DFB-Präsident Bernd Neuendorf sendet klare Botschaften an die Fifa. Foto: AFP/INA FASSBENDER

DFB-Präsident Bernd Neuendorf positioniert sich bei seiner Regierungserklärung zur Wüsten-WM in Katar gegen den Weltverband Fifa und dessen Präsidenten Gianni Infantino.

Das Stadion des katarischen Erstligisten Al-Shamal SC hoch droben im Norden des Emirats ist gebaut wie eine Burg. Das rote Gemäuer hat vier Türme im Eck, der Sichtschutz auf dem zum Trainingsplatz der DFB-Elf umfunktionierten Gelände ist also gegeben. In der Wüstenhitze liefen am trainingsfreien Freitagmittag die letzten Vorbereitungen für die erste deutsche Übungseinheit im Gastgeberland der WM an diesem Samstag. Draußen werkelten die Greenkeeper und trimmten den Rasen, später trugen sie die Tore unter einem Burgturm durch eine schmale Gasse hinein. Sie schwitzten ordentlich, als sie die kleine Bühne für die deutschen Gladiatoren bereiteten.

Neuendorf läuft auf dem Podium heiß

Drinnen wiederum, in der angrenzenden Turnhalle, die dem DFB während des Turniers als Medienzentrum dient, war die Luft dank der klirrenden Klimaanlage eiskalt – und der Mann, der bei der ersten WM-Pressekonferenz des DFB in Katar aufs Podium trat, lief passend zur brummenden Kühlanlage auch auf Hochtouren. Er tat das zwar stets mit kühlem Kopf. Aber der Verbandspräsident Bernd Neuendorf, der die WM für den DFB offiziell einläutete, lieferte alsbald hitzigen Diskussionsstoff.

Denn der Mann, der die Brille meist auf der Stirn trägt, schärfte den Blick und die Sinne. Er probte nicht weniger als eine Art Aufstand gegen den Weltverband Fifa. „Es gibt einige Dinge, die mich in letzter Zeit verstört haben“, sagte Neuendorf also: „Es geht bei der WM um die allgemein gültigen Menschenrechte – dahinter sollten wir uns alle versammeln können, gerade auch die Fifa.“

Und dann ging sie so richtig los, die Neuendorf-Show. Ruhig im Ton, aber klar und eindeutig in der Sache, so positionierte sich der DFB-Chef mit Blick auf die Missstände im Gastgeberland Katar und das flankierende Gebaren der Fifa.

DFB nimmt Geldstrafe in Kauf

Selbst mögliche Sanktionen für das Tragen der „One Love“-Armbinde des Kapitäns Manuel Neuer, das wurde am Freitagmittag klar, schrecken Neuendorf nicht mehr ab. Neuer wird während der Endrunde eine mehrfarbige „One Love“-Kapitänsbinde tragen, als Zeichen für Toleranz und Weltoffenheit. Noch ist offen, ob die Fifa dafür eine Sanktion aussprechen würde. Neuendorf sagte dazu nun so trocken wie eindeutig dies: „Ich persönlich wäre durchaus bereit, eine Geldstrafe in Kauf zu nehmen, denn für mich ist das keine politische Äußerung, sondern ein Statement für Menschenrechte.“

Nach acht Monaten an der DFB-Spitze hat da also einer die Scheu vor den Mächtigen im Weltverband abgelegt. Konkret kritisierte Neuendorf die Fifa auch für ihr kürzlich ausgesprochenes Verbot der dänischen Trainingstrikots mit dem Slogan „Menschenrechte für alle“.

Einmal in Form gekommen, geißelte er den Weltverband zur Feier des Tages auch noch für dessen Schweigen zur Niederschlagung der Proteste für Gleichberechtigung im WM-Teilnehmerland Iran. „Ganz generell sollte man dazu Position beziehen, die sehr mutigen Frauen im Iran verdienen jede Aufmerksamkeit und Unterstützung“, sagte Neuendorf.

Keine Unterstützung von Infantino bei der Wiederwahl

Ein Zeichen wiederum hat der DFB kürzlich selbst schon dadurch gesetzt, dass er Infantino die offizielle Gefolgschaft verweigerte. Denn der deutsche Verband wird den 52-Jährigen auf dem Weg zu seiner Wiederwahl als Fifa-Chef nicht unterstützen. Trotz seiner diversen Verfehlungen haben dem seit 2016 amtierenden Schweizer die Kontinentalverbände aus Südamerika, Asien, Afrika und Ozeanien ihre Unterstützung für die Wahl im März 2023 signalisiert.

Neuendorf verteidigte am Freitag erst die ausgebliebene Nominierung eines Infantino-Herausforderers seitens des DFB. Derjenige Kandidat, so Neuendorf, „wäre in ein chancenloses Rennen gegangen, das will man niemandem antun.“

Dann merkte der DFB-Boss aber spitz an, dass er sich in der weiten Fußballwelt mit all den zwielichtigen Unterstützern des zwielichtigen Infantino nicht allein wähnt. „Ich fühle mich nicht isoliert – ein Kontinentalverband hat Infantino nämlich nicht nominiert: die Uefa.“

Auch über die gemeinsame Kraft des europäischen Verbands gegen die Machenschaften des Weltverbands sprach Bernd Neuendorf bei seiner Regierungserklärung – die an Deutlichkeit kaum zu überbieten war.