Sorgt jedes Jahr für Unkenrufe: Straßensperrung wegen Krötenwanderung. Foto: dpa/Sebastian Willnow

Unsere Humorkolumne beschäftigt sich heute mit der Amnesie an der Amphibienschranke bei Aidlingen und Grafenau.

In dem Film „Und täglich grüßt das Murmeltier“ gerät Hauptdarsteller Bill Murray als sarkastischer Wetterfrosch in eine Zeitschleife, wodurch er gezwungen wird, denselben nervigen Tag wieder und wieder zu erleben. Ganz ähnlich verhält es sich mit der Amphibienschranke auf der Kreisstraße zwischen Aidlingen und Grafenau.

Zwar nicht täglich, aber dafür jährlich wiederholen sich dort die immer gleichen Rituale und Abläufe: Die Temperaturen steigen, die Schranke senkt sich – und mit ihr sinkt (neben dem Niveau der Debattenkultur in den sozialen Medien) auch die Gedächtnisleistung der Autofahrer. Anders ist es kaum zu erklären, dass auch zwölf (!) Jahre nach Einrichtung der Schranke jedes Frühjahr aus Neue große Überraschung und noch größeres Unverständnis darüber herrscht.

Zornesrote Ohren

Ja, zugegeben, es nervt, an ein paar Wochen im Jahr in den Abend- und Nachtstunden einen beträchtlichen Umweg in Kauf nehmen zu müssen. Und: Ja, es nervt ganz besonders, wenn man vorher nicht auf der Landratsamt-Homepage nachgeschaut hat, ob die Schranke unten ist und dann auf halbem Weg umdrehen muss.

Allerdings könnte man sich, wenn es doch jedes Jahr dasselbe ist, ein paar Fakten vielleicht doch einmal hinter die zornesroten Ohren schreiben. Zum Beispiel den Grund, warum das alles überhaupt notwendig ist. Antwort: Vor der Einrichtung der Schranke wurde dort laut Tierschützern jedes Jahr von rund 1800 Amphibien ein Drittel überfahren. Da viele dieser Tierarten stark gefährdet oder sogar akut vom Aussterben bedroht sind, ist es vielleicht eine gute Idee, möglichst wenige davon plattzufahren.

Fuß aufs Gas

Jedes Jahr vergessen wird auch der Grund, warum nicht – wie etwa zwischen Schafhausen und Weil der Stadt – einfach Zäune und Tunnel die Kröten vor dem Reifentod bewahren. Antwort: Das liegt an der Topografie. Die Straße ist zu eng und das umliegende Gelände zu steil. Und: Nein, Geschwindigkeitsbegrenzungen funktionieren auch nicht, weil aggressive Autofahrer offenbar lieber Jagd auf ehrenamtliche Tierschützer machen, als für ein paar Kröten mal kurz den Fuß vom Gas zu nehmen. Uneinsichtige Verkehrsteilnehmer sind auch der Grund, warum – zur allgemeinen Empörung – das Landratsamt einen Wachdienst stellt, der nachts für unser Steuergeld die Schranke schützen muss.

Aber wie alles im Leben geht auch diese Zeit irgendwann wieder vorbei – und mit den Kröten verschwindet erst das Gezanke und dann der Gedanke an die olle Schranke. Bis zum nächsten Frühjahr, wenn es wieder heißt: „Und jährlich grüßt das Krötentier.“