Michael Blume, der Antisemitismusbeauftragte Baden-Württembergs, bekommt im Netz viele Hassnachrichten. Foto: dpa/Marijan Murat

Ein Internetaktivist hatte Michael Blume, den Antisemitismusbeauftragten Baden-Württembergs, via Twitter angegriffen. Nun stellt ein Dresdener Staatsanwalt das Ermittlungsverfahren gegen den antisemitischen Hassprediger ein. Was steckt dahinter?

Stuttgart - Die Staatsanwaltschaft in Dresden hat ein Ermittlungsverfahren wegen Beleidigung gegen einen Internetaktivisten eingestellt. Der Mann aus dem hessischen Alzenau hatte im vergangenen Dezember den Antisemitismusbeauftragten Baden-Württembergs, Michael Blume, auf der Plattform Twitter angegriffen: „Solchen falschen Juden @BlumeEvolution braucht’s in der Welt nicht, meine ich. Er hat seine Daseinsberechtigung verwirkt, durch sein Tun gegen die Schöpfung, denke ich.“

Der Diplom-Ingenieur hatte damit auf ein Interview Blumes im ZDF-„Morgenmagazin“ reagiert. Blume hatte sich im Gespräch mit der Fernsehmoderatorin kritisch über die Querdenker-Bewegung geäußert.

Seit April 2020 finden unter dieser Bezeichnung Kundgebungen gegen die staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Coronapandemie statt. Nach Einschätzung der Verfassungsschutzämter ist die Bewegung zu einem Sammelbecken von Verschwörungsideologen, Rechtsextremisten und rechten Esoterikern geworden.

Der Staatsanwalt sieht nicht genügend Anlass zu einer Klageerhebung

Der Dresdener Staatsanwalt befand jetzt, Internetaktivist Torsten S. werfe Blume „mit der ihm vorgeworfenen Äußerung eine nicht ausreichende Ausübung jenes Amtes – möglicherweise vor dem Hintergrund des interreligiösen Lebens des Anzeigeerstatters“ vor. Blume, ein Protestant, ist mit einer Muslima verheiratet. Der Staatsanwalt sieht nicht genügend Anlass, um die Ermittlungen fortzusetzen oder eine Klage zu erheben.

Lesen Sie auch den Kommentar zum Thema: Hasspredigern keinen fingerbreit Nährboden

In seiner Begründung geht der Jurist nicht darauf ein, dass der Internetaktivist auch schreibt, dass Blume „seine Daseinsberechtigung verwirkt“ habe. Diese Passage kann juristisch – gerade im Zusammenhang mit der Schmähung – auch als Aufruf dazu verstanden werden, Blume umzubringen. Die Inhalte noch existierender Social-Media-Konten von S. legen dessen Nähe zur Querdenker-Bewegung nahe.

Lesen Sie hier: Antisemitismusbeauftragter hält Verbindung von Querdenkern und QAnon für gefährlich

Der Angriff auf Blume kam für den nicht überraschend: „Inzwischen bekomme ich so viele Hassnachrichten, dass ich nur die, in denen Drohungen ausgesprochen werden, zur Anzeige bringe.“ Ausdrücklich lobt der Antisemitismusbeauftragte die Arbeit der Sicherheitsbehörden des Landes in seinem Fall. „Das Landeskriminalamt hat mich in der Sache sehr gut begleitet.“ Er gewänne immer stärker den Eindruck, dass sich in Baden-Württemberg da eine ganze Menge tue. „Wo sich überall Antisemitismus versteckt, wo er uns im Alltag begegnet, da wächst ein Bewusstsein gerade in den Behörden.“

Einige Bundesländer haben Hatespeech-Beauftragte benannt.

Hassrede – sogenannter Hatespeech – im Internet ist in Deutschland vor allem ein politischer Begriff, der Volksverhetzung, Beleidigung, Verleumdung, Nötigung sowie die öffentliche Aufforderung zu Straftaten einschließt.

Um solchen Hassausbrüchen im Netz zu begegnen, haben Nordrhein-Westfalen, Hessen und Bayern sogenannte Hatespeech-Beauftragte benannt. Dafür wurden bei den Staatsanwaltschaften Experten in Sonderdezernaten zusammengefasst. In München ist das Klaus-Dieter Hartleb, ausgestattet mit weitreichenden Befugnissen: Der Oberstaatsanwalt kann Ermittlungsverfahren einleiten, Durchsuchungsbeschlüsse ausstellen und erwirken, ist bei deren Vollstreckung bisweilen selbst dabei. Oft in schusssicherer Weste an der Seite der Polizisten.