Entwicklungsleiter Rolf Neuweiler im Advantest-Labor auf der Böblinger Hulb: Alle führenden Chip-Hersteller der Welt werden hier als Kunden geführt. Foto: Stefanie Schlecht

Das Unternehmen Advantest auf der Böblinger Hulb hat sich in einer Nische der weltweiten Chip-Industrie erfolgreich eingerichtet: dem Testen neuer Mikrochips. Alle namhaften Hersteller setzen auf die Technologie aus Böblingen.

Der Weg zu Advantest auf der Böblinger Hulb führt vorbei an ehemaligen Gebäuden von Hewlett-Packard mit ihrer markanten, ockerfarbenen Fassade. Etwas versteckt, in diesem H 130 genannten Gewerbepark, befindet sich der Böblinger Standort des japanischen Konzerns mit über 6000 Mitarbeitern weltweit.

Doch was verbirgt sich hinter den getönten Gläsern? Über 700 Mitarbeiter stehen hier in den Diensten von Advantest, sie entwickeln Systeme zum Testen von Halbleitern und Mikrochips. Eine Nische in der weltweiten Hightechindustrie, die kaum einer kennt, ohne die die rasante digitale Entwicklung aber nicht denkbar wäre.

Böblingen ist einer unserer größten Standorte weltweit und der größte in Deutschland, hier werden wichtige Technologien entwickelt“, sagt der Europachef Peter Wewerka. Auch wenn das europäische Hauptquartier in München ist, fährt er wöchentlich für zwei bis drei Tage in die Herrenberger Straße.

Das Testen von Chips sei für die Hersteller ein enorm wichtiger Schritt in der Produktion, sagt Entwicklungsleiter Rolf Neuweiler, als er im weißen Kittel und mit speziell leitenden Schuhen ins Labor bittet. „Wenn ein Hersteller einen neuen Mikrochip entwickelt, funktionieren anfangs ganz viele der winzigen Schaltkreise nicht“, sagt der Magstadter.

„Dank unserer Testsysteme werden die Fehlschaltungen sukzessive erkannt und können dann eliminiert werden, bis die Chips nur noch eine geringe Fehlerquote haben“, sagt er. Die Entwicklung neuer Chips schreite ungebremst voran – auch dank der Böblinger Technologie. „Intel-Gründer Gordon Moore hat 1965 vorausgesagt, dass sich die Komplexität integrierter Schaltkreise regelmäßig verdoppelt“, sagt Neuweiler. „Dieses Moore’sche Gesetz gilt noch immer.“ Heißt im Klartext: Die Halbleiterindustrie hat es seit den sechziger Jahren tatsächlich geschafft, alle zwei Jahre Mikrochips zu entwickeln, die doppelt so viel Leistung haben wie zuvor.

Neuweiler: „Ein durchschnittliches Smartphone hat heute so viel Rechenpower wie ein Computer in IBM-Rechenzentren vor einigen Jahren.“ Diese Gesetzmäßigkeit ist das Geschäftsmodell von Advantest: Steter Fortschritt bei der Chip-Entwicklung bedeutet steten Bedarf an Testsystemen. „Die vergangenen vier bis fünf Jahre ging es für uns stetig bergauf“, sagt Peter Wewerka. Der weltweite Umsatz lag zuletzt bei circa drei Milliarden Euro, Tendenz steigend. Dank einiger Großaufträge aus Fernost und den USA hat das Unternehmen auch in Böblingen sehr gut zu tun. Wewerka: „Wir haben vor, in diesem Jahr über 200 neue Mitarbeiter einzustellen, davon konnten wir bereits circa 100 unter Vertrag nehmen.“ Der Standort im Schwäbischen sei im weltweiten Verbund vor allem wegen der gut ausgebildeten Ingenieure fest etabliert. „Wir haben drei Tricks, um die stetig wachsende Leistungsfähigkeit der Silizium-Chips testen zu können: „eine gute Wasserkühlung, hohe elektrische Leistung von bis zu 60 Kilowatt pro Tester – und gute Ingenieure“, sagt Rolf Neuweiler, der über die Hewlett-Packard-Ausgründung Verigy nach einer Übernahme zu Advantest kam. Überhaupt haben die Japaner allein in den vergangenen zehn Jahren fünf kleine Nischenhersteller zugekauft.

Die größte Aufgabe für die Zukunft sehen Wewerka und Neuweiler zum einen in der Gewinnung an neuen Fachkräften, wofür sich Advantest gerne viel Zeit nimmt, um die idealen Kandidaten zu finden. Ebenso wichtig ist Advantest die Ausbildung des technik-begeisterten Nachwuchses im Rahmen der Dualen Hochschule. Zum anderen ist es das Abschätzen der künftigen digitalen Trends.

Chips in immer mehr Lebensbereichen

Chips finden sich längst in allen Bereichen des täglichen Lebens: im Auto genauso wie in intelligenten Heizthermostaten, E-Bikes oder Mährobotern. „Ein Schwerpunkt für die Entwicklung in Böblingen sind Tester für Mikrochips für mobile Endgeräte“, sagt Rolf Neuweiler. Die Wachstumskurve beginne sich hier zwar abzuflachen, doch längst zeichnet sich der nächste große Trend ab: Künstliche Intelligenz und autonom fahrende Autos. Böblinger Technologie soll auch dabei eine entscheidende Rolle spielen.

Advantest – Eine Erfolgsgeschichte

Gründung
 Die Wurzeln von Advantest reichen zurück ins Jahr 1954, als das Unternehmen in der Präfektur Tokio gegründet wurde.

Böblingen
 Der Standort im Schwäbischen geht zurück auf die Übernahme von Verigy im Jahr 2011, das aus Agilent hervorgegangen ist – seinerseits einer Ausgründung von Hewlett-Packard, die seit 1959 in Böblingen ihren Deutschland-Sitz betreiben.

Umsatz
 Im Geschäftsjahr 2022 betrug der Umsatz des japanischen Konzerns bisher rund drei Milliarden Euro im Vergleich zu 2,1 Milliarden Euro im vorherigen Zeitraum.

Mitarbeiter
 Die Zahl gibt Advantest auf seiner Homepage mit 6464 an, in Böblingen sind über 700 davon beschäftigt.

Technologie
 Wesentliche Teile davon stammen aus den Böblinger Laboren, so zum Beispiel die Testsysteme für die immer wichtigeren Mobilfunk-Chips.