Pfarrer Andreas Roß will in den Turmknauf an der Spitze des Turmes Briefe für nachfolgende Generationen hinterlassen. Foto: Kirchengemeinde Hildrizhausen

Aktuell wird der Kirchturm in Hildrizhausen im Kreis Böblingen saniert. In diesem Zuge wird auch der Turmknauf an der Spitze geöffnet, in dem historische Dokumente gelagert werden. Pfarrer Andreas Roß ruft nun zu einer besonderen Brief-Aktion auf.

Neben der Martinskirche von Sindelfingen ist im Landkreis Böblingen die Nikomedeskirche in Hildrizhausen ein echtes Juwel der romanischen Baukunst. Weil der Turm Schieflage bekommen hat, wird er zurzeit aufwendig saniert. Der Turmknauf auf der Spitze des Kirchturms soll nun zu einer Zeitkapsel für „Briefe an die Nachwelt“ werden. Die Briefe werden bei einer Kirchturmsanierung in ferner, unbestimmter Zukunft dann gefunden werden.

In Bälde soll die Kupferkugel an der Kirchturmspitze geöffnet werden

Im Laufe der aktuellen Sanierung des Kirchturms der Nikomedeskirche in Hildrizhausen wird die Kupferkugel, die sich in luftiger Höhe knapp unterhalb der Turmspitze befindet, geöffnet. „Wir sind gespannt, was wir darin finden werden“, sagt Pfarrer Andreas Roß. Ein Turmknauf sei nicht nur ein Zierelement auf der Kirchturmspitze, sondern immer auch eine Zeitkapsel, in der historische Dokumente aus vergangenen Zeiten aufbewahrt werden. „Natürlich werden wir auch Zeugnisse aus unserer Zeit in die Kapsel legen“, sagt der Ortsgeistliche und will deshalb eine „Brief-Aktion an die Nachwelt“ starten. Bei der nächsten Sanierung können nachfolgende Generationen dann die Briefe lesen und studieren, was uns Zeitgenossen einstmals beschäftigt und bewegt hat. Deswegen sollen Interessierte einen Brief schreiben, der dann in einem sicheren Behältnis in den Turmknauf eingelegt wird. Wer einen solchen Brief schreibt, müsse sich zwangsläufig mit seinem eigenen Tod auseinandersetzen, gibt Andreas Roß zu bedenken. Zwar sei der Turmknauf im letzten Jahrhundert dreimal geöffnet worden (1900, 1938, 1977). Aber die jetzige Kirchturmsanierung sei so hochwertig, dass sie ein Menschenleben überdauern werde.

Interessierte können einen Brief verfassen und im Pfarramt abgeben

Was schreibt man einem Menschen, der vielleicht noch gar nicht geboren ist? Da hat Pfarrer Roß viele Vorschläge. „Es könnte ein persönlicher Bericht sein, wie jemand die jetzige Zeit erlebt. Aber auch eine Auseinandersetzung mit Gott, ein Gebet oder Wünsche an die Zukunft.“ Da im Turmknauf Platzmangel herrscht, ist die Größe der einzelnen Briefe auf DIN A5 und das Gewicht auf 100 Gramm beschränkt. Das letzte Datum, an dem der Brief im evangelischen Pfarramt Hildrizhausen abgegeben werden kann, ist der 17. Juli.

Bis zum 17. Juli können die Briefe noch abgegeben werden

Alle Details zur Aktion findet man auf einer Sonderseite, die die Kirchengemeinde auf ihrer Homepage www.evangelische-kirche-hildrizhausen.de eingerichtet hat.

Romanisches Kleinod

Ältestes Gotteshaus
Die Nikomedeskirche ist mit der Martinskirche Sindelfingen das älteste Gotteshaus im Kreis Böblingen. Das Hauptschiff stammt aus dem 11. Jahrhundert und ist rein romanisch.

Namenspatron
 Die älteste Inschrift aus dem 12. Jahrhundert ist dem heiligen Nikomedes gewidmet. Der Namenspatron, Märtyrer aus dem ersten Jahrhundert n. C., wurde bei Kinderkrankheiten um Hilfe angerufen.

Kirchturm
 Der untere, gemauerte Teil des Kirchturms wurde 1365 errichtet, das Gewölbe der Turmkapelle ziert ein Fresko der vier Evangelisten. 1450 kam das Turmfachwerk mit der Glockenstube drauf.