Das Amtsgericht agiert verteilt auf viele, teils historische Gebäude. Foto: Gottfried Stoppel

Die zurzeit sechs Waiblinger Standorte werden zentralisiert auf dem Areal des alten Kreiskrankenhauses. Aber erst 2027 soll der 52-Millionen-Neubau fertig sein. Warum dauert das so lange?

Seit gut fünf Jahren ist es beschlossene Sache: Das halbe Dutzend an Gerichtsstandorten in Waiblingen wird auf einem Teil des alten Krankenhausareals an der Winnender Straße zentralisiert. Allerdings datieren die letzten ermutigenden Signale des Fortschritts aus dem Jahr 2019, vor der Coronapandemie. Seitdem ist es recht ruhig geworden um das Projekt, von dem der heutige Staatssekretär im Justizministerium und CDU-Landtagsabgeordnete Siegfried Lorek damals versicherte, es stehe „ganz oben auf der Prioritätenliste des Justizministeriums“. Jetzt ist zumindest klar, dass die notwendigen Mittel von etwa 52 Millionen Euro im Doppelhaushalt des Landes für das Jahr 2023/2024 stehen – und der Neubau oberhalb der noch bestehenden Tiefgarage des einstigen Kreiskrankenhauses im Jahr 2027 beendet sein soll.

Das Justizzentrum

Aus Sicht des Justizministeriums sei dieses Bauvorhaben das wichtigste im Land und habe höchste Priorität, das hat auch der damalige Justizminister Guido Wolf versichert und dafür bei seinem Besuch im bereits realisierten Grundbuchamt auf dem Waiblinger Krankenhausareal Applaus eingeheimst. Direkt neben dem Gebäude des Grundbuchamtes, dem früheren Schwesternwohnheim, das mit gut 80 Mitarbeitern den personell stärksten Teil des Amtsgerichts ausmacht, soll laut der in Kooperation mit Kreis und Stadt ausgearbeiteten Planung auf dem bestehenden Parkhaus ein neuer Hauptbau für das Justizzentrum entstehen.

Die weitere Bebauung des Areals

Neben dem auf sechs Stockwerke verteilten Domizil des neuerdings digitalen Grundbuchamts für sechs Amtsgerichtsbezirke ist auf dem einstigen Krankenhausareal der Bereich der in unterschiedlichen Parzellen vergebenen Wohnbauprojekte weitgehend realisiert. Dort sind zwischenzeitlich einige hundert Menschen eingezogen, dazu ein neuer Kindergarten mit vier Gruppen.

Betont worden war bei einem Treff im Grundbuchamt vor knapp drei Jahren auch, dass dieses samt seiner Mitarbeiter auf dem 2014 aufgegebenen Krankenhausareal nunmehr gut untergebracht sei. Dies sei bezüglich der anderen Bereiche des Waiblinger Amtsgericht aber keineswegs so: „Die Unterbringung ist nicht gut, und sie ist auch nicht wirtschaftlich“, gestand der damalige Justizminister unumwunden zu.

Das Waiblinger Amtsgericht

Seit Jahrzehnten ist das Amtsgericht Waiblingen auf sechs Standorte in unterschiedlichen Ecken der Stadt verteilt. Arbeitsbereiche wie zum Beispiel Strafabteilung, Familiengericht oder Zwangsvollstreckung sitzen zudem in Bauten, die nicht den Standards für derartige Einrichtungen entsprechen. Da sind sich die Beteiligten in Stadt, Amtsgericht Justiz- und Finanzministerium längst alle einig. Nicht zuletzt die Pandemie hat allerdings die Bereitstellung der Gelder im Landeshaushalt dann doch noch einmal etwas hinausgezögert.

Die Pläne für den Amtsneubau

„In der baden-württembergischen Stadt Waiblingen wird der Klimaschutz ernst genommen“, heißt es beim Architekturbüro Heinle, Wischer und Partner in deren Beschreibung der Pläne für das neue zentrale Waiblinger Amtsgericht. Photovoltaik bei Neubauten, Blockheizkraftwerke, Nutzung von Ökostrom und klimaneutrale Neubaugebiete zeugten von einer aktiven und verantwortungsbewussten Verwaltung. „Umso mehr freuen sich Heinle, Wischer und Partner über den Auftrag zum Bau des neuen Amtsgerichtes der Kommune.“ Bereits anno 2019 hat das Büro den Auftrag erhalten. Dies sei, sagen sie aus architektonischer Sicht, ein Zuschlag gewesen für „einen Neubau in Holzbauweise und in Passivhausqualität“. Es werde fürs neue Amtsgericht die Zertifizierung mit Silber nach dem Bewertungssystem „Nachhaltiges Bauen“ angestrebt.

Offene Baustellen auf dem Areal

Neben dem neuen zentralen Amtsgerichtsgebäude ist im südöstlichen Teil des Krankenhausareals ein Part der vorgesehenen Neubebauung mit günstigen Wohnungen noch nicht realisiert. Dort werden, so die Planung, die alten Personalwohnungen der Waiblinger Klinik abgerissen und durch neue Wohngebäude der Kreisbaugesellschaft ersetzt, die eine deutlich größere Anzahl an Wohnungen bieten. Ein Problem bei der Neubebauung: Die damit entstehende enge Nachbarschaft von Feuerwehr und Wohnbebauung macht zusätzlichen Lärmschutz nötig. Ein Gutachten hat gezeigt, dass die zulässigen Werte nicht nur durch lautstarke Aktivitäten der Floriansjünger und auf deren Betriebshof überschritten werden, sondern zusätzlich auch noch durch den Verkehrslärm an der Winnender Straße. Neben Schallschutzfenstern wird für die dortigen Wohngebäude wohl auch eine sogenannte Riegelbebauung notwendig oder zumindest gebäudehohe Glaswände zwischen den einzelnen Bauten.

Mittelfristig bestehen in Waiblingen zwar auch Planungsskizzen für einen kompletten Umzug der Feuerwehr an einen neuen Standort. Das allerdings ist noch Zukunftsmusik und höchst unsicher. Denn eine der zu prüfenden Optionen lautet offenbar sogar, den bestehenden Standort an der Winnender Straße noch zu vergrößern.

Die alten Krankenhausareale im Rems-Murr-Kreis

Backnang
 Vor und auch nach der denkwürdig knappen Entscheidung für den Klinikneubau 2008 waren Protest und Widerstand in Backnang gegen die Schließung des dortigen Krankenhauses gewaltig. Die Entscheidung fiel damals in der entscheidenden Kreistagssitzung in Schwaikheim am Ende mit einer einzigen Stimme. Heute ist in Backnang das einstige und 2014 mit Inbetriebnahme der Winnender Klinik als solches aufgegebene Klinikareal komplett neu bebaut – unter anderem mit verschiedenen Einrichtungen aus dem Gesundheits- und Pflegebereich.

Waiblingen
 In der Kreishauptstadt waren die Proteste gegen die Schließung des eigenen Krankenhauses überraschenderweise weitaus geringer. Dort plante der Kreis zunächst einen zentralen Bau für das eigene Jugendamt und andere soziale Bereiche. In veränderter Planung des Kreis-Immobilienkonzeptes entstehen diese nun im Rahmen der Erweiterungen und Neubauten am Alten Postplatz und den Neubauten an der Mayenner- und Rötestraße.