Der Schneider, das Model und der Fotograf: Azzedine Alaïa, Maria Johnson und Peter Lindbergh 1984 in Paris. Foto: Taschen Verlag

Die einen macht Schwarz depressiv, für die anderen ist es das reine Glück. Ein brillanter Bildband dokumentiert die kongeniale Zusammenarbeit des Fotografen Peter Lindbergh mit dem Modeschöpfer Azzedine Alaïa und deren Obsession für lange Schatten und dunkle Roben.

Stuttgart - Schwarz-weiß fotografieren heißt: Konzentration aufs Wesentliche, auf Form und Struktur. Werden Farben in eine Sprache der Graustufen übersetzt, geschieht etwas. Nicht selten verliert ein Motiv, das durch ein aufdringliches Rot beeindruckt, seinen Reiz. Das Gerücht, Schwarz-Weiß sei authentischer, ist nur ein Gerücht. Schwarz-Weiß, das ist im besten Fall die Abstraktion. Die Loslösung vom Gegenstand.

Klare Silhouetten

Den Fotografen Peter Lindbergh und den Modeschöpfer Azzedine Alaïa verband neben der Faszination für Kunst und Mode auch die Liebe zum Schwarzen. Beide waren befreundet, lebten bis zu ihrem Tod in Paris, der Stadt des Existenzialismus und der Haute Couture. Dem Designer diente Schwarz stets als Inspirationsquelle: Jedes Kleidungsstück entwarf er zunächst in Schwarz, weil das „die Silhouette klarer hervortreten lässt“. Lindbergh wiederum fotografierte fast ausschließlich in Schwarz-Weiß, Schauspielerinnen, Sängerinnen, Top-Models. Ein Bildband des Taschen Verlages begleitet eine Ausstellung in der Pariser Fondation Azzedine Alaïa und feiert die beiden Schwarz-Weiß-Seher, den Deutschen und den Tunesier. Zu bewundern sind schöne Frauen wie Tatjana Patitz, Madonna oder Naomi Campbell in wundervollen Roben von Alaïa. Körper, die wie Skulpturen wirken, Haut, die in Stoff übergeht, Faltenwürfe wie Krater, Licht und Schatten. Und das alles ohne roten Lippenstift.