Das Banner hing zehn Tage am Burgplatz. Foto: privat

Eine überparteiliche Initiative hat ein großes buntes Banner mit der Aufschrift „Marbach für Demokratie und Vielfalt“ am Burgplatz aufgehängt, nun musste es entfernt werden. Was steckt dahinter?

Drei mal fünf Meter groß, bunte Farben und der Satz „Marbach für Demokratie und Vielfalt“ – zehn Tage lang hing das Banner am Marbacher Burgplatz. Seit Montagabend ist es weg. Es musste abgehängt werden, der Bürgermeister hatte interveniert.

Nun ist die Aufregung groß. Warum darf ein Plakat mit der Aufschrift „Marbach für Demokratie und Vielfalt“ nicht auf dem Burgplatz hängen? „Ich war entsetzt, als ich erfuhr, dass das Banner abgehängt werden muss“, sagt Susanne Wichmann. Sie ist Grünen-Stadträtin in Marbach und Teil des Teams „Marbach ist bunt“, das aus Mitgliedern verschiedener Parteien besteht.

„Wir sehen es als unsere Pflicht, für die Demokratie einzutreten“

Das Banner, nachdem es von der Mauer abgehängt wurde. Foto: privat

Das Team hat das Banner vor einem Jahr gemeinsam entworfen. „Wir sehen es als unsere Pflicht, für die Demokratie einzutreten, die derzeit von extremistischen Kräften bedroht wird“, sagt Wichmann. Das Marbacher Bündnis für Demokratie und Vielfalt wird von fast 40 Initiativen, Gruppen, Parteien, Kirchen und Einzelpersonen getragen. „Das Banner wieder aufzuhängen war auch ein Impuls auf den Wahlstand von Demokratiefeinden Mitte Januar in der Marktstraße, der viele Bürgerinnen und Bürger schockiert hat“, berichtet Susanne Wichmann.

Der Marbacher Bürgermeister Jan Trost argumentiert, dass „besonders in diesen aufgeheizten Wahlkampfzeiten“ die Stadt Marbach darauf achten müsse, „dass die geltenden Regeln genau eingehalten werden“. Laut den Vorgaben zum Plakatieren dürfen „an denkmalgeschützten Bauten und Einrichtungen Plakate und Plakatständer nicht angebracht werden“. Das gelte also auch für den Burgplatz.

Darüber hinaus hatte das Team „Marbach ist bunt“ das Banner ohne Genehmigung der Stadtverwaltung aufgehängt. Wobei man die Genehmigung „nach unseren Richtlinien auch nicht erteilen hätte können“, so der Bürgermeister. Der Inhalt des Banners spiele dabei keinerlei Rolle. „Die Verwaltung hat nach den Regularien keinen Spielraum an diesem Ort.“

Laut Susanne Wichmann wurde das Banner am 24. Januar ohne Genehmigung an der Mauer des Burgplatzes festgemacht: „Dafür übernehme ich gern die Verantwortung.“ Den Argumenten des Bürgermeisters zu einer Neutralitätspflicht der Stadt im Vorfeld von Wahlen könne das Orga-Team „Marbach ist bunt“ aber nicht folgen, „da mit diesem Banner keine Wahlempfehlung ausgesