Jeder, der in einer Klinik arbeitet, muss sich impfen lassen. Foto: Eibner/Drofitsch

Für Mitarbeitende im Gesundheitsdienst wird es ernst: Ab Mitte März dürfen nur noch geimpfte Personen in Kliniken, beim Rettungsdienst oder in Altenheimen arbeiten. Die Arbeitgeber müssen das überprüfen. Sie fordern eine Impfpflicht für alle Bürger.

Kreis Böblingen - 5000 Menschen arbeiten beim Klinikverbund Südwest. Sechs Krankenhäuser in den Kreisen Böblingen und Calw betreibt der Verbund. Von Mitte März an müssen alle 5000 Mitarbeiter vollständig gegen das Coronavirus geimpft sein. Sonst droht die Kündigung. So sieht es ein neues Gesetz vor, das der Bundestag vor wenigen Tagen beschlossen hat. „Das Impfgebot gilt nicht nur für die Ärzte und Pfleger, sondern für alle Mitarbeiter, auch die Reinigungskräfte und Verwaltungsmitarbeiter“, sagt Ingo Matheus, der Pressesprecher des Verbunds.

Grundsätzlich begrüße man eine Impfpflicht, sagt Matheus. „Aber diese Pflicht für Mitarbeiter im Gesundheitswesen kann nur ein erster Schritt sein. Es muss eine allgemeine Impfpflicht kommen.“ So sähen es auch viele der geimpften Kollegen in den Häusern. „Für die Pandemiebekämpfung reicht es nicht, wenn medizinisches Personal immunisiert ist. Sinnvoll ist sie nur, wenn möglichst viele Menschen einen Impfschutz haben“, erläutert Ingo Matheus.

85 Prozent bereits geimpft

Trotzdem gebe es nun das neue Gesetz für Beschäftigte im Gesundheitswesen. „Und wir müssen es umsetzen. Aktuell geht es zunächst darum, dass die Personalabteilung genau erhebt, wer bereits geimpft, wer geboostert ist und bei wem der Impfschutz noch fehlt.“ Dabei sei man beim Klinikverbund schon auf einem guten Stand. Auf etwa 85 Prozent schätzt Matheus die Impfquote aller Mitarbeiter beim Klinikverbund. „Im patientennahen Bereich sind es mehr als 90 Prozent.“ Für alle, die bisher gezögert hätten, seien weitere Impfaktionen in den Krankenhäusern für Januar und Februar geplant. Mit Leuten, die weiterhin zögerten, würde man dann gezielt das Gespräch suchen, erklärt Matheus. Er befürchtet aber: „Die Gefahr dass uns dann einige Mitarbeiter abspringen, besteht natürlich.“

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Dies sieht auch Simone Eckstein so. Sie ist Vorstand des evangelischen Diakonieverbands Sindelfingen, der vier Altenpflegeheime sowie weitere Einrichtungen zum Betreuten Wohnen anbietet. „Das nächste Problem, über das wir uns dann unterhalten, wird sein, wie wir unsere Senioren angemessen betreuen , wenn uns Mitarbeiter fehlen.“ Trotzdem hält Simone Eckstein die Impfpflicht im Sinne der Sicherheit der Bewohner für richtig. Aber auch sie fordert eine Impfpflicht für alle Bürger, und nicht nur für all die Menschen, die im Gesundheitswesen arbeiten.

Für 430 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen trägt Renata Spieler die Verantwortung. Sie ist Geschäftsführerin der ökumenischen Sozialstation in Sindelfingen, die Senioren zu Hause ambulant pflegt und betreut. Der größte Teil des Personals sei geimpft, sagt Spieler. Bei den wenigen Ungeimpften sieht sie keine Impfgegner, sondern eher „Menschen mit tief sitzenden Ängsten“. Dazu beigetragen hätte sicherlich auch das viele Hin und Her. „Anfangs bei der Impfkampagne, als die Pflegekräfte dran waren, gab es sehr viele Unsicherheiten um Astrazeneca. Das hat einige abgeschreckt.“ Sie hofft aber, durch Aufklärungsgespräche auch diese Zögernden noch überzeugen zu können.

Am Wochenende gab es 40 Erstimpfungen

Sehr optimistisch gibt sich Wolfgang Hesl, der Böblinger Kreisgeschäftsführer des Deutschen Roten Kreuzes (DRK). Der Bayer war vor seiner Tätigkeit in Böblingen Geschäftsführer bei einem bayerischen Rotkreuz-Verband. „Da hatten wir ja vor einigen Jahren mit der Einführung der Masern- Impfpflicht eine ähnliche Thematik. 52 Kindergärten gehörten damals zum Verantwortungsbereich von Hesl. „Unsere Befürchtungen, dass da einige Erzieherinnen oder andere Mitarbeiter wegen der Impfpflicht abspringen, war groß. Doch am Ende haben wir keinen einzigen verloren.“

1200 Hauptamtliche arbeiten beim Kreisverband Böblingen: in einem der elf Altenpflegeheime, beim Rettungsdienst, beim Krankentransport und in der ambulanten Krankenpflege. 85 bis 90 Prozent seien bereits geimpft, sagt Hesl. Die anderen habe man immer wieder versucht, mit Vorträgen und Aufklärungsgesprächen zu motivieren. Mit Erfolg. „Am letzten Wochenende hatten wir noch mal eine Impfaktion, bei der sich 40 Leute zum ersten Mal haben impfen lassen.“ Für diese gebe eine weitere Aktion zur Zweitimpfung im Januar. „Alle anderen aber müssen sich nun selbst darum kümmern“, sagt Wolfgang Hesl.

Mit der nächsten Gehaltsabrechnung erhalte jeder Mitarbeiter die Information, dass er bis Mitte März immunisiert sein müsse. „Sonst drohen arbeitsrechtliche Konsequenzen von der Freistellung ohne Lohnfortzahlung bis hin zur Kündigung“, sagt Hesl. Er ist aber zuversichtlich: „Ich bin überzeugt, dass sich am Ende alle impfen lassen und wir keinen Mitarbeiter verlieren.“