Wer sich mit dem Coronavirus infiziert, soll sich ab Mai eigenverantwortlich isolieren und dann, beginnend nach fünf Tagen, Schnelltests machen, bis sie negativ sind. Foto: imago/Bihlmayerfotografie

Ab jetzt gilt also ein neues Prinzip: Ab dem 1. Mai sollen sich Infizierte eigenverantwortlich isolieren. Die meisten Experten sehen das kritisch.

Infizierten und ihren direkten Kontakten wird künftig nur noch „dringend empfohlen“, sich für fünf Tage zu isolieren, darauf einigte sich Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) mit den Gesundheitsministern der Länder am Montag.

Infektion zu Hause auskurieren

Der Epidemiologe Hajo Zeeb vom Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie fordert hingegen eine Beibehaltung der Isolationspflicht von fünf Tagen. „Wenn eine Person Symptome aufweist, dann sollte sie zu Hause die Corona-Infektion aussitzen, anstatt noch mehr Menschen anzustecken“, sagte Zeeb dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Dagegen hält er eine Quarantäne für Kontaktpersonen nicht mehr für notwendig. Mit Blick auf den weiteren Infektionsverlauf äußerte er sich angesichts der Lockerungen besorgt: „Wir müssen davon ausgehen, dass sich das zirkulierende Virus durch den Wegfall der Isolationspflicht weiter ausbreiten wird.“ Ähnliches sagte der Hamburger Virologe Jonas Schmidt-Chanasit im ZDF. Aus virologischer Sicht würde man sich wünschen, dass die Isolationspflicht strenger gehandhabt werde, „aber in so einer Situation spielt eben nicht nur die Virologie eine Rolle“, sondern auch Pragmatismus.

Impfpflicht trotz Quarantäne-Aufhebung?

Dass die geplante Aufhebung „durchaus umstritten“ sei, findet auch der Virologe Alexander Kekulé. Der Vorschlag habe zudem Auswirkungen auf die Sinnhaftigkeit einer Impfpflicht ab 50 Jahre, über die am Donnerstag im Bundestag neben anderen Entwürfen zur Impfpflicht abgestimmt werden soll. Werden infizierte Personen nicht mehr zu einer Isolation verpflichtet, „dann kann man doch nicht eine Präventivmaßnahme wie die Impfung verpflichtend machen“, sagte Kekulé im Deutschlandfunk.

Risikogruppen brauchen Schutz

Der Tübinger Epidemiologe Martin Eichner steht einem Rückkehr zur Normalität prinzipiell offen gegenüber und rät gleichzeitig: „Trotz Normalität sollten wir weiter Rücksicht nehmen.“ Insbesondere Angehörige und Bekannte, die bei einer Infektion schwer erkranken könnten, sollten bewusst geschützt werden. Um ebendiese Personen sorgt sich der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch: „Für die Hochrisikogruppe wird es immer gefährlicher. Diese Menschen leben mitten unter uns“, sagte Brysch dem RND. Anja Piel, Vorstandsmitglied des Deutschen Gewerkschaftsbunds, kritisierte am Wochenende, Risikogruppen „könnten sich beim Einkauf im Supermarkt dann nicht einmal darauf verlassen, dass sich keine nachweislich Corona-Infizierten im Laden befinden“.