191.500 US-Fahnen sind auf der National Mall vor dem Kapitol in Washington zur Amtseinführung Joe Bidens aufgestellt worden. Foto: AFP/STEPHANIE KEITH

Aus Sorge vor neuer Gewalt und wegen der Corona-Pandemie wird die Vereidigung des 46. US-Präsidenten ganz anders verlaufen als üblich. So ist der Ablauf von Joe Bidens Inauguration.

Washington - Drei Anläufe hat es gebraucht, bis Joe Biden dort ist, wo er seit 1988 hinwollte: Im Weißen Haus. Dass jedoch seine Inauguration – zu deutsch: Amtseinführung – am 20. Januar 2021 so ausfallen würde, hätte er sich damals vermutlich in seinen wildesten Träumen nicht vorgestellt. Genau zwei Wochen nach der Kapitol-Erstürmung wird Biden am Mittwoch sein Amt antreten. Aus Sorge vor neuer Gewalt und wegen der Corona-Pandemie wird die Vereidigung des 46. US-Präsidenten ganz anders verlaufen als üblich. Sie findet unter drakonischen Sicherheitsvorkehrungen statt, große Zuschauermengen wird es nicht geben - und der scheidende Amtsinhaber Donald Trump bleibt der Zeremonie fern.

Welche Sicherheitsvorkehrungen wurden getroffen?

Washington gleicht in diesen Tagen einer Festung. Nach dem Kapitol-Sturm vom 6. Januar gibt es Warnungen vor neuer Gewalt durch militante Trump-Anhänger. Neben tausenden Polizisten werden deswegen mehr als 20.000 Nationalgardisten zu Bidens Amtseinführung in Washington sein - mehr als US-Soldaten in Afghanistan und im Irak zusammen.

Das Kapitol ist durch hohe Metallbarrieren abgesichert. Die gesamte Innenstadt wurde in zwei Sicherheitszonen eingeteilt, die durch Zäune und Betonbarrieren abgeriegelt sind.

Dürfen die Bürger auf die National Mall?

Nein. Die Behörden sperren die National Mall, jenen langen Grünstreifen zwischen Kapitol und Lincoln Memorial, auf dem sich bei Amtseinführungen von Präsidenten für gewöhnlich hunderttausende Menschen versammeln. 

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Eine große Menschenmenge war in diesem Jahr aber wegen der Corona-Krise ohnehin nicht vorgesehen. Stattdessen wurden 191.500 US-Fahnen auf der National Mall aufgestellt. Sie sollen die Menschen symbolisieren, die nicht zur Amtseinführung nach Washington reisen können.

Wie wird der Tag ablaufen?

Vor der Vereidigung wird der gläubige Katholik Biden am Mittwochmorgen (Ortszeit) mit den obersten Kongress-Vertretern - und damit auch wichtigen Vertretern von Trumps Republikanern - einen Gottesdienst in der St. Matthew’s Cathedral besuchen. Der neue Präsident macht damit deutlich, dass er eine parteiübergreifende Zusammenarbeit anstrebt. Auch der Mehrheitsführer der Republikaner im Senat Mitch McConnell wird an dem Gottesdienst teilnehmen.

Um 10.30 Uhr (16.30 Uhr MEZ) kommen die Familien Biden und Harris an der Ostseite des Kapitols an. Um 11.15 Uhr (17.15 Uhr MEZ) beginnt die Vereidigungszeremonie. Um Punkt 12 Uhr mittags (18 Uhr MEZ) wird Biden auf den Stufen des Kapitols seinen Amtseid ablegen. Abgenommen wird der Schwur vom Obersten Verfassungsrichter John Roberts. 

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„America United“ lautet das Motto der Zeremonie vor dem Kongressgebäude: Biden will das tief gespaltene Land versöhnen und politische Gräben überwinden. Das dürfte auch ein zentrales Thema seiner Antrittsrede sein, die der neue Präsident nach dem Amtseid hält. Vor Biden legt Vizepräsidentin Kamala Harris ihren Amtseid ab – die erste Frau und „Woman of Colour“, die in dieses Amt gewählt wurde.

Popdiva Lady Gaga, die sich im Wahlkampf für Biden eingesetzt hatte, wird bei der Vereidigung die US-Nationalhymne singen. Geplant ist auch ein Auftritt von Latin-Pop-Star Jennifer Lopez.

