Auch bei Schweinshaxen gilt: es kommt auf die Dosis an. Foto: dpa/Daniel Karmann

In Ernährungsstudien steht alles mögliche drin – doch mit Wissenschaft haben die Ergebnisse häufig nicht viel zu tun. Deshalb sollte man sich davon auch nicht die Freude am Essen verderben lassen. Guten Appetit!

Schützt Brokkoli vor Krebs? Ist Margarine gesünder als Butter? Macht Weizenbrot dumm? Hilft Schokolade beim Abnehmen? Bekommt man von Glutamat leichter Alzheimer? Auf solche Fragen findet man im Netz meist widersprüchliche Antworten, die sich zudem alle paar Jahre ändern. Kein Wunder, denn beim Thema Ernährung sind der wissenschaftlichen Erkenntnis Grenzen gesetzt. Deshalb sollte man mehr als skeptisch sein, wenn irgendjemand mal wieder einen neuen Ernährungstrend ausruft, dessen Vorteile angeblich durch diese oder jene Studie belegt werden.

Denn exakte Studien zu den gesundheitlichen Wirkungen einzelner Nahrungsmittel sind nur bedingt möglich. Bei Medikamenten ist das einfacher. Hier werden die Teilnehmer in zwei gleich große, ähnlich zusammengesetzte Gruppen eingeteilt. Eine Gruppe erhält den Wirkstoff, die andere ein wirkstofffreies Placebo. Am Ende wird erfasst, ob und wie sich bestimmte Laborwerte oder Krankheitssymptome in beiden Gruppen verändert haben. Um Verzerrungen infolge der Erwartungen von Teilnehmern oder Versuchsbetreuern zu vermeiden, werden die Daten anonymisiert – oder verblindet, wie es im Fachjargon heißt. Erst bei der Auswertung zeigt sich, wer den Wirkstoff und wer das Placebo erhalten hat.

Dieses Vorgehen ist bei Ernährungsstudien kaum möglich. Geht es etwa um die Frage, ob fettiger Schweinebraten den Cholesterinspiegel erhöht, kann man einer Gruppe schlecht ein Schweinebraten-Placebo unterjubeln – auch wenn bei der Entwicklung von Fleischersatzprodukten große Fortschritte erzielt wurden. Mit der Verblindung wird es ebenfalls schwierig. Zudem kann man Leuten schlecht über einen längeren Zeitraum vorschreiben, was sie essen sollen und was nicht. Der fortgesetzte Zwangskonsum von Tütensuppen würde sicher auch grundlegende ethische Fragen aufwerfen.

Wegen der genannten Probleme greifen Ernährungswissenschaftler häufig zu Beobachtungsstudien. Dabei werden aus der Gesamtbevölkerung Gruppen gebildet, die sich unterschiedlich ernähren – zum Beispiel mit oder ohne Fleisch. Am Ende des Versuchs – oft Jahre später – suchen die Forscher dann nach gesundheitlichen Unterschieden zwischen beiden Gruppen.

Doch die Schlussfolgerungen, die sich aus solchen Studien ergeben, sind oft mit Vorsicht zu genießen. So kann man den Selbstauskünften der Teilnehmer meist nur beschränkt Glauben schenken. Wer erinnert sich schon genau, wie viel von was er in einem bestimmten Zeitraum gegessen hat. Hinzu kommen weitere Faktoren, welche die Ergebnisse verfälschen können: Wie gesund leben die Probanden sonst, und welche anderen Nahrungsmittel nehmen sie zu sich? Treiben sie regelmäßig Sport? Und so weiter. Seriöse Ernährungswissenschaftler warnen generell davor, einzelnen Studienergebnissen zu viel Gewicht zu geben, zumal etliche Studien schlecht gemacht oder interessengeleitet sind. Viel wichtiger sei es, das Gesamtbild im Auge zu behalten. Dabei helfen sogenannte Metaanalysen, in denen die Erkenntnisse vieler Einzelstudien zusammengefasst und kritisch bewertet werden – zum Beispiel mit dem Ergebnis, dass Nahrungsergänzungsmittel mit Omega-3-Fettsäuren das Risiko von Herzkreislauferkrankungen wahrscheinlich doch nicht senken.

Ernährung ist, wie es scheint, am Ende ganz schön kompliziert. Und manche drohen in der verwirrenden Vielfalt unterschiedlicher Ernährungstipps und -richtungen den Überblick zu verlieren. Eine beliebte Strategie zur Komplexitätsreduktion besteht darin, bestimmte Inhaltsstoffe komplett zu meiden – worauf die Industrie mit immer mehr „Frei-von“-Produkten reagiert. Merke: Der moderne Mensch ist nicht mehr, was er isst, sondern eben was er nicht isst.

Wer aus seiner Ernährung eine Glaubensfrage machen will, kann das natürlich gerne tun. Wir für unseren Teil halten uns lieber an das Leitmotiv des Buchs, das der Kabarettist Philipp Weber zu diesem Thema verfasst hat: „Essen kann jeder“. Guten Appetit!