Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) lehnt trotz der internationalen Krisenlage Abstriche bei Klimazielen ab. (Archivbild) Foto: dpa/Britta Pedersen

Der Berliner Petersberg-Dialog hat vor der UN-Klimakonferenz im November noch viel Gesprächsbedarf verdeutlicht. Bundesaußenministerin Baerbock rief alle Staaten zum schnellen Umsteigen auf erneuerbare Energien auf.

Der Berliner Petersberg-Dialog hat vor der Weltklimakonferenz im November noch viel Gesprächsbedarf verdeutlicht. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) lehnte zum Abschluss des Treffens trotz der internationalen Krisenlage Abstriche bei Klimazielen ab. Umweltschützer zogen eine durchwachsene Bilanz.

Die Klimakrise sei nicht einfach eine weitere Krise, sagte Baerbock. „Sie legt sich vielmehr als große, übergeordnete Krise über alle anderen Krisen und wirkt so wie ein Brandbeschleuniger.“ In jüngster Zeit seien Sicherheit und Vertrauen weiter verloren gegangen, erst durch die Pandemie, dann durch den russischen Angriffskrieg in der Ukraine. Er rüttele an den Grundfesten der internationalen Ordnung und treibe die Energie- und weltweite Hungerkrise weiter voran. „In dieser Situation ist es eine große Gefahr, dass alte Konflikte jetzt wieder aufbrechen, auch bei den Klimaverhandlungen“, warnte Baerbock.

Deutschland soll bis 2045 klimaneutral sein

Es sei deshalb auch „nicht richtig“, den Schwerpunkt zunächst auf die Anpassung an den Klimawandel zu legen und CO2-Minderungsziele zu verschieben, sagte Baerbock. Denn dann würden auch die Kosten für die Anpassung „ins Unermessliche wachsen“. Trotz der vorübergehender verstärkter Kohleverstromung wegen drohender Gasknappheit stehe jedenfalls Deutschland „felsenfest zum Ziel der Klimaneutralität bis 2045“.

40 Länder hatten seit Sonntag am Petersberger Klimadialog im Auswärtigen Amt teilgenommen, um die nächste Weltklimakonferenz im November im ägyptischen Scharm el Scheich vorzubereiten. Ko-Gastgeber des Treffens in Berlin waren Deutschland und Ägypten

Der ägyptische Außenminister Sameh Schukri sagte bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Baerbock, es sei bei den Petersberg-Gesprächen darum gegangen, „Bereiche der Annäherung und der möglichen Abweichung“ bei Klimafragen zu lokalisieren, an denen in den kommenden Monaten weiter gearbeitet werden müsse. Ziel müsse es sein, die internationalen Klimaziele „am Leben zu erhalten“ und gleichzeitig „niemanden zurückzulassen“. Ein Scheitern der Klimakonferenz sei für sein Land „keine Option“.

Keine konkreten Ergebnisse

Konkrete Ergebnisse des Berliner Treffens verkündeten Baerbock und Schukri nicht. Diese sei „keine Vorbereitungskonferenz“ mit neuen Zusagen für den Klima-Gipfel gewesen, sondern ein „Baustein, um Vertrauen zu schaffen“, sagte Baerbock. Es blieben nun noch vier Monate, um vor der Weltklimakonferenz „auf konkrete Schritte“ zu einigen.

Die sieben reichsten demokratischen Industriestaaten (G7) hatten unter deutschem Vorsitz im Mai auf Ebene der Ministerien für Klima, Energie und Umwelt in einem Kommuniqué erstmals armen Ländern Hilfe bei Schäden und Verlusten durch die Erderwärmung in Aussicht gestellt. In dem Papier wurde anerkannt, dass es hierbei einer stärkeren staatlichen wie privaten Unterstützung „vulnerabler Länder, Bevölkerungen und vulnerabler Gruppen“ bedarf. Auf Initiative Deutschlands soll bei der Klimakonferenz im November daher ein „Schutzschirm“ gegen Klimarisiken aufgespannt werden.

Umweltschützer üben Kritik an der Konferenz

Nichtregierungsorganisationen zeigten sich schon vor dem Abschluss des Petersberger Klimadialogs enttäuscht. „Wir hatten mehr Initiative erhofft“, sagte der Greenpeace-Klimaexperte Bastian Neuwirth dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Es passe nicht zusammen, dass Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) vor einer fossilen Renaissance warne und gleichzeitig neue langfristige Gasprojekte unterstütze. „Der Petersberger Klimadialog enttäuschte auch deshalb, weil Deutschland kein glaubwürdiges politisches Signal weg von den fossilen Energien gesetzt hat.“

Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) hatte schon am Montag erklärt, der Petersberger Dialog bleibe hinter den Erwartungen zurück, „jetzt schon Meilensteine für die Klimaverhandlungen im November zu setzen“. BUND-Klimaexperte Till Groth betonte aber zum Abschluss des Treffens, die Aussagen Baerbocks mit Forderungen nach einem konsequenten Ausbau erneuerbarer Energien und der Abkehr von fossilen Brennstoffen gingen „durchaus in die richtige Richtung“.

Die Welthungerhilfe forderte von Industriestaaten ein stärkeres finanzielles Engagement bei der Klima- und Anpassungsfinanzierung. Einen Klimarisiko-Schutzschirm, wie er von Deutschland beim Petersberger Klimadialog vorgestellt wurde, begrüße die Organisation. Der Schutzschirm soll ein Frühwarnsystem mit Blick auf besonders anfällige Länder beinhalten sowie ein Finanzierungssystem, das ähnlich einer Versicherung bei Schäden wie einer Dürre Gelder bereitstellt.