Einen kleinen Einblick in die Koalitionsverhandlungen gewährte Ministerpräsident Winfried Kretschmann bei der Runde mit Volkmar Denner, Cordula Kropp, Yvonne Ruf und Chefredakteur Joachim Dorfs. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Für Klimaschutzanstrengungen sollen Verbraucher und Unternehmen im Gegenzug beim Strom entlastet werden, darauf haben sich die Unterhändler in Berlin geeinigt.

Stuttgart - Ministerpräsident Winfried Kretschmann, der in Berlin die Ampel-Koalition mitverhandelt, hat angesichts der Rekordpreise für Energie der Forderung nach staatlichen Eingriffen bei den Spritpreisen eine Absage erteilt. „Sie können den Kampf gegen den Klimawandel nicht führen, ohne dass die Menschen es merken“, sagte der Grüne bei einer Podiumsdiskussion unserer Zeitung in Stuttgart im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Zukunft der Region“. Kretschmann schloss aber nicht aus, dass die künftige Regierung Familien in Existenznöten über ein höheres Wohngeld unter die Arme greife. Und er stellte in Aussicht, dass die Strompreise für Verbraucher und Unternehmen sinken. Aus den laufenden Koalitionsverhandlungen verriet er: „Die Senkung der Strompreise ist Konsens.“ Ansonsten würden die notwendigen Klimaschutzmaßnahmen nicht akzeptiert.

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Kretschmann kündigte ebenfalls eine radikale Beschleunigung der Planungs- und Genehmigungsprozesse an: „In allem sind wir viel zu langsam“. Im Hinblick auf die Ausbauziele für regenerierbare Energien erklärte er: „Die Genehmigung einer Windkraftanlage dauert derzeit sechs bis sieben Jahre, das geht mir einfach viel zu langsam.“ Das Land brauche eine Halbierung dieser Zeiten. Zur Beschleunigung seien „disruptive Prozesse“ nötig, die auch für die Zulassung von neuen Technologien gelten müssten: Die Zeiten seien vorbei, „dass die Welt auf Deutschland wartet. Im globalen Wettbewerb fallen wir sonst zurück.“

Bosch-Chef Volkmar Denner pflichtete bei. Bei der Runde, veranstaltet von der L-Bank, der Unternehmensberatung Roland Berger und der Stuttgarter Zeitung, die von Joachim Dorfs, dem Chefredakteur der Stuttgarter Zeitung moderiert wurde, stellte Denner fest: „Wir sind gut darin, bahnbrechende Erfindungen zu machen. Wir sind schlecht darin, damit schnell auch gute Geschäfte zu machen. Auch das muss anders werden.“

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Kretschmann kündigte an, die neue Bundesregierung wolle die Investitionen in Forschung und Entwicklung auf einen Wert von 3,5 Prozent der Wirtschaftsleistung anheben: „Wir in Baden-Württemberg investieren mit sieben Prozent schon jetzt das Doppelte.“ In der Verkehrspolitik räumte Kretschmann ein, dass eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf Autobahnen nicht durchzusetzen sei: „Das Tempolimit ist schon gegessen.“ Denner mahnte die Koalitionäre, beim klimapolitisch notwendigen Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor den Unternehmen keine Vorgaben zu machen. Die Wirtschaft werde die optimale Anwendung finden.