Menschen legen am Unglücksort Blumen für die Opfer nieder. Foto: AFP/JUNG YEON-JE

Es ist eine der größten Tragödien des Landes in der jüngeren Geschichte: In einem Massengedränge in Südkoreas Hauptstadt Seoul sind über 150 Menschen gestorben.

In der südkoreanischen Millionenmetropole Seoul sind die Feiern zu Halloween in einer beispiellosen Katastrophe gemündet. Bei einem Massengedränge in Seouls beliebten Ausgehviertel kamen Samstagnacht (Ortszeit) mindestens 151 vorwiegend junge Menschen ums Leben, wie die Behörden mitteilten. Weitere 82 Besucher seien verletzt worden – davon trugen mehr als ein Dutzend schwere Verletzungen davon. Unter den Toten seien auch 19 Ausländer gewesen. Die Behörden fürchten, dass die Zahl der Todesopfer noch weiter steigen könne. Präsident Yoon Suk Yeol ordnete am Sonntagmorgen eine gründliche Untersuchung sowie eine Staatstrauer an.

Augenzeugen berichten, dass sich das Massenunglück ereignete, als es am Vorabend von Halloween in einer engen, leicht absteigenden Gasse in dem viel besuchten Viertel Itaewon zu einem extremen Gedränge kam. So wurde die nicht mal 100 Meter lange Gasse, an der sich zu beiden Seiten Bars und Restaurants reihen, für die Besucher zur Falle: Zahlreiche Menschen seien zu Boden gestürzt, während andere nachgerückt seien.

Viele der Opfer seien erstickt, erdrückt oder niedergetrampelt worden. „Da es viele Menschen auf dem Hügel gab, drückten Menschen die anderen von oben“, zitierte der öffentlich-rechtliche Sender KBS einen Zeugen. Sie alle seien wegen der Last gestürzt und dabei erdrückt worden.

Rettungskräfte kamen nur schwer zum Unglücksort

Augenzeugenberichten zufolge waren die Gassen rund um das Unglücksareal derart voll, dass sich die Rettungskräfte nur schwer ihren Weg durch die Menschenmassen bahnen und zu den Opfern vordringen konnten.

Online-Videos, die in sozialen Medien kursierten, zeigten Dutzende Personen, die am Straßenrand liegend mit blauen Plastikplanen bedeckt waren. Insgesamt hätten die Einsatzkräfte versucht, mehr als 50 Menschen wiederzubeleben, berichtete die nationale Nachrichtenagentur Yonhap. Demnach waren mehr als 140 Rettungsfahrzeuge im Einsatz. Das Gebiet wurde weitläufig abgesperrt. Die Leichname wurden in den Morgenstunden in eine Sporthalle transportiert, wo sie von Angehörigen identifiziert werden sollten.

Die genauen Umstände des schrecklichen Unglücks sind noch unklar. Die Polizei überprüft, ob Verstöße gegen Sicherheitsvorschriften vorliegen. Die ersten Meldungen über das Unglück gingen um etwa 22.15 Uhr Ortszeit bei Feuerwehr und Polizei ein.

Das alljährliche Halloween-Fest ist eine der größten öffentlichen Feiern in der Hauptstadt. Dieses Jahr fanden die Veranstaltungen statt, nachdem die Corona-Maßnahmen weitgehend gelockert wurden. Zehntausende Menschen zog es laut den Berichten ins Itaewon-Viertel, viele von ihnen in Halloween-Kostümen verkleidet.

„In Itaewon ist es jedes Jahr extrem voll, aber dieses Jahr war es einfach nur verrückt“, schrieb eine Frau auf ihrem Instagram-Account. Den Berichten zufolge machten Gerüchte die Runde, dass ein prominenter YouTuber auf dem Weg zu einem Club in der betroffenen Straße oder dort schon angekommen sei. Das habe noch einmal sehr viele Menschen angezogen.

Beleidsbekundungen aus dem Ausland

Präsident Yoon leitete in der Nacht zum Sonntag eine Notfallsitzung. Zuvor ordnete er an, weiteres Notfallpersonal in das Areal zu entsenden und Krankenhausbetten vorzubereiten. Seouls Bürgermeister Oh Se Hoon sagte den Berichten zufolge während eines Besuchs in Europa sämtliche Termine ab und war auf dem Weg zurück in die Hauptstadt. Die Stadt richtete eine Leitung für Vermisstenmeldungen ein.

„Das ist wirklich schrecklich“, sagte Präsident Yoon in einer Rede am Sonntag aus seinem Büro, das unweit des Ausgehviertels liegt. Die Tragödie im Zentrum von Seoul hätte nicht passieren dürfen. Als Präsident, der für das Leben und die Sicherheit der Bürger verantwortlich sei, fühle er tiefe Trauer. Die Phase, bis der Vorfall unter Kontrolle sei, werde die Regierung zur nationalen Trauerperiode erklären.

Auch im Ausland löste die Tragödie Entsetzen aus. Bundeskanzler Olaf Scholz äußerte den Hinterbliebenen und Opfern sein Mitgefühl. „Die tragischen Ereignisse in Seoul erschüttern uns zutiefst“, teilte der SPD-Politiker auf Twitter mit. „Unsere Gedanken sind bei den vielen Opfern und ihren Angehörigen. Das ist ein trauriger Tag für Südkorea. Deutschland steht an ihrer Seite.“

Er und seine Frau Jill trauerten mit den Menschen in Südkorea, hieß es in einer Erklärung von US-Präsident Joe Biden. „Die Allianz zwischen unseren Ländern war niemals pulsierender und lebendiger - und die Beziehungen zwischen unseren Bürger so stark wie nie.“