Im Bosch-Halbleiterwerk in Dresden kontrolliert ein Mitarbeiter einen Wafer, eine der Scheiben, auf der Mikrochips hergestellt werden. Foto: Baldauf&Baldauf Fotografie

Der Stuttgarter Technologiekonzern baut die Halbleiterfertigung in den nächsten Jahren um weitere drei Milliarden Euro aus. Davon profitieren die beiden Standorte Dresden und Reutlingen.

Der Technologiekonzern Bosch wird für den Ausbau seiner Halbleiter-Aktivitäten an den Standorten Dresden und Reutlingen weitere Fördergelder erhalten. „Ohne Förderung würde es das Werk hier in Dresden nicht so geben“, sagte Bosch-Chef Stefan Hartung . Grund dafür sei das technologische Risiko, das der Stuttgarter Konzern damit eingehe. Lob findet Hartung für den Standort – wegen der Fraunhofer-Institute und auch auch anderer Chiphersteller wie Infineon, die in dieser Region angesiedelt sind. Dies spiegele sich auch in den gut ausgebildeten Mitarbeiter wider.

Unter dem Dach des sogenannten European Chips Act stellen die Europäische Union und die Bundesregierung Fördermittel für den Aufbau der Mikroelektronik von insgesamt 43 Milliarden Euro zur Verfügung. Erklärtes Ziel von Brüssel ist es, den Anteil Europas an der weltweiten Halbleiterproduktion bis Ende der Dekade von zehn auf 20 Prozent zu verdoppeln. „Das ist superambitioniert“, so Hartung. Es ergebe aber „politisch Sinn“, um Europa als Industriestandort „attraktiv zu machen“, fügt Hartung hinzu.

Die Standorte Dresden und Reutlingen werden ausgebaut

Der Bosch-Chef kündigte an, dass die Halbleiterstandorte Dresden und Reutlingen ausgebaut werden sollen. Bis 2026 will Bosch weitere drei Milliarden Euro in seine Halbleitersparte investieren. Geplant sind unter anderem je ein neues Entwicklungszentrum in Reutlingen und Dresden für zusammen mehr als 170 Millionen Euro. Weitere 250 Millionen Euro sollen bereits im nächsten Jahr in den Ausbau des Halbleiterwerks Dresden fließen. Geplant ist die Erweiterung der Reinraumfläche um 3000 Quadratmeter. Damit werden die Produktionskapazitäten für Chips deutlich erhöht. Wie viel Förderung aus dem EU-Programm zu erwarten ist, konnte er nicht sagen. „Wir wappnen uns auch im Interesse unserer Kunden für eine unvermindert wachsende Chipnachfrage. Für uns steckt in den kleinsten Bauteilen großes Geschäft“, so Hartung. Als Beispiel nennt er das Auto: Im Laufe des Jahrzehnts werde sich der wertmäßige Chipanteil in Fahrzeugen vervierfachen, von knapp 200 auf mehr als 800 Euro.

Vor rund einem Jahr hat der Traditionskonzern das Werk in Dresden eröffnet. Schneller als geplant laufe die Produktion hoch. „Wir drücken aufs Tempo angesichts der Lieferengpässe in unseren Branchen“, so Hartung. Dennoch wird es dauern. Derzeit seien die Kapazitäten zu etwa zehn bis 15 Prozent ausgelastet. Es dürfte also noch einige Jahre dauern, bis das Werk voll läuft. 400 Mitarbeiter sollen bis Ende des Jahres in der Dresdener Fabrik beschäftigt werden – sie kommen aus 20 Ländern. Im Endausbau sollen es dann 700 werden.

800 Prozessschritte nötig

Aber nicht nur das Hochfahren der Fabrik dauert, sondern auch der Fertigungsprozess selbst. Im Schnitt dauert es etwa drei Monate, bis die Wafer bestückt sind, die Träger, auf denen die Chips geschrieben werden; dafür sind etwa 800 Prozessschritte erforderlich. Die ersten Halbleiter aus dem Werk sind übrigens in Bosch-Akkuschraubern zu finden. Künftig sollen die Chips aus dem sächsischen Werk überwiegend in der Autoindustrie vor allem in Autos zu finden sein. Die finalen Tests werden im Testzentrum in Malaysia gemacht.

Mit der nun geplanten Investition will sich Bosch aber auch neue Aktivitäten erschließen. „Neun von zehn Verkehrsunfällen gehen auf menschliche Fehler zurück – das sind die Unfälle, die mit automatisiertem Fahren vermieden werden können“, erläutert Hartung das Problem. Die neuen Radarsensoren, die das komplette Umfeld eines Autos umfassen, sollen die Sicherheit auf den Straßen erhöhen. Dabei geht es etwa um Radarsensoren, die das komplette Umfeld eines Autos erfassen können.

Die Datenbrille zeigt den Weg

Und speziell für die Konsumgüterindustrie arbeitet Bosch an einer Datenbrille (Smart Glasses). Das Modul soll so schmal sein, dass es in den Brillenbügel passt. Damit bekommt der Brillenträger Informationen aller Art – Wanderer etwa die Wegstrecke – direkt auf seine Gläser eingespiegelt, „ohne dass er selbst mit den Smart Glasses wie ein Außerirdischer aussieht“, verspricht Hartung. Auch in mehr als jedem zweiten Smartphone stecken mikromechanische Sensoren von Bosch.

Bosch stellt seit rund 60 Jahren Halbleiter her. Das Werk in Dresden, das im vergangenen Jahr eröffnet wurde, ist mit einem Investitionsvolumen von einer Milliarde Euro die bislang größte Einzelinvestition in der Geschichte des Unternehmens. Schon deutlich länger werden in Reutlingen Halbleiter produziert – und zwar seit gut 50 Jahren. Auch dort soll die Produktion erweitert werden. Bis 2025 investiert Bosch dort beispielsweise rund 400 Millionen Euro in den Ausbau der Fertigung sowie den Umbau von bestehenden Räumen in neue Reinraumflächen. Unter anderem entsteht am Standort ein neuer Gebäudeteil mit zusätzlich rund 3600 Quadratmetern hochmoderner Reinraumfläche. Insgesamt soll die Reinraumfläche in Reutlingen von zurzeit rund 35 000 Quadratmetern bis Ende 2025 auf mehr als 44 000 Quadratmeter wachsen.