Der Liebeskummer auf dem Brückenpfeiler Foto: the

In der Mahdentalstraße in Sindelfingen wird der südliche Teil der Autobahnbrücke abgerissen. Für unsere Reporterin ein besonders schmerzhafter Verlust. Aus unserer Humorkolumne.

Das Ende ist nah. Und zwar für das Relikt einer mutmaßlich gescheiterten Beziehung in Sindelfingen. „Maus, es tut so weh“, hat irgendwann in den vergangenen paar Jahren ein wohl von Herzschmerz geplagter Schmierfink an einen dem Abriss geweihten Brückenpfeiler an der Autobahnanschlussstelle Sindelfingen-Ost geschrieben.

So jedenfalls hat es die Schreiberin dieser Zeilen immer interpretiert. Dabei ist das Wort „Maus“ ein bisschen höher angebracht und etwas aus der Form geraten, und der Ausdruck des Schmerzes darunter wirkt vom Schriftbild wesentlich flüssiger. Es kann also sein, dass sich der Sprayer oder die Sprayerin bei einem „Tag“ bedient hat, das schon vorher dort stand.

Ist die Liebesgeschichte einfach aus?

Wie dem auch sei. Dort, wo die Mahdentalstraße an der Anschlussstelle Sindelfingen-Ost unter der A 81 hindurchführt, begrüßt der Schriftzug pro Tag wohl Tausende Pendlerinnen und Pendler, die in Richtung Stuttgart oder Esslingen auf die Autobahn fahren. Doch das ist bald wohl vorbei. Die Brücke muss von diesem Samstag an Stück für Stück einem neuen Modell weichen – vielleicht ebenso wie der Sprayer mit dem Liebeskummer.

Für die Schreiberin dieser Zeilen ist der Tag des Brückenabbruchs ein bittersüßer. Das Graffito hat sie beinahe seit ihrem ersten Tag im Ländle begleitet und sie immer wieder an die Geschichten erinnert, die sie sich rund um den mysteriösen Sprayer und die ebenso geheimnisvolle „Maus“ über die Jahre ausgedacht hat. Sie hatte sogar schon einmal für eine andere Zeitung darüber geschrieben.

Ein Teil der Autorin, der hoffnungsvoll-romantische Teil, hatte gehofft, das Pärchen würde wieder zusammenfinden – und dann das Lamento auf dem Brückenpfeiler gemeinsam mit einem Herz übermalen. Ja, es ist immer noch Vandalismus, aber schöner Vandalismus. Sie verstehen?

Tut es irgendwann NICHT mehr weh?

Eine andere Hoffnung war, dass der Schreiber oder die Schreiberin eines Tages den Herzschmerz auf andere Art und Weise überwindet und das der „Maus“ mit dem Hinzufügen eines einfachen Wortes öffentlich mitteilt: „Maus, es tut NICHT mehr weh“. Nun aber wird die Brücke abgerissen – erst ein Teil, später der andere – und Pendlerinnen und Pendler werden sich wohl ewig fragen müssen, was aus „Maus“ und dem Schmierfinken geworden ist.