Seit zwei Jahren prüft die Behörde von Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang, ob die AfD zum rechtsextremistischen Verdachtsfall wird. Foto: dpa/Wolfgang Kumm

Mit einer juristischen Offensive will die Partei die Beobachtung durch den Verfassungsschutz in letzter Minute verhindern.

Berlin - Mit einer juristischen Offensive will die AfD die erwartete Beobachtung der Gesamtpartei durch den Verfassungsschutz in letzter Minute verhindern. Die Partei reichte am Freitag mehrere Klagen und Eilanträge gegen das Bundesamt für Verfassungsschutz vor dem Verwaltungsgericht Köln ein. Angesichts der Dringlichkeit kündigte die Sprecherin für Montag eine vorläufige Entscheidung des Gerichts an.

Die AfD will dem Verfassungsschutz verbieten lassen, sie als Verdachtsfall einzustufen und dies öffentlich zu verbreiten. Außerdem will die Partei dem Geheimdienst verbieten lassen, dass er mitteilen darf, wie viele Mitglieder die ultrarechte Strömung „Flügel“ bis zu ihrer formalen Selbstauflösung hatte. Sie beruft sich unter anderem auf das Recht der Parteien auf Chancengleichheit im Wahljahr.

Indiskretionen aus dem Verfassungsschutz?

Die Offensive der AfD wird auch darauf zurückgeführt, dass Medien von einer unmittelbar bevorstehenden Entscheidung berichtet hatten. Sollten mögliche Indiskretionen aus Kreisen der Landesämter des Verfassungsschutzes stammen, wäre dies sehr befremdlich, sagte der Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums, Roderich Kiesewetter.

Angesichts der Klagen erscheint es nun fraglich, ob und wann der Verfassungsschutz die Entscheidung über eine Gesamtbeobachtung trifft. Eine Sprecherin sagte, man werde sich hierzu mit Blick auf das laufende Verfahren nicht äußern. Einem Bericht des „Spiegel“ zufolge will das Bundesinnenministerium das geheime Gutachten des Dienstes noch einmal genau durchgehen. Theoretisch wäre es möglich, dass der Geheimdienst die Partei als Verdachtsfall einstuft, aber dies der Öffentlichkeit nicht mitteilt.

Richtungsstreit in der Partei

Der Geheimdienst prüft seit zwei Jahren, ob Anhaltspunkte auf verfassungsfeindliche Bestrebungen in der Partei so weit verbreitet sind, dass die gesamte AfD zum Beobachtungsobjekt wird. Die Einstufung einer in allen Parlamenten vertretenen Partei als rechtsextremistischer Verdachtsfall wäre ein Novum. Teile der Partei, unter anderem der „Flügel“, sind bereits als „erwiesene rechtsextremistische Bestrebung“ eingestuft.

Zuletzt hatte Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang erklärt, nach seinem Eindruck breite sich „der Rechtsextremismus in Teilen der AfD immer stärker aus“, selbst wenn einzelne Personen aus der Partei hinausgedrängt würden. Damit spielte er auf den Brandenburger AfD-Chef Andreas Kalbitz an. Die Partei hatte dessen Mitgliedschaft annulliert, weil er frühere Mitgliedschaften in rechtsextremen Organisationen verschwiegen haben soll. Sowohl die Auflösung des Flügels als auch der Rauswurf Kalbitz‘ erfolgten auf Betreiben von Parteichef Jörg Meuthen. Dessen Kurs hat zu einem Richtungsstreit innerhalb der AfD geführt.