Viele Familien sind zunächst in Turnhallen untergebracht Foto: Eibner-Pressefoto/Roger Bürke

Die Kapazitäten der Unterbringung sind in manchen Kommunen problematisch. Der Böblinger Landrat fordert eine bessere Steuerung.

Der Ukraine-Krieg wirkt sich weltweit aus, im Großen wie im Kleinen. Auch im Kreis Böblingen bringt er gewaltige Herausforderungen mit sich.

Einerseits ist die Hilfsbereitschaft von Beginn an enorm, es gab und gibt im Landkreis ein großes Engagement, um die ukrainische Bevölkerung auf vielfältige Weise zu unterstützen. Andererseits strömen Flüchtlinge nach Deutschland – sie kommen aus der Ukraine, aber auch aus anderen Krisengebieten. Die Länder und Kommunen haben mit der Unterbringung zu kämpfen.

Wie das Landratsamt mitteilt, leben aktuell 10 500 Menschen im Kreis Böblingen, die vor Krieg oder politischer Verfolgung geflüchtet sind. Diese Zahl ist 2022 sprunghaft angestiegen, insbesondere wegen des Kriegs in der Ukraine. Laut Ausländerzentralregister wurden bis Ende 2022 insgesamt mehr als eine Million Menschen aus der Ukraine in Deutschland registriert. Rund 4 000 sind dabei im Landkreis Böblingen angekommen, wovon viele privat untergebracht wurden. „Dies war nur dank des hervorragenden zivilgesellschaftlichen Engagements möglich“, betont Landrat Roland Bernhard. Der Landkreis Böblingen hat zudem gemeinsam mit den Städten und Gemeinden in rasantem Tempo weitere vorläufige Unterbringungsplätze geschaffen – bald sind es 3000.

Das war allerdings nur möglich, weil auch zwei Turnhallen in Sindelfingen und Leonberg für die vorläufige Unterbringung in Betrieb genommen wurden. Gegenüber Bund und Land äußert Bernhard dabei klare Forderungen: „Ich erwarte, dass sämtliche Kosten, die dem Landkreis entstehen, komplett erstattet werden, insbesondere die Kosten für die Unterbringung“, betont der Landrat. Doch das Gespräch, das zuletzt auf Bundesebene mit den kommunalen Spitzenverbänden stattfand, war diesbezüglich enttäuschend. „Das kann nur ein Zwischenschritt sein“, sagt Roland Bernhard. „Der Bund muss die Zuweisung von Flüchtlingen besser steuern beziehungsweise begrenzen.“ Dies sei auch im Hinblick auf fehlenden Wohnraum, überlastete Kitas und Schulen, kaum verfügbaren Plätzen in Sprach- und Integrationsangeboten und einer angespannten ärztlichen Versorgung unerlässlich.

2022 wurden insgesamt knapp 2700 Personen durch das Land Baden-Württemberg an den Landkreis Böblingen zugewiesen und vorläufig aufgenommen. Menschen aus der Ukraine sind aber zum Teil auch direkt in den Landkreis gekommen, sodass die tatsächliche Zahl höher liegt.

Für die Erstunterbringung sind die Landkreise zuständig, nach einem halben Jahr müssen sich die Kommunen um die Anschlussunterbringung kümmern, was mancherorts schwierig ist. Insgesamt wurden 2022 im Kreis Böblingen rund 1700 Personen den Städten und Gemeinden zugewiesen. Doch auch die Neuzugänge in die Landkreise bleiben hoch. Derzeit belaufen sie sich laut Landratsamt auf 250 bis 300 monatlich.

Positiv stimmt den Landrat dabei die enge Zusammenarbeit mit den Kommunen: Bereits während der Pandemie hätten Landkreis, Städte und Gemeinden gelernt, in der Krise über eine enge Kommunikation zusammenzurücken und die Probleme gemeinsam zu lösen. Das habe sich auch anlässlich des Krieges und seiner Folgen wieder bewährt, so Landrat Bernhard.