In den sudanesischen Straßen sind Panzer unterwegs. Foto: AFP/STR

Im Sudan sind neben der Hauptstadt Khartum die Darfur-Provinzen verheerend von den Kämpfen betroffen. Den Bewohnern Khartums gehen die Nahrungsmittel aus.

Auch ein fünfter, von den Vereinten Nationen zum Ende des muslimischen Fastenmonats Ramadan anberaumter Waffenstillstand ist am Freitag im Sudan weitgehend gescheitert. In der Hauptstadt Khartum hielten die Gefechte zwischen Regierungssoldaten und Kämpfern der Rapid Support Forces (RSF) auch an einem der wichtigsten Feiertage der Muslime an, dem Eid al-Fitr – wenn auch nicht in der Intensität der vergangenen sieben Tage.

Am frühen Freitagmorgen sei es erneut zu Artilleriefeuer und Gefechten gekommen, teilte das Zentralkomitee sudanesischer Ärzte mit, wobei in Omdurman, der Nachbarstadt Khartums, wieder schwere Artillerie eingesetzt worden sei, meldet der Internetdienst „Sudan News“. In den sozialen Netzwerken ist von einer „Geisterstadt“ die Rede, der zumindest Teile Khartums glichen: Auf den Straßen sei außer patrouillierenden Regierungssoldaten kaum ein Mensch zu sehen. Die Soldaten seien mit „Aufräumoperationen“ beschäftigt, teilte das Militär mit.

RSF-Miliz begrüßt Waffenstillstand

Während die RSF-Miliz den von den UN vorgeschlagenen dreitägigen Waffenstillstand auf ihrer Webseite begrüßte, äußerte sich Streitkräftechef Abdel Fattah al-Burhan in einer vom Fernsehen übertragenen Ansprache zum Ende des Fastenmonats gar nicht zu dem von UN-Generalsekretär António Guterres am Donnerstagabend unternommenen Vorstoß. Der Sudan werde aus den derzeitigen Kämpfen „vereinter und stärker“ hervorgehen, sagte der General bei seinem ersten öffentlichen Auftritt seit Beginn der Kampfhandlungen am vergangenen Samstag: „Wir werden diese Krise mit Kraft und Weisheit überwinden.“

Die Weltgesundheitsorganisation gab die Zahl der bisher getöteten Zivilisten am Freitag mit 413 an, 3551 Menschen seien verletzt worden. Vermutlich liegt die tatsächliche Zahl der Opfer allerdings wesentlich höher. Tausende von Bewohnern Khartums haben in den vergangenen Tagen die Stadt verlassen, um auf dem Land Schutz zu suchen. Der Rest der rund fünf Millionen Einwohner Khartums kann größtenteils aus Sicherheitsgründen nicht die Wohnung verlassen. Weil auch die meisten Geschäfte geschlossen sind, werden in vielen Haushalten die Nahrungsmittel knapp – in weiten Teilen Khartums ist auch die Strom- und die Wasserversorgung unterbrochen.

Neben apokalyptischen Berichten machen in den sozialen Netzwerken inzwischen auch aufbauende Geschichten die Runde. Berichtet wird von den Aktivitäten der „Straßenkomitees“, die vor vier Jahren den Aufstand gegen den Militärdiktator Omar al-Baschir angeführt hatten und jetzt bei der Versorgung der Bevölkerung eine herausragende Rolle spielen. Sie geben übers Internet bekannt, wo etwa Trinkwasser erhältlich ist, während Freiwillige ihre Hilfe bei der Beschaffung von Nahrungsmitteln anbieten. „Wir haben 750 Esspakete zu vergeben“, meldet Wad Medani über Twitter: Ein Paket reiche für eine sechsköpfige Familie. Selbst Mitfahrgelegenheiten für eine Flucht aus der Hauptstadt werden über die sozialen Netzwerke angeboten.

Verletzte liegen auf dem Klinikboden

Neben Khartum gilt die Lage in den Darfur-Provinzen als besonders verheerend. Weil ein Großteil der RSF-Milizionäre aus der berüchtigten Unruheregion stammt, kommt es dort auch am häufigsten zu Kämpfen. In den vergangenen Tagen seien mehr als 20 000 Sudanesen aus den Darfur-Provinzen in das Nachbarland Tschad geflohen, teilten die UN mit. Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen beschreibt die Lage in El Fasher, der Hauptstadt Norddarfurs, als „katastrophal“. In ihrem dortigen Hospital seien seit Beginn der Kämpfe fast 280 Verletzte eingeliefert worden, berichtet Cyrus Paye, der Koordinator der Organisation: Davon seien bereits 44 gestorben. Weil alle Betten inzwischen belegt seien, müssten die Patienten auf dem Boden behandelt werden.

Unterdessen gehen die Bemühungen ausländischer Regierungen weiter, ihre Staatsbürger aus dem Sudan zu evakuieren. Washington hat ein Kontingent an Soldaten nach Dschibuti geschickt, um eine Evakuierung zu beginnen. Berlin hat einen derartigen Versuch vor zwei Tagen aus Sicherheitsgründen abgebrochen.