Katherine Kuchenbecker untersucht den Tastsinn in der Robotik. Foto: AXEL GRIESCH FOTOGRAFIE /info@axel-griesch.de

Die in Stuttgart lebende Amerikanerin Katherine Kuchenbecker will die digitale Welt greifbar machen: Zusammen mit ihrem Team entwickelt sie unter anderem Roboter, die sogar Umarmungen verteilen.

Stuttgart - Es ist inzwischen üblich, Roboter mit visuellen Sensoren oder mit Sprachprogrammen auszustatten. Doch das Begreifen der Welt um sie herum bleibt ihnen oft verwehrt. Dabei ist der Tastsinn ein nicht zu unterschätzendes Werkzeug, um die Interaktion zwischen Mensch und Maschine zu verbessern.

Katherine Kuchenbecker, Direktorin der Abteilung für Haptische Intelligenz des Max-Planck-Instituts für Intelligente Systeme in Stuttgart, will genau dies ändern. Sie beschäftigt sich in ihrer Forschung mit der Frage, wie der Tastsinn in der Robotik die herausragende Rolle spielen kann, die er bei Menschen schon immer hat.

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Kuchenbecker und ihr Team gehen bei der Beantwortung dieser Frage gerne kreativ vor: Als es beispielsweise darum ging, Berührungssensoren auf Roboter aufzubringen, um das Miteinander zwischen Mensch und Maschine aufzuzeichnen, entwickelt das Team eigene Module aus mehrere Schichten Stoff, die zwischen Stupsen, Kitzeln, Schlagen oder Drücken unterscheiden können. „Ich liebe es, unkonventionelle Ideen zu entwickeln, die gängige Annahmen in Frage stellen oder den Rahmen erweitern, um ein noch besseres Ergebnis zu erzielen als ursprünglich geplant“, so Kuchenbecker.

Manche lassen sich von Äußerlichkeiten leiten

Die US-Amerikanerin ist eine große, sportliche Frau mit langen blonden Haaren: Für viele entspricht das nicht dem typischen Bild einer Ingenieurin. Das hat Kuchenbecker selbst oft genug erlebt. „Als ich ein Teenager war, störte es mich, dass einige Leute allein aufgrund meines Aussehens falsche Annahmen über meine akademischen und beruflichen Interessen machten.“ Als sie mehr Frauen in ihrem Fachgebiet der Ingenieurwissenschaften kennenlernte, legte sich der Frust. „Inzwischen sehe ich solche Begegnungen als Chance, den Leuten höflich dabei zu helfen, ihre Vorstellung von Rollenschemata zu erweitern.“

Im Gespräch bleiben, ist für Kuchenbecker seit jeher wichtig: „Ich versuche stets, mir selbst und anderen gegenüber ehrlich zu sein und einzugestehen, wenn ich was noch nicht verstehe – ganz gleich, ob wir ein technisches Detail oder einen Konflikt zwischen Kollegen besprechen.“

Auch mit negativen Gefühlen kämpfen müssen

Die Kommunikation untereinander, so erklärt es Kuchenbecker, ist gerade im Wissenschaftsbetrieb sehr wichtig: „Forschung ist etwas anderes als ein Studium“, sagt sie. Niemand kenne die richtige Antwort, also müssten Forscher die Meinung anderer Experten hören, um sicherzustellen, dass ihre Arbeit schlüssig und nachvollziehbar sei. Kritik sei dabei nicht selten – und für Wissenschaftler mit wenig Erfahrung oft nur schwer auszuhalten. Als Kuchenbecker promovierte, habe sie sich oft für eine Versagerin gehalten. „Diese negativen Gefühle kamen vor allem dann auf, wenn Forschungsarbeiten oder Förderanträge, an denen ich mitgewirkt hatte, kritisch beurteilt wurden“, sagt sie. Ihr half die Unterstützung ihrer Mentoren, Freunde und Familie, um mehr Selbstvertrauen zu gewinnen.

Selbst zur Mentorin geworden

Inzwischen ist sie längst selbst zur Mentorin geworden – etwa bei der International Max Planck Research School for Intelligent Systems (IMPRS-IS), dem Cyber Valley Doktorandenprogramm, deren Sprecherin Kuchenbecker ist. Das Projekt müsse nach der auslaufenden Förderung 2023 unbedingt für weitere sechs Jahre unterstützt werden. Auch ihren eigenen 15 Schützlingen steht sie jederzeit mit Rat und Tat zur Seite: „Es macht mir Spaß, ihnen dabei zu helfen, ihre Forschung abzuschließen und ihre nächste Stelle zu finden, sei es in der akademischen Forschung oder in einem Unternehmen.“