Derzeit sind viel mehr Arbeitnehmer krank als sonst im Sommer üblich. Foto: dpa/Jens Büttner

In vielen Unternehmen fehlen derzeit Arbeitskräfte. Ist daran die Corona-Sommerwelle Schuld? Daten der Krankenversicherungen zeigen: Ja, aber nicht nur.

Dass allerorten Arbeitskräfte krankheitsbedingt fehlen, erfahren derzeit viele Menschen. Wie schlimm ist es wirklich, und welchen Anteil hat die Coronapandemie?

Tatsächlich waren in den letzten zehn Jahren noch nie so viele Arbeitnehmer krank wie im ersten Halbjahr 2022. Das vermeldet der Dachverband der Berufskrankenkassen. Im Mittel waren 5,7 Prozent der Mitglieder im ersten Halbjahr krankgeschrieben, im März sogar 7 Prozent. „Nie waren seit 2011 die Fehlzeiten auch nur annähernd so hoch“, schreibt der Dachverband.

Der Einfluss der Sommerwelle

Im Juni lag die Quote bei etwas mehr als fünf Prozent. Werte für Juli wurden noch nicht veröffentlicht, liegen aber vermutlich darüber – und das hat auch mit der Corona-Sommerwelle zu tun. Das legen aktuelle Daten der AOK Baden-Württemberg und der Barmer nahe. Unter deren Versicherten hat sich der coronabedingte Krankenstand im Juni verglichen mit dem Juni jeweils ungefähr verdoppelt.

Das folgende Schaubild zeigt für Baden-Württemberg die Zahl der per Labortest bestätigten Coronainfektionen insgesamt sowie die krankgeschriebenen AOK-Mitglieder:

Es ist nicht nur Corona

Allerdings ist die Pandemie nicht alleine Schuld an dem hohen Krankenstand – auch das zeigen die Daten. Zwar erfolgte im ersten Halbjahr jede fünfte Krankschreibung wegen Atemwegserkrankungen, davon wiederum war aber nur ein Fünftel unmittelbar coronabedingt.

Auffällig ist aber, dass dieses Jahr bislang doppelt so viele infolge von Atemwegserkrankungen krankgeschrieben sind wie vor der Pandemie. Daten des Robert-Koch-Instituts stützen diesen Befund. Das Institut schätzt, dass derzeit knapp vier Millionen Menschen deutschlandweit an Atemwegserkrankungen leiden – viel mehr als in den vergangenen Jahren, wie im aktuellen Corona-Wochenbericht (Seite 9) dargestellt ist. Vermutlich werden nach zwei Jahren mit Maske viele solcher Erkrankungen „nachgeholt“. Die Erkrankungen infolge der Sommerwelle kommen noch obendrauf.

Die Pandemie macht dieses Jahr also ebenso wenig eine Sommerpause wie die sonst eher im Winterhalbjahr üblichen Erkrankungen. „Um die Krankenstände zu reduzieren, bleibt wichtig, dass Beschäftigte bereits bei Anzeichen eines Atemweginfekts zu Hause bleiben, um ihre Kollegen, Kunden oder Patienten nicht unnötig anzustecken“, sagt Anne-Kathrin Klemm, die Vorständin des Dachverbands der Berufskrankenkassen.