Der Prozess findet im Landgericht Karlsruhe statt. (Archivbild) Foto: dpa/Uli Deck

Ein 53 Jahre alter Mann soll die Karlsruher Drogeriemarktkette dm um mehrere Hunderttausend Euro in der Kryptowährung Bitcoin erpresst haben. Im Prozess hat der Verdächtige nun ausgesagt.

Im Karlsruher Prozess um einen Mann, der von der Drogeriemarktkette dm mehrere Hunderttausend Euro in der Kryptowährung Bitcoin erpresst hat, hat der Angeklagte umfassend ausgesagt. Zum Prozessauftakt vor dem Landgericht Karlsruhe am Donnerstag gab er zu, Erpresserbriefe verschickt zu haben. Mit dem später in Katzenfutter versteckten Sprengsatz, der außerhalb der Geschäftszeit per Zeitzünder in einer Freiburger Filiale losging, habe er „Unordnung„ schaffen wollen. Er habe aber keine Menschen gefährden oder töten wollen.

Das Ausmaß der Zerstörung in der Filiale wurde auf Bildern im Gericht gezeigt: Auf dem Boden verstreut liegen überall Waren herum. Dass es die dm-Filiale in Freiburg traf, war Zufall: Der Laden sei einfach erreichbar gewesen, erklärt der Angeklagte. Er habe nur ein Unternehmen treffen wollen, dem eine solche Zahlung „am wenigsten weh“ tun würde.

Mann wollte nicht mehr arbeiten

Aus Sorge um seine Kunden und Mitarbeiter europaweit zahlte dm rund 500 000 Euro in Bitcoin an den Mann. Der Erpresser hatte nach der Explosion in der Filiale in einem Bekennerschreiben gedroht, dass man „mit diesem Warnschuss mehr als glimpflich davongekommen“ sei. Zuvor hatte er an den damaligen dm-Chef Erich Harsch und zwei leitende Mitarbeiter gleichlautende Erpresserbriefe verschickt.

Sein Motiv: Nach einem wiederholten Burnout als Pfleger habe er nicht mehr arbeiten wollen. Er habe nach einer Verdienstmöglichkeit für zehn Jahre gesucht, ohne arbeiten zu müssen. Der Waffensammler besann sich daher auf sein Know-how mit Bitcoins und Feuerwerkskörpern.

Mann erfüllt sich mit erpressten Bitcoins Traum

Die Zutaten für den Sprengstoff habe er in der Schweiz ohne Schwierigkeiten organisieren können. Den Karton mit Katzenfutter, den er mit Sprengstoff präparierte und mit Brille und Perücke verkleidet kurz vor Ladenschluss ins Regal stellte, habe er zu Hause gehabt. Kurz zuvor sei seine Katze gestorben. „Ich habe immer Katzenfutter bei dm gekauft.“

Die erbeuteten Bitcoins habe er zur Verschleierung mit anderen Kryptowährungen gemixt, erzählte der Angeklagte. Diese wandelte er später in echtes Geld um, kaufte sich drei Autos und erfüllte sich einen Traum: Er machte den Bootsführerschein und erwarb ein Motorboot, mit dem er bis nach Frankreich fuhr. Er wähnte sich längst sicher, als nach knapp drei Jahren die Handschellen klickten.

Fahnder konnten die digitale Spur der erpressten Bitcoins zurückverfolgen

Denn trotz Verschleierungsmaßnahmen konnten Fahnder mithilfe eines Experten für Kryptowährungen die digitale Spur der erpressten Bitcoins zurückverfolgen. Dank weiterer Hinweise wurde der 53-jährige Deutsche schließlich als Verdächtiger identifiziert und festgenommen. Im vergangenen Sommer durchsuchten Schweizer Ermittler das dortige Wohnhaus. Dabei waren Beweismittel wie explosive Stoffe und Schusswaffen sichergestellt worden. Der Mann sitzt seit Ende Juli vergangenen Jahres in Untersuchungshaft.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem 53-Jährigen unter anderem besonders schwere räuberische Erpressung und Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion vor. Der Mann hatte dem überregional tätigen Unternehmen mit weiteren Sprengsätzen gedroht, sollte es nicht zahlen. Um seinen Forderungen Nachdruck zu verleihen, ließ er den Sprengsatz hochgehen. Dabei war im Jahr 2019 erheblicher Schaden entstanden.

Die Zuständigkeit des Landgerichts Karlsruhe ergibt sich aus dem Firmensitz des erpressten Unternehmens. Wann ein Urteil fällt, ist noch unklar.