Anja Karliczek und Winfried Kretschmann 2019 beim Vermittlungsausschuss über eine Grundgesetzänderung für mehr Bundesmittel für Schulen. Foto: dpa/Christoph Soeder

Winfried Kretschmann hält das Bundesbildungsministerium für überflüssig. Jetzt schlägt Bundesbildungsministerin Anja Karliczek zurück. Kretschmann stelle sich gegen seine eigene Kanzlerkandidatin.

Berlin/Stuttgart - Bundesbildungsministerin Anja Karliczek hat die Grundsatzkritik des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann an ihrem Ressort zurückgewiesen. Die Bürger erwarteten zu Recht, dass Bund und Länder die Zukunftsaufgabe Bildung gemeinsam angingen, „jeder in seiner Verantwortung“, sagte die CDU-Politikerin dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Mittwoch). „Gerade in der Corona-Krise haben Bund und Länder eng und gut zusammengearbeitet, damit Unterricht überhaupt stattfinden konnte.“

Kretschmann hatte das Ministerium auf Bundesebene grundsätzlich infrage gestellt, da der Bund keine Kompetenzen in der Bildungspolitik habe. Man könne die Frage aufwerfen, warum ein Ministerium auf einer Ebene eingeführt wird, für die man nicht zuständig ist, sagte der Grünen-Politiker. Baden-Württemberg habe schließlich auch kein Außenministerium.

Kretschmann gegen die Grünen-Spitze?

Karliczek warf daraufhin die Frage auf, ob dies auch die Linie der Grünen im Bund sei. „Ich bin gespannt, ob die Grünen mit dieser Aussage ihres Ministerpräsidenten auch in die heiße Phase des Wahlkampfs ziehen werden.“ Sie bezweifle, dass die Kanzlerkandidatin der Grünen, Annalena Baerbock, die Bundesbildungskompetenz abschaffen wolle. „Vielleicht bespricht Herr Kretschmann seine Visionen für die Weiterentwicklung der Bildung deshalb einmal mit der Grünen-Spitze“ , riet die Bundesbildungsministerin.

Die Grünen im Bund hatten sich in der Vergangenheit wiederholt für Bildung als nationale Aufgabe ausgesprochen. Ihre Fraktionschefin im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt hatte etwa schon vor Jahren gesagt, „Kleinstaaterei von 16 Ländern mit verschiedenen Bildungsstandards können wir uns nicht mehr leisten“.

Kritik von der Opposition im Südwesten

Auch die baden-württembergische SPD hatte den grünen Ministerpräsidenten kritisiert. „Wir leben in einer Zeit, in der die Wichtigkeit von Bildung immer noch weiter zunimmt“, konstatierte SPD-Chef Andreas Stoch: „Und wir haben in den vergangenen Jahren immer wieder erleben müssen, dass manche Aufgabe in der Bildung die Leistungsfähigkeit einzelner Länder klar an ihre Grenzen bringt. Allein schon deswegen ist ein Bildungsressort des Bundes hilfreich. Und bei der Abstimmung kommen die Kultusministerien der Länder oft auch nicht so voran, wie sie es gerne würden“.

Zwar seien in erster Linie die Länder für Bildung zuständig, dennoch sei ein Bundesbildungsministerium dringend notwendig. „Der Vorschlag von Ministerpräsident Kretschmann ist daher abwegig und wirkt wie aus der Zeit gefallen. Hier täte ihm Fortbildung gut“, meint Stoch.

FDP sieht Bildung in Baden-Württemberg im Sinkflug

Auch Hans-Ulrich Rülke, der Vorsitzende der Landtags-FDP, reagierte mit Unverständnis. Gleichzeitig spielte er auf das neue Landeskabinett mit einen neuen Wohnungsministerium und verschiedenen zusätzlichen Staatssekretären an. „Es ist wirklich dreist, wenn ausgerechnet Kretschmann, der als Ministerpräsident gerade einem mit einem überflüssigen Ministerium und einer Rekordzahl an funktionsfreier Staatssekretärsposten aufgeblähten Kabinett vorsteht, nun auf Einsparjagd im Bundeskabinett geht“, rügte Rülke. Mit Blick auf die Bildung monierte er: „Dass Kretschmann im Bildungsbereich den Bundesvergleich scheut und Hilfen von dieser Ebene immer wieder halsstarrig verweigert, ist mit dem Sinkflug der Bildungsqualität in Baden-Württemberg zu erklären, für die er schon seit zehn Jahren verantwortlich zeichnet.“