Für die Landschaftsschutzgebiete gibt es Verordnungen. In ihnen steht, was dort erlaubt ist und was nicht. Foto: Michael Steinert

Die Gemeinde Steinenbronn plant eine Baustraße im Landschaftsschutzgebiet Glemswald. Eine, die sogar dauerhaft bleiben könnte. Das wirft Fragen auf.

Steinenbronn - Eine dauerhafte Baustraße in einem Landschaftsschutzgebiet? Der eine oder andere dürfte sich hier verwundert die Augen reiben. Geht das überhaupt? Die Gemeinde Steinenbronn hat, wie berichtet, eben dies vor. Um die völlig marode Straße namens Sonnenhalde am westlichen Ortsrand zu sanieren, ist eine Baustraße geplant, die sogar zu einer dauerhaften Straße werden könnte. So hatte es der Bürgermeister Ronny Habakuk in der jüngsten Sitzung des Gemeinderats erklärt, und die Fraktionen haben dem Vorhaben zugestimmt.

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Diese Baustraße würde im Landschaftsschutzgebiet Glemswald gebaut werden. Schon vor längerer Zeit sei die Kommune erstmals mit dieser Idee auf die Untere Naturschutzbehörde des Landkreises Böblingen zugegangen, wie Carmen Misch von der Behörde auf Nachfrage unserer Zeitung berichtet.

Wie die Baustraße verlaufen könnte

Der Grund für die Straße ist: Ohne sie kämen die Bewohner der steilen und schmalen Stichstraße Sonnenhalde nicht mehr mit dem Auto zu ihren Häusern, während die Straße saniert wird. Zudem sei davon auszugehen, dass es künftig keinen Begegnungsverkehr mehr auf der Sonnenhalde geben kann – dies sei bereits heute aufgrund der Enge schwierig, erklärt die Sprecherin des Landratsamts Böblingen, Simone Hotz. Daher gebe es die Überlegung, die Baustraße dauerhaft zu belassen und die Anwohner über eine Art Einbahnstraßenring zu lenken.

Die Baustraße, die aktuell im Gespräch ist, wäre etwa 250 Meter lang, würde von der Wendeplatte im Tal parallel zur Sonnenhalde im Westen verlaufen und oben an die Schönaicher Straße angedockt werden. Details gebe es derzeit allerdings noch keine, entsprechende Planungen würde erst folgen. Im nächsten halben, dreiviertel Jahr sollen Experten Fauna und Flora im Landschaftsschutzgebiet genauer unter die Lupe nehmen, um dann festzulegen, welche Ausgleichsmaßnahmen nötig seien, erklärt Carmen Misch von der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises Böblingen.

Entscheidend ist das öffentliche Interesse

Die Behörde habe bereits abgewogen, ob eine solche Straße an dieser Stelle überhaupt Aussicht auf eine Genehmigung hätte. Hätte sie offenbar. In solchen Fällen stelle man beispielsweise gegenüber, wie dringend die Straße sei und wie stark dafür in die Natur eingegriffen werden müsse. Genehmigt werde ein solches Bauwerk, „wenn das dem Schutzzweck nur unwesentlich zuwiderläuft“, erklärt Misch. Das gelte beispielsweise auch für Zäune oder den Bau sowie die Veränderungen von Flugplätzen. All dies sei in der Verordnung zum Landschaftsschutzgebiet Glemswald geregelt. Entscheidend sei letztlich, ob das öffentliche Interesse an einer solchen Baustraße, die im zweiten Schritt auch zu einer dauerhaften werden könnte, groß genug ist.

Auf die Frage, ob das öffentliche Interesse an einer Straße mit Blick auf die fortschreitende Klima- und Artenkrise höher sei als am Erhalt von Natur, sagt die Sprecherin des Landratsamts Simone Hotz: „Diese Frage ist bei uns nicht richtig verortet.“ Es sei eine politische. Das Umweltministerium Baden-Württemberg kann politische Fragen beantworten, tut dies, auf den Steinenbronner Fall angesprochen, aber nur allgemein: Man könne „keine pauschalen Aussagen treffen“, so die Sprecherin Mareike Schiffko. „Hier ist die Gesamtschau aller Umstände des konkreten Einzelfalls ausschlaggebend.“