Biden wird nach seinem Amtseid zum nahe Washington gelegenen Nationalfriedhof Arlington fahren (ab 14 Uhr; 20 Uhr MEZ) und dort einen Kranz am Grabmal des unbekannten Soldaten niederlegen. Der neue Präsident fährt dann nach Washington zurück und wird die letzten Meter zum Weißen Haus laufen (ab 15 Uhr; 21 Uhr MEZ).

Am Abend (ab 20.30 Uhr Ortszeit) sind Biden und Harris Gäste einer von Hollywood-Star Tom Hanks moderierten Fernsehshow „Celebrating America“ zur Amtseinführung. Dort werden unter anderem Justin Timberlake, Jon Bon Jovi, John Legend und Bruce Springsteen auftreten. Die Show ist der Ersatz für die sonst traditionellen Bälle in der Inauguration-Nacht.

Der offizielle Teil dieses anstrengenden Tages endet für die Bidens gegen 21.55 Uhr (3.55 Uhr MEZ am Donnerstag): Da werden Jill und Joe Biden auf dem Balkon des Blauen Raumes im Weißen Haus erscheinen.

Welche Ex-Präsidenten werden an Bidens Inauguration teilnehmen?

Die drei früheren Präsidenten Barack Obama, George W. Bush und Bill Clinton sind die wohl prominentesten Gäste der Zeremonie. Der älteste noch lebende Ex-Präsident Jimmy Carter kommt nicht – das hat aber ausschließlich mit seinem Alter zu tun: Carter ist 96 Jahre alt – die Reise nach Washington und die Zeremonie wären zu strapaziös für ihn.

Der Amtseinführung fernbleiben wird übrigens auch Donald Trump, der seine Wahlniederlage weiterhin nicht eingestehen will. Der Republikaner wird Stunden vor Bidens Vereidigung zu seinem Anwesen Mar-a-Lago im Bundesstaat Florida fliegen.

Das ist ein großer Traditionsbruch: Trump ist der erste Präsident seit 152 Jahren, der der Amtseinführung seines Nachfolgers fernbleibt. Zuletzt hatte Präsident Andrew Johnson im Jahr 1869 die Vereidigung seines Nachfolgers boykottiert. An Bidens Amtseinführung teilnehmen wird aber Trumps Stellvertreter Mike Pence.

Die Trumps werden die Bidens also nicht, wie traditionell üblich, am Weißen Haus empfangen. Donald Trump und First Lady Melania verlassen Pennsylvania Avenue Nummer 1600 gegen 8 Uhr (14 Uhr MEZ). Sie fliegen mit dem Präsidenten-Hubschrauber Marine One zum Militärflughafen Andrews, wo eine Abschiedszeremonie stattfindet. Medienberichten zufolge hatten Trumps Mitarbeiter Schwierigkeiten, genug Menschen für ein würdiges „Send off“ zu finden. Die Bidens werden bei ihrer Ankunft vom „Chief Usher“ empfangen, dem Chef der Butler, Köche, Haushälterinnen im Weißen Haus - sie werden es verschmerzen.

Welche Stars sind mit von der Partie?

Lady Gaga, Jennifer Lopez, Tom Hanks, Justin Timberlake, Jon Bon Jovi, John Legend, Bruce Springsteen – es ist ein „Who is Who“ des Showbusiness, das auf irgendeine Art und Weise an den Feierlichkeiten zur Inauguration mitwirkt. Medienberichten zufolge soll Noch-Präsident Trump stinksauer sein, dass Biden so namhafte Stars für seine Inauguration verpflichten konnte – Trump selbst hatte bei seiner Amtseinführung vor vier Jahren bekanntermaßen Schwierigkeiten, Stars für das Rahmenprogramm zu gewinnen.

Wird Joe Biden an seinem ersten Tag im Amt bereits Politik machen?

Ja. Kaum im Weißen Haus angekommen (gegen 17 Uhr, 23 Uhr MEZ), wird Biden umgehend eine Abkehr von der Politik seines Vorgängers Trump einleiten. Der Demokrat wird dazu rund ein Dutzend Dekrete unterzeichnen. Unter anderem will er die Rückkehr der USA zum Pariser Klimaschutzabkommen besiegeln, im Kampf gegen die Corona-Pandemie eine Maskenpflicht in Bundesgebäuden und bei Reisen über Bundesstaatsgrenzen beschließen und das Einreiseverbot für Menschen aus mehrheitlich muslimischen Ländern aufheben. 

Um 17.45 Uhr (23.45 Uhr MEZ) wird Präsident Biden von ihm ernannte Mitarbeiter bei einer Online-Zeremonie vereidigen.