Der Wärmenetz-Ausbau beschäftigt Stuttgart. Sind die Pläne zu zurückhaltend? Foto: Judith A. Sägesser, Lichtgut/Leif Piechowski/Christoph Schmidt

Die Stadt denkt zu klein beim Heizen, urteilen Kritiker. Viel mehr Quartiere sollten zu Netzgebieten erklärt werden. Es zeichnet sich ab, dass die Stadt das nicht ignorieren wird.

Um es knapp zu sagen: Die Neun-Punkte-Liste liest sich als Generalkritik an den Planungen der Stadt dafür, wie die Stuttgarter künftig heizen sollen. Die Richtung, in die seit anderthalb Jahren gedacht wird, ist die falsche aus Sicht der Verfasser. Das sind der BUND Stuttgart, die Naturfreunde, das Klima- und Umweltbündnis Stuttgart und 70599_Lebenswert aus Birkach/Plieningen.

Demnächst werden Vertreter der Stadt erläutern, wie sie sich die erste Fortschreibung der kommunalen Wärmeplanung nach dem Beschluss Ende 2023 vorstellen; dann könnte auch der eine oder andere Punkt berücksichtigt werden, den die Kritiker anmerken. So jedenfalls die Hoffnung von Michael Jantzer (BUND) und Jürgen Schmid (Naturfreunde).

Was wird aus der Albsiedlung in Degerloch?

Was für sie nicht passt: dass Wärmenetze nur in halb Stuttgart vorgesehen seien; dass beispielsweise Quartiere wie die Albsiedlung in Degerloch laut Wärmeplanung Einzelversorger wären, was aber nach ihrer Einschätzung aufgrund der vielen Mehrfamilienhäuser mehr als fraglich erscheint. Die Kritik ist so alt wie die Wärmeplanung.

Jürgen Schmid in der Albsiedlung: Wie soll hier künftig geheizt werden? Foto: Archiv Lichtgut/Ines Rudel

Geht es nach den Initiativen, würden alle Quartiere ab einer Wärmedichte von 400 Megawattstunden pro Jahr und Hektar grundsätzlich als potenzielle Netzgebiete ausgewiesen werden. Momentan liege die Schwelle in Stuttgart bei mehr als 1000 Megawattstunden.

Wer es umsetze und ob, sei doch erst einmal zweitrangig, sagt Jantzer. „Das ist ein Jahrhundertprojekt. Politik muss einen Möglichkeitsraum aufzeigen.“ Nicht von vornherein ausschließen. „Man sollte der Stadtgesellschaft sagen: Ihr könnt euch auch selbst auf den Weg machen.“ Wichtig in diesem Zusammenhang sei, dass alle Daten der städtischen Planung offengelegt und die Kriterien verständlich erklärt würden. Damit Interessenten schneller einsteigen können.

Im Vorfeld habe es Gespräche mit den Fraktionen im Gemeinderat gegeben, sagt Schmid. „Wir sind bei fast allen auf offene Ohren gestoßen.“ Auch bei den Grünen, die bisher stets komplett loyal zur Wärmeplanung des Amts fürs Umweltschutz gestanden hätten. „Das ist schon mal ein Erfolg für uns.“

Ein gemeinsamer Antrag der Fraktionen ist entstanden und bei der Verwaltung Anfang Juli eingegangen. Noch steht der mündliche Bericht zu Fortschreibung der kommunalen Wärmeplanung auf der Tagesordnung des Ausschusses für Klima und Umwelt am 11. Juli, doch das Thema wird dem Vernehmen nach wieder gestrichen und auf die Zeit nach der Sommerpause vertagt.

Die priorisierten elf Wärmenetze in Stuttgart

Insgesamt kommt der Netzausbau in Stuttgart schleppend voran. Im November 2024 hatten die Stadtwerke die ersten elf Gebiete genannt. Aus heutiger Sicht muss man sagen: Laut der Umsetzungsplanung müssten in diesem Jahr zwei weitere Wärmenetze in Angriff genommen werden: Weilimdorf/Hausen (drei Kilometer bis 2027) und Münster (0,5 bis 2050). Beide Netze sind bisher allerdings nicht mehr als eine Absichtserklärung.