Der Vulkan auf La Palma hat seine Aktivitäten vorerst eingestellt. Foto: dpa/Alexandre Diaz

Am Weihnachtstag erklären die Behörden auf La Palma den Vulkan offiziell für erloschen. Die Bewohner der Insel atmen auf – und schmieden neue Pläne.

Madrid - Manche trauten dem Frieden nicht, erklärt Juan Carlos Pérez aus La Palma. „Manche glauben, dass der Vulkan noch einmal ausbrechen könnte. Aber das wäre ein Ereignis niedrigster Wahrscheinlichkeit, sehr ungewöhnlich.“ Also kein Grund zur Panik mehr. „Jetzt ist ein guter Moment, sich zu freuen“, sagt Pérez. „Du merkst es auf den Straßen. Hier war eine Spannung in der Luft … außer der Asche und dem Schwefelgeruch. Jetzt spürst du, dass die Menschen wie befreit sind.“

Am Montagabend vergangener Woche hat sich der immer noch namenlose Vulkan von La Palma zur Ruhe gesetzt. Er spuckt keine Lava und keine Asche und fast kein Schwefeldioxid mehr aus, und die Erde bebt nicht mehr. Weil die Vulkanologen aus Erfahrung vorsichtige Menschen sind, will die Behörde noch bis zum ersten Weihnachtstag warten, um den Vulkan offiziell für erloschen zu erklären. „Die Insel war in einer Art von Krieg“, sagt Peréz, der Verwaltungsdirektor des astronomischen Observatoriums auf La Palma. Der Krieg ist jetzt vorbei.

Das Leben kann weitergehen: Jetzt feiern sie Weihnachten

„Das Schweigen des Vulkans ist das beste Weihnachtsgeschenk, was ich seit Jahrzehnten bekommen habe!“, ruft Rüdiger Wastl aus. Wastl, der in Blickweite des Vulkans ein Restaurant betreibt, das Franchipani, verlor sein Haus und alles was darinnen war, gleich am ersten Tag, dem 19. September. Er und seine Familie haben harte Monate hinter sich. Wastl, der aus der Gegend von Offenbach stammt, sagt: „Das größte Geschenk haben wir eigentlich schon bekommen: dass doch irgendwie alles relativ glimpflich abging. Man hat so diese Riesenlasten von der Schulter.“

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Relativ glimpflich heißt: Sie leben alle noch, Vater, Mutter und Kind, und sie haben sich wieder ein Haus mieten können, nicht weit weg von ihrem Restaurant. Das Leben kann weitergehen. Jetzt feiern sie Weihnachten. Sein Restaurant lässt Wastl bis zum 6. Januar geschlossen, was er gewöhnlich nicht tut. „Wir wollen die Weihnacht mit unserem Sohn verbringen. Man hat doch einfach gemerkt in dieser Zeit: Das Wichtigste, was man hat, ist nicht das, was man besitzt, sondern die Menschen, mit denen man zusammenlebt. Die Familie und die Freunde. Das klingt so abgedroschen. Aber nach einer solchen Katastrophe spürst du es so klar wie nie: dass es tatsächlich das Wichtigste ist, was man sich vorstellen kann.“

Der Vulkan schweigt, das Virus nicht

Selbst wem das Weihnachtsfest eher weniger am Herzen liegt, der trifft sich in diesen Tagen mit anderen, um Erfahrungen und Pläne auszutauschen. „Ich mache Filetsteaks für ein paar Freunde“, erzählt Thomas Klaffke. Der Wilhelmshavener möchte gern in sein Haus in La Bombilla zurückkehren, das von der Lava verschont wurde, aber weiter im Sperrgebiet liegt, weil hier die Kohlendioxid- und Kohlenmonoxidwerte immer noch hoch sind. „Wird wohl Mitte Januar werden. Wenn man nichts machen kann, kann man nichts machen“, sagt Klaffke, der ein heiteres Naturell hat. „Erst Corona, dann der Vulkan. Was soll denn jetzt noch passieren? Mehr geht nicht. Es kann jetzt nur noch besser werden.“

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So denken viele auf La Palma. Juan Carlos Pérez wird sich zum Familienessen in ein Landhaus auf der Insel begeben, „mit dem Coronatest in der Hand“. Der Vulkan schweigt, das Virus nicht. „Wir werden viel über den Vulkan reden und über den Wiederaufbau der Insel“, sagt Pérez. „Und dann kann man eine gute La-Palma-Zigarre rauchen. Und rund um eine gute Zigarre werden bestimmt gute Ideen aufkommen.“