Die Hauptblüte von Hasel, Erle, Birke und Gräser hat teilweise schon begonnen. Foto: dpa/Angelika Warmuth

Derzeit ist es für Allergiker nicht einfach, den Pollen zu entkommen. Allergologen und Stiftung Warentest geben Tipps, welche Wirkstoffe helfen und welche nicht, welche rezeptfrei sind und obendrein wenig kosten.

Bis zu einer Milliarde Pollenkörnchen setzen einzelne Pflanzen frei, um das Fortbestehen der eigenen Art zu sichern. Und das tun sie nach Einschätzung von Experten immer früher.

Das beschert rund 15 Prozent aller Bundesbürger tränende Augen, tropfende Nasen und keuchenden Husten. Also gilt es sich zu wappnen – doch womit? Rezeptfreie Medikamente gibt es mehr als genug. Welche davon gut und obendrein noch günstig sind, hat die Stiftung Warentest auf Basis von Studien bewertet.

Die Ergebnisse sind in der aktuellen Zeitschrift „Test“ (3/2023) erschienen. Doch der Ärzteverband Deutscher Allergologen (Aeda) kritisiert: Einige Aussagen der Warentester würden nicht den gültigen Leitlinien und dem aktuellen Stand der Forschung entsprechen und seien teilweise irreführend.

Wann sollten Betroffene nach Meinung der Experten zum Arzt?

Grundsätzlich ist es wichtig, seine Beschwerden ärztlich abklären zu lassen: Heuschnupfen ist keine Bagatellerkrankung“, so die Aeda-Fachärzte. Ein Kind mit unbehandeltem Heuschnupfen hat eine Wahrscheinlichkeit von 40 Prozent, eine gesamte Schulnote während der Pollenflugzeit abzufallen. Auch sei jede zehnte Krankschreibung in Deutschland auf eine Allergie zurückzuführen.

„Wenn jemand merkt, dass rezeptfreie Heuschnupfenmittel die Beschwerden nicht ausreichend lindern oder über viele Wochen im Jahr nötig sind, ist Rücksprache mit Ärzten sinnvoll, um eine noch bessere Therapie zu finden“, sagt Bettina Sauer von der Stiftung Warentest. So wird in den fachärztlichen Leitlinien empfohlen, regelmäßig den Schweregrad zu überwachen und entsprechend die Dosierungen anzupassen.

Wie gut sind Antihistaminika in Form von Tabletten?

Antihistaminika zum Einnehmen sind nach Angaben der Fachärzte die erste Wahl, wenn es darum geht, Heuschnupfenbeschwerden zu lindern. Antihistaminika bremsen das Immunsystem aus, indem sie Andockstellen des Botenstoffs im Gewebe blockieren. Rezeptfrei erhältlich sind beispielsweise Mittel mit Cetirizin oder Loratadin. Sie entlasten die gereizten Schleimhäute in Nase und Augen, im Rachen und in den Atemwegen.

Empfehlenswert sind nach Ansicht der Warentester Tabletten mit dem Wirkstoff Cetirzin: Cetidex, Cetirizin AbZ, Cetirizin ADGC, Cetirizin AL, Cetirizin Axicur, Cetirizin Fair-Med, Cetixin. Allerdings weisen die Allergologen der Aeda daraufhin, dass der Wirkstoff „bei zehn Prozent der Nutzer die Blut-Hirn-Schranke passiert und dann zu Müdigkeit sowie Verkehrsuntauglichkeit führen kann“. Bereits im Jahr 2000 gab es hierzu Vergleichsuntersuchungen zu Loratadin. Präparate mit diesem Wirkstoff, die laut Warentest empfehlenswert sind, sind Lora ADGC, Loratadin Axicur, Loratadin AL.

Wie sinnvoll sind Nasenspray und Augentropfen?

Bei akuten Beschwerden wie Fließschnupfen, Niesen, Juckreiz in Nase und Augen, Rötungen und Schwellungen der Schleimhäute können Sprays und Tropfen mit Antihistaminika schnell Linderung bringen, erklärt Bettina Sauer. „Sie wirken gezielt am Einsatzort.“ Empfehlenswert sind nach Meinung der Warentester Mittel mit den Antihistaminika Azelastin, Levocabastin oder Ketotifen. Wenn möglich, sind Präparate ohne Konservierungsstoffe vorzuziehen, da diese auf Dauer die Schleimhäute schädigen.

Welche Augentropfen und Nasensprays sind empfehlenswert?

Die Stiftung Warentest empfiehlt folgende Augentropfen mit dem Wirkstoff Azelastin: Azela-Vision Sine, Azela-Vision MD Sine, Pollival, Azelastin Micro Labs, Allergo-Azelind, Azedil. Wirksame Augentropfen mit dem Wirkstoff Levocabastin sind: Levocamed und Livocab Direkt. Gute Augentropfen mit dem Wirkstoff Ketotifen, die vorbeugend und akut helfen, sind: Ketotifen Stulln, Allergo-Vision Sine und Zaditen Ophta. Gute Nasensprays mit den Wirkstoffen Azelastin oder Levocabastin sind: Azedil, Pollival, Vividrin Azelastin, Levocamed und Livocab Direkt.

Wie gut sind Nasensprays mit Cortison?

Cortisonsprays werden von Allergologen abhängig vom Schweregrad unbedingt empfohlen für alle Patienten mit mäßig bis schwerer Heuschnupfensymptomatik. „Weiterhin sind solche Sprays eine Alternative zu Antihistaminika als erste Wahl bei milden Beschwerden“, heißt es seitens der Aeda. Die Mittel enthalten den Wirkstoff Beclometason, Fluticason oder Mometason, der die allergiebedingte Entzündung hemmt. Auch sind sie mit Antihistaminika kombinierbar. So geben Allergologen bei mittelschweren bis schweren Beschwerden die Empfehlung, das Kombinationspräparat Cortison-Nasenspray mit Antihistaminika zu nutzen – gegebenenfalls in höherer Dosierung. „Die Sicherheit der Langzeitanwendung von Cortison-Nasensprays ist durch zahlreiche Studien gut erforscht“, heißt es seitens der Aeda. Empfehlenswert sind laut Warentester: Rhinivict Nasal, Ratioallerg Heuschnupfenspray, Otri-Allergie Nasenspray, Allergo-Momelind, Mometadex, Mometason Beta.

Wie gut sind Augentropfen und Nasensprays mit Wirkstoff Cromoglicinsäure?

Medikamente mit dem Wirkstoff Cromoglicinsäure brauchen Vorlauf: Sie sollten ab etwa ein bis zwei Wochen vor dem erwarteten Pollenflug eingenommen werden. In dem Beitrag der Stiftung Warentest werden Präparate mit diesem Wirkstoff empfohlen, was Allergologen der Aeda kritisieren: „Dies steht im Widerspruch zur aktuellen Leitlinie, da zu diesen Präparaten keine modernen Studien vorliegen und sie eine schlechtere Wirksamkeit haben als Antihistaminika“, so die Fachärzte.

Müssen rezeptfreie Medikamente von Betroffenen stets selbst bezahlt werden?

Nein. Die Behandlung eines Heuschnupfens sollte nach den gültigen Empfehlungen im Grundsatz zulasten der gesetzlichen Krankenkassen erfolgen – sofern die Beschwerden so ausgeprägt sind, dass die Lebensqualität darunter leidet. Auch die Dauer des Heuschnupfens ist wichtig: Nach gültiger Rechtsprechung dürfen Menschen mit anhaltendem Heuschnupfen die Medikamente zulasten der Krankenkasse bekommen. Ebenso wird die Hyposensibilisierung von den Krankenkassen erstattet. Als anhaltend gilt Heuschnupfen, wenn mehr als drei Tage pro Woche Symptome auftreten und die Episode mindestens vier Wochen andauert.

Wann kommt eine Hyposensibilisierung infrage?

In den geltenden Leitlinien der Fachärzte wird die Hyposensibilisierung als die einzig mögliche kausale Behandlung empfohlen, „um dem Immunsystem wieder Toleranz gegenüber dem Allergen beizubringen“, so die Aeda. Allerdings braucht diese Zeit: „Für die volle Wirkung müssen Allergiegeplagte etwa drei Jahre lang täglich Tabletten nehmen oder alle paar Wochen in der Praxis eine Spritze bekommen“, sagt Bettina Sauer.

Die Prognose nach einer solchen Therapie ist gut: Bei 90 Prozent der Patienten ist die Behandlung erfolgreich, und zwar anhaltend für bis zu zehn Jahre.

Pollenflugkalender erneuern

Kalender
Ältere Pollenflugkalender sollten Menschen mit Heuschnupfen besser bald

(PID) verändert sich im Zuge des Klimawandels das Auftreten mancher Pollenarten im Jahresverlauf. So habe die Erle ihre Hauptblütezeit im Vergleich zum bisherigen Kalender um neun Tage vorverlegt. Bei der Birken-Hauptblüte beträgt der Unterschied zur alten Version zwei Tage. Im neuen Kalender sind nur noch kurze Phasen ausgewiesen, in denen kein Pollenvorkommen für möglich erachtet wird. Der Kalender soll am 21. Februar auf der Webseite des Polleninformationsdienstes