nach dem formalen Beitritt durch die Nato-Beistandsklausel geschützt, die den sogenannten Bündnisfall definiert. Das bedeutet, dass ein Angriff auf ein Mitglied als Attacke auf die gesamte Allianz gewertet wird.

Aus diesem Grund unterzeichnete Präsident Sauli Niinistö bei einem Besuch des britischen Premierministers Boris Johnson am Mittwoch in Helsinki eine gegenseitige militärische Beistandserklärung ihrer Länder. Ähnliche Zusagen gab es zuvor schon von anderen Nato-Mitgliedern.