Für eine Haftstrafe müssen rechtliche Voraussetzungen erfüllt sein. Foto: Eibner-Pressefoto/Eky Eibner

Polizeisprache ist oft schwer zu verstehen – wie der Fall eines Mannes aus dem Kreis Böblingen mal wieder zeigte.

Ein 27-Jähriger aus dem Kreis Böblingen, der sich vorige Woche wegen Drogenhandels, illegalem Waffenbesitz und anderer Straftaten auf dem Revier in Marbach im Kreis Ludwigsburg wiederfand, machte zuletzt Schlagzeilen. „Ganz klar, der geht ins Gefängnis“, dachte der Laie beim Lesen der Polizeimeldung– und wunderte sich dann über den Schlusssatz: Der 27-Jährige „wurde im Anschluss an die polizeilichen Maßnahmen auf freien Fuß gesetzt.“

„Wie kann das sein?“, fragt sich mancher bei diesem und ähnlichen Fällen – oft verbunden mit der Kritik an einer vermeintlich viel zu laschen Strafverfolgung.

Für eine Haft gibt es strenge rechtliche Voraussetzungen

„Man kann niemand auf Dauer vorläufig festnehmen“, erklärt Yvonne Schächtele, was es mit der Formulierung auf sich hat. Die Polizeihauptkommissarin ist Pressesprecherin bei dem für den Landkreis Böblingen zuständigen Polizeipräsidium Ludwigsburg. Die Strafprozessordnung schreibe klar definierte Abläufe vor. In diesem wie auch in anderen Fällen heißt dies: Wenn die Polizei einen Straftäter beziehungsweise Tatverdächtigen erwischt, nimmt sie diesen vorläufig fest. „Das heißt, wir nehmen ihn mit auf eine Polizeidienststelle“, erklärt die Pressesprecherin.

Dort folgt – um wieder eine typische Formulierung aus Polizeimeldung zu verwenden – die „Durchführung der notwendigen polizeilichen Maßnahmen“. Also Dinge wie Personalien aufnehmen, Fingerabdrücke nehmen, eventuell ein Anruf beim Anwalt oder eine persönliche Stellungnahme. Dann folgt die Entscheidung, ob es in eine Haftanstalt geht, oder man eben wieder „auf freien Fuß“ gesetzt wird.

„Wir leben in einem Rechtsstaat. Freiheit ist bei uns ein sehr hohes Gut“, erklärt Yvonne Schächtele, warum Menschen in Deutschland nicht einfach so hinter Gittern landen und für eine Haftstrafe zunächst rechtliche Bedingungen erfüllt sein müssen. Konkret heißt dies, dass die Polizei erst Kontakt mit der Staatsanwaltschaft aufnimmt, wo dann die Entscheidung fällt, ob ein Tatverdächtiger dem Haftrichter beim zuständigen Amtsgericht vorgeführt wird, wo ein zuvor schriftlich beantragter Haftbefehl dann „erlassen und in Vollzug gesetzt“ wird.

„Auf freiem Fuß“ muss nicht heißen, dass man straffrei davon kommt

Polizeisprecherin Yvonne Schächtele zählt die dafür notwendigen rechtlichen Voraussetzungen auf: die Schwere des Delikts, mögliche Vorstrafen oder Verstöße gegen Bewährungsauflagen sowie die Frage, ob es einen festen Wohnsitz gibt beziehungsweise ob Fluchtgefahr besteht.

Im Falle des 27-jährigen Tatverdächtigen aus dem Kreis Böblingen sah man bei der Staatsanwaltschaft die Voraussetzungen für eine Haftstrafe zunächst offenbar nicht erfüllt. „Auf freiem Fuß“ heißt aber nicht, dass gegen ihn nicht weiter ermittelt wird und er am Ende womöglich doch noch zur Haft beziehungsweise Untersuchungshaft in einer Justizvollzugsanstalt landen könnte.