Die Chipkrise behindert auch den Ausbau der Bosch-eigenen Halbleiterwerke, sagt Bosch-Chef Stefan Hartung. Foto: dpa/Sebastian Gollnow

Bosch will in den nächsten fünf Jahren erneut eine Milliarde Euro in Weiterbildung investieren und setzt auch auf die Vermittlung von Boschlern in andere Unternehmen.

Stuttgart - Der Stuttgarter Bosch-Konzern, bei dem weltweit fast 80 000 Arbeitsplätze am Verbrenner hängen, setzt angesichts des Strukturwandels auf Qualifizierungsmaßnahmen, interne Jobwechsel und die Vermittlung von Boschlern in andere Unternehmen.

„Die Transformationsbewegung ist schon mit einigen tausend Mitarbeitern verbunden“, sagte Bosch-Chef Stefan Hartung bei einem virtuellen Gespräch. Man werde versuchen, das sozialverträglich hinzubekommen. Das hänge alles von der Geschwindigkeit der Transformation ab. Das dürfe nicht disruptiv geschehen. Wenn man etwa versuchen würde 2030 alle Verbrenner in Europa zu verbieten, dann werde das schwierig.

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Beschäftigte aus schrumpfenden Bosch-Bereichen sollen fit gemacht werden für Jobs in wachsenden Bereichen. Deshalb will Bosch in den nächsten fünf Jahren – wie in den fünf Jahren zuvor – erneut rund eine Milliarde Euro in Weiterbildung investieren, kündigte Arbeitsdirektorin Filiz Albrecht an.

2800 Beschäftigte wechseln intern

Allein 2021 wurden mehr als 2800 Beschäftigte intern auf andere Stellen vermittelt. 500 Entwickler aus dem Verbrennerbereich beispielsweise arbeiten jetzt an der mobilen Brennstoffzelle, 250 in der stationären Brennstoffzelle. 60 Boschler wurden bereits in andere Unternehmen vermittelt. In Schwäbisch-Gmünd habe man eine Arbeitsmarkt-Drehscheibe gegründet, unterstützt von IG Metall, Südwestmetall und der Agentur für Arbeit. „Das ist ein Anfang und noch nicht das Ende“, sagte Albrecht.

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Bosch engagiert sich mit 34 Unternehmen in einer „Allianz der Chancen“, um in Zeiten des Strukturwandels Menschen von Arbeit in Arbeit zu bringen. „Es geht um Beschäftigungssicherung, wohlwissend, dass die nicht nur in der eigenen Unternehmensgruppe sichergestellt werden kann“, sagte Albrecht. Das Thema gewinne an Dynamik. „Es gibt viele interessierte Unternehmen, die auch einstellen“, sagte sie. Man habe etwa mit der Deutschen Bahn, Mahle, Zeiss und Varta zusammengearbeitet, nannte sie Beispiele.

Bosch selbst sucht allein in Deutschland in diesem Jahr mehr als 1000 Software-Entwickler. Weltweit beschäftigt der Konzern mehr als 38 000 Software-Entwickler – das ist ein Plus von etwa 4000 gegenüber dem Vorjahr.

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Insgesamt hat Bosch weltweit rund 401 300 Beschäftigte, das sind 6700 mehr als im Vorjahr. Mehr Beschäftigte gibt es in den Regionen Asien-Pazifik und Europa. In Deutschland blieb die Belegschaft stabil bei etwa 131 400 Beschäftigten. In Forschung und Entwicklung wuchs die Mitarbeiterzahl um knapp vier Prozent auf 76 300.

Hartung begrüßt Chippläne der EU

Bosch-Chef Hartung begrüßte die Pläne der EU-Kommission die Ansiedlung einer Halbleiterindustrie in Europa massiv zu fördern. „Wunderbare Sache, klasse auf den Weg gebracht,“ lobte der neue Bosch-Chef bei der Vorlage der vorläufigen Zahlen für das vergangene Jahr. Denn „es ist wichtig, dass eine staatliche Förderung für diese Art der Investitionen da ist“.

Doch die Pläne müssen „jetzt auch noch umgesetzt werden, am Ende müssen da auch Halbleiterfabriken stehen. Und die müssen auch noch zur europäischen Industrie und zum Weltmarkt passen“, gab Hartung den Weg vor. Denn nicht jeder Halbleiter müsse notwendigerweise auch in Europa gefertigt werden.

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Die Kommission hat kurz zuvor angekündigt, rund 43 Milliarden Euro an öffentlichen Investitionen für die elektronischen Winzlinge, die Autos, Smartphones und Waschmaschinen steuern, bereitzustellen. Ziel der Maßnahme sei es, den europäischen Weltmarktanteil auf 20 Prozent zu verdoppeln.

Die EU-Entscheidung muss vor dem Hintergrund der Chipknappheit gesehen. Quasi alle Industriebereiche sind betroffen, besonders stark die Autoproduktion. Bosch selbst hat zwei große Halbleiterfabriken in Deutschland – in Reutlingen und in Dresden. „Entlastung schaffen wir mit dem Ausbau unserer eigenen Halbleiter-Fertigung“, so Hartung. In diesem Jahr hat der Technologiekonzern dafür Investitionen von rund 400 Millionen Euro eingeplant.

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Allerdings rechnet der Bosch-Chef nicht mit einer schnellen Verbesserung der Lage. Zwar würden die Kapazitäten weltweit ausgebaut. Aber: Wegen des Halbleitermangels seien auch die dafür nötigen Maschinen knapp. Hinzu komme die lange Vorlaufzeit: Es dauere mehr als ein Jahr um alle Produktionsschritte in einer Fabrik hochzufahren. Und anschließend dauere der eigentliche Produktionsprozess für Chips ein weiteres halbes Jahr.

Umsatz und Ergebnis übertrifft eigene Prognosen

Trotz des Chipmangels hat Bosch im vergangenen Jahr hohe Zuwächse bei Umsatz und Ertrag erzielt – und die eigenen Prognosen übertroffen. Der Umsatz stieg um zehn Prozent auf 78,8 Milliarden Euro. Alle Geschäftsbereiche seien deutlich gewachsen. Das operative Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) wuchs um mehr als die Hälfte und erreichte 3,2 Milliarden Euro. Die Ebit-Rendite – also Ebit im Verhältnis zum Umsatz – liegt damit bei rund vier (Vorjahr: 2,8) Prozent. Zufrieden ist Hartung mit diesem Wert freilich nicht. Um finanziell unabhängig zu bleiben strebt er bei dieser Kennziffer einen Wert von 7 bis 7,5 Prozent an.

Im laufenden Jahr erwartet Bosch eine weitere Umsatzsteigerung, sofern es nicht zu weitere Störungen im Umfeld kommt, und eine Rendite auf Vorjahresniveau. Ziel bleibe, in den für Bosch wichtigen Branchen und Regionen stärker als der Markt zu wachsen.