Die AfD-Chefs Tino Chrupalla und Alice Weidel (Archivbild) Foto: dpa/Sebastian Kahnert

Für einige AfD-Mitglieder wird der Gang zur eigenen Jubiläumsfeier am Montagabend zum Spießrutenlauf. Hunderte Gegendemonstranten empfangen sie lautstark. In der Halle feiert sich die Partei mit kämpferischen Reden selbst.

Im hessischen Königstein hat die AfD am Montagabend ihr zehnjähriges Bestehen gefeiert. Begleitet von lautstarken Protesten und unter Polizeischutz kamen etwa 300 Parteimitglieder im „Haus der Begegnung“ zusammen. Die Parteichefs Alice Weidel und Tino Chrupalla schworen die Anwesenden mit Kampfansagen an den politischen Gegner auf die nächsten Jahre ein.

„Wir sind gekommen, um zu bleiben, liebe Freunde, und das werden wir auch!“, rief Chrupalla in den Saal. Die AfD sei in wenigen Jahren zu einer festen Größe geworden, sagte Weidel in ihrer Rede. „Wir sind der Stachel im Fleisch der Etablierten.“

Der Ehrenvorsitzende Alexander Gauland sprach mit Blick auf die ersten zehn Jahre der AfD von einer „ungeheuren Erfolgsgeschichte“. Man sei die Stimme „der Normalen in diesem Land“. „Wir haben diese Partei nicht gegründet, weil wir eine andere Republik wollen, sondern weil wir keine andere Republik wollen“, sagte Gauland unter stürmischem Beifall der Anwesenden.

Chrupalla und Gauland kritisieren Waffenlieferungen

Chrupalla und Gauland kritisierten erneut die Waffenlieferungen an die Ukraine. Der Krieg gehe Deutschland nichts an. Bekräftigt wurde in den Reden zudem die Einschätzung, dass eine Regierungsbeteiligung der AfD absehbar nicht unrealistisch sei. Weidel verwies auf die 2024 anstehenden Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg, wo ihre Partei in den Umfragen zum Teil stärkste Kraft ist. Diesen klaren Wählerwillen könne niemand auf Dauer ignorieren, sagte sie.

Die von der CDU wörtlich errichtete „Brandmauer“ gegen etwaige Koalitionen mit der AfD nannte Weidel unverantwortlich. Die CDU hat ausgeschlossen, mit der AfD zusammenzuarbeiten. Ein CDU-Sprecher hatte Anfang des Jahres klargestellt: „Wir haben einen klaren Parteitagsbeschluss. Jede Zusammenarbeit mit der AfD ist ausgeschlossen. Unsere Brandmauer nach rechts muss stehen.

Etwa 700 Menschen demonstrieren gegen AfD-Treffen

Vor der Veranstaltungshalle des Taunus-Kurorts nordwestlich von Frankfurt (Main) protestierten nach Schätzungen des Polizeipräsidiums Westhessen etwa 700 Menschen gegen das AfD-Treffen. Verbände, Gewerkschaften und Parteien hatten zur Gegenkundgebung aufgerufen. Einige Teilnehmer der AfD-Veranstaltung mussten sich unter lauten „Nazis raus“- und „Haut ab“-Rufen unter Polizeibegleitung ihren Weg Richtung Halle bahnen. Die Demonstranten hatten unter anderem Ukraine- und Regenbogen-Fahnen dabei. Auf Schildern stand „Menschenrechte, statt rechte Nazis“ und „Gegenhalten, solidarisch gegen die rechte Hetze der AfD“.

Der Königsteiner Bürgermeister Leonhard Helm (CDU) sagte, das „Haus der Begegnung“ sei der Öffentlichkeit gewidmet. Behörden müssten sich gegenüber allen Parteien neutral verhalten. Grundsätzlich sei die AfD in Königstein aber keine politische Macht. „Die Demonstranten zeigen, dass sie nicht willkommen sind“, sagte Helm.

Partei am 6. Februar 2013 gegründet

Gegründet wurde die heute etwa 30 000 Mitglieder zählende Alternative für Deutschland am 6. Februar 2013 im wenige Kilometer von Königstein entfernten Oberursel von knapp 20 Beteiligten rund um den Wirtschaftsprofessor Bernd Lucke und den konservativen Publizisten Konrad Adam. Als „Professoren-Partei“ gestartet, die sich vor allem gegen die Euro-Rettungspolitik wandte, ist die AfD nach Einschätzung des Bundesverfassungsschutzes inzwischen so weit nach rechts gerückt, dass der Inlandsgeheimdienst sie im Ganzen beobachtet. Nach Ansicht der Behörde gibt es ausreichend Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen.

SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert forderte anlässlich des zehnjährigen Bestehens eine klare Abgrenzung von der AfD. Entscheidend für den demokratischen Grundkonsens sei es, dass die AfD auch künftig keinerlei unmittelbare politische Wirkung erzielen könne - nicht nur in der Bundespolitik, sondern überall, sagte er der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Linksfraktionschefin Amira Mohamed Ali schrieb am Montag bei Twitter, zehn Jahre nach Gründung der Partei müsse man feststellen, dass es nicht gelungen sei, „die rechtsextreme Partei kleinzuhalten. Es muss sich etwas ändern. Dafür braucht es eine bessere Strategie, die mehr ist als nur „Gegen rechts“.“