Fahrzeuge mit Verbrenner können auch nach 2035 zugelassen werden – sofern sie mit E-Fuels laufen. Foto: dpa/Michael Kappeler

Auch nach 2035 können Neuwagen mit Verbrennungsmotor in der EU zugelassen werden. Die Bedingung: Sie können nur mit klimaneutralem Kraftstoff betankt werden.

Der Streit um das Verbrenner-Aus ist offiziell beendet. Das verkündeten Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) und EU-Kommissar Frans Timmermans am Samstag zeitgleich auf Twitter. „Der Weg ist frei: Europa bleibt technologieneutral“, schrieb der FDP-Politiker auf dem Kurznachrichtendienst. „Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor können auch nach 2035 neu zugelassen werden, wenn sie ausschließlich CO2-neutrale Kraftstoffe tanken.“ Wie die nach wochenlangem Streit nun erzielte Einigung genau aussieht, bleibt allerdings unklar.

Timmermans twitterte, die Arbeiten über die geplante Regulierung des CO2-Ausstoßes von Autos würden nun fortgesetzt und sollten „so schnell wie möglich“ abgeschlossen werden. Wissing betonte, dass die von ihm von Brüssel immer wieder geforderten „konkreten Verfahrensschritte und ein konkreter Zeitplan verbindlich fixiert“ worden seien. Dies solle bis Herbst 2024 abgeschlossen werden.

Die erste Hürde soll bereits am Dienstag genommen werden. Dann findet die endgültige Abstimmung aller 27 EU-Staaten statt. Neben Deutschland standen dem Vorhaben ursprünglich auch andere Länder wie Italien, Österreich und Polen kritisch gegenüber. Mit der deutschen Zustimmung gilt es aber als sehr wahrscheinlich, dass die notwendige Mehrheit für die Regelung erreicht wird. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) will nun die Besteuerung von Kraftfahrzeugen reformieren. Autos, die mit klimaneutralen synthetischen Kraftstoffen – den sogenannten E-Fuels – betankt werden, sollten künftig geringer besteuert werden als die derzeit mit Benzin oder Diesel betriebenen Fahrzeuge, sagte der FDP-Vorsitzende.

Eigentlich hatten sich Europaparlament und EU-Staaten bereits im Oktober darauf geeinigt, dass in der Europäischen Union ab 2035 nur noch emissionsfreie Neuwagen zugelassen werden dürfen. Dann aber blockierte Deutschland plötzlich die Einigung, weil die FDP in der deutschen Ampel-Koalition darauf bestand, dass auch danach noch Neuwagen mit Verbrennungsmotoren zugelassen werden können, die mit E-Fuels betankt werden. Das sind klimaneutrale, künstliche Kraftstoffe, die mit Ökostrom erzeugt werden.

Kritiker monieren Energieeinsatz bei E-Fuels

Kritiker monieren, dass zur Herstellung von E-Fuels überaus viel Energie gebraucht werde und diese Kraftstoffe knapp seien. Sie würden in der Luft- und Schifffahrt dringender gebraucht als im Individualverkehr. Mehr als fraglich bleibt auch, ob es für einen Masseneinsatz in Autos überhaupt genügend E-Fuels geben wird. Konkret soll nun offensichtlich eine neue Fahrzeugkategorie für ausschließlich mit E-Fuels betriebene Autos geschaffen werden. Das zumindest steht im letzten Einigungsvorschlag aus Berlin an Brüssel, der nun wohl übernommen worden ist. Darin bindend vorgesehen ist auch die „sofortige Zulassungsmöglichkeit dieser Fahrzeuge“.

Ob mit E-Fuels betriebene Autos in der Praxis tatsächlich eine Chance haben, gilt aber noch als völlig offen. Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer nennt als Argument gegen solche Antriebe die hohen Kosten für die Herstellung der Kraftstoffe und die „gruselige Energiebilanz“ – bei der Herstellung wird extrem viel Strom verbraucht. Die Präsidentin des deutschen Verbands der Automobilindustrie, Hildegard Müller, reagierte dennoch positiv auf den Kompromiss. Zwar bleibe E-Mobilität die zentrale Technologie, um die Klimaziele im Verkehr zu erreichen. E-Fuels seien jedoch eine wichtige Erweiterung. Von Greenpeace hingegen kam scharfe Kritik. „Dieser faule Kompromiss untergräbt Klimaschutz im Verkehr, und er schadet Europa“, sagte der Mobilitätsexperte der Umweltorganisation, Benjamin Stephan, in Berlin.

Bevor die Autos im Jahr 2035 mit E-Fuels betankt werden dürfen, muss auch die technische Frage geklärt werden, wie gewährleistet wird, dass die Fahrzeuge nur mit dem klimaneutralen, künstlichen Kraftstoff betankt werden. Dazu erklärte Wissing, das müsse etwa durch Sensortechnik sichergestellt werden. Möglich wäre allerdings auch, die Größe der Einfüllstutzen zu verändern. Diese Lösung hat allerdings die Autoindustrie als zu teuer bereits abgelehnt.