In dem ehemaligen Ibis-Hotel sind Umbauten nötig, um es als Unterkunft für Geflüchtete nutzen zu können. Foto: Caroline Holowiecki/Caroline Holowiecki

Filderstadt hat ein Hotel für die Flüchtlingsunterbringung gekauft. Es wird die bislang größte Unterkunft der Stadt. Nun sind Anwohner über das Belegungskonzept und weitere Einzelheiten informiert worden. Alle Hintergründe.

Es wird die bislang größte Flüchtlingsunterkunft in Filderstadt, und in Vorbereitung auf die bevorstehende Belegung hat die Verwaltung nun das große Rad gedreht. Die Bürgerschaft ist bei einem Nachbarschaftsgespräch über das Vorhaben und das Betriebskonzept informiert worden. Es geht um das ehemalige Ibis-Hotel an der Rainäckerstraße in Bonlanden, genau an der Grenze zwischen Industriegebiet und Wohnbebauung. Dieses hat die Stadt gekauft, um dort Menschen aus der Ukraine, aber auch aus anderen Ländern einzuquartieren.

Mehr als 5,8 Millionen Euro wurden für das Hotel samt Inventar und Grundstück hingeblättert. Weitere Investitionen stehen an. Waschmaschinen etwa fehlen, zudem soll der ehemalige Fitnesstrakt zu einer großen Küche mit mehreren Küchenzeilen umgebaut werden. „Bislang gibt es nur eine kleinere Industrieküche“, sagte Christos Slavoudis, der Leiter des Amts für Integration, Migration und Soziales. Bis alles fertig sei, werde man hinter dem Gebäude ein großes Kochzelt installieren. Die vielen Bewohner werden sich verpflegen müssen. In den 62 Zimmern sollen maximal 127 Menschen leben.

Das Ganze ist alternativlos. Die Menschen werden der Kommune vom Landkreis zugewiesen, und bereits jetzt ist Filderstadt mit 76 Personen im Rückstand. Die bislang 22 Unterkünfte sind voll. „Wenn wir diese Möglichkeit nicht gefunden hätten, wäre die Alternative gewesen, zwei Hallen zu belegen“, stellte der Oberbürgermeister Christoph Traub klar. Seit 2015 seien in der Stadt gut 700 Plätze für Geflüchtete geschaffen worden. „Wir gehen davon aus, dass wir im Weiteren noch 200 Plätze brauchen werden“, sagte er und sprach im Zusammenhang mit der Aufnahme von Menschen aus Fluchtgebieten von einer Daueraufgabe.

Vorgesehen ist eine Vollzeit-Hausleitung

Ab Ende Januar sollen die Menschen nun in das Hotel einziehen. Vorrangig Ukrainer, aber nicht nur, betonte Christos Slavoudis. Wo viele zusammenkommen, da gibt es Konflikte, daher hat sich die Stadt für die Großunterkunft ein Sicherheits- und Betriebskonzept überlegt. In der Startphase und auch dann, wenn die Belegung bei mehr als 80 Prozent liegt, soll der Sicherheitsdienst, der sämtliche Flüchtlingsunterkünfte in der Stadt betreut, Tag und Nacht nach dem Rechten sehen, „um Schutz und Sicherheit zu bieten für alle“, sagte die Sozialarbeiterin Heike von Broock.

Die Vollbelegung soll nach aktuellen Planungen im Sommer erreicht sein. Im Hotel wird eine Vollzeit-Hausleitung installiert, „das haben wir bisher nicht gehabt“, erklärte sie. Ein Hausmeister soll ebenfalls täglich vor Ort sein, mehrmals wöchentlich sollen zudem im Haus Beratungen durch den Kommunalen Sozialen Dienst stattfinden. Im Hotel soll ein extra Lernraum für Deutsch- und Integrationskurse eingerichtet werden, außerdem ein Kinderraum mit Spielecke.

So haben die Anwohner reagiert

Stichworte wie Quartierssozialarbeit und die angedachte hohe Präsenz in der Unterkunft scheinen vieles in der Nachbarschaft entkrampft zu haben. „Ich bin ein Stück weit beruhigt“, sagte ein Mann. Eine gewisse Verunsicherung war bei den etwa 75 Gästen des Nachbarschaftsgesprächs dennoch zu spüren. Vor allem die Furcht vor Lärm und Auseinandersetzungen ist da, auch die vor Kindern, die sich dann mangels Freizeitanlage vor Ort auf der Straße tummeln, auf der regelmäßig Lastwagen verkehren, sowie vor einem erhöhten Parkdruck. Die Frage einer Anwohnerin: Wohin kann man sich wenden, wenn es mal knirscht? Mancher ist ein gebranntes Kind. Eine Frau erzählte davon, dass es in der Nachbarschaft ehemals Probleme mit einer Disco gegeben habe. Ständig habe die Polizei anrücken müssen. „Das möchten wir nicht mehr haben“, betonte sie.

Eine Liste mit Ansprechpartnern, die im Zweifelsfall kontaktiert werden können, hatte die Verwaltung parat. Sie betonte jedoch auch: Welche Menschen nach Filderstadt kommen und letztlich beherbergt werden müssen, darauf kann im Rathaus keiner Einfluss nehmen. Christos Slavoudis etwa betonte: „Der Kreis baut Druck auf. Das Spiel Wünsch-dir-was ist vorbei. Wir werden einfach Zuteilungen bekommen.“

Flüchtlinge in der Stadt und im Land

Baden-Württemberg
Der Angriff auf die Ukraine hat in Europa zur größten Fluchtbewegung seit dem Zweiten Weltkrieg geführt. Im vergangenen Jahr haben in Baden-Württemberg – einem der letzten drei Bundesländer, die keinen Aufnahmestopp verhängt haben – 178 000 Menschen Zuflucht gesucht, davon 146 000 Ukrainer. Zum Vergleich: Im „Flüchtlingsjahr“ 2015 waren es 102 000 Menschen gewesen.

Filderstadt
Das führte auch in Filderstadt zu einem Rekord. 2022 wurden in der Stadt 620 Menschen aufgenommen, 551 davon aus der Ukraine. Und von denen wiederum ist das Gros, nämlich 375 Personen, privat untergekommen. Trotzdem stößt die Stadt an ihre Grenzen. Aktuell weist der Landkreis der Stadt etwa 15 Personen pro Woche zu. Zuletzt hatte Filderstadt um Aufschub gebeten, da alle 22 Unterkünfte voll waren, daher wird in Kürze eine größere Gruppe eintreffen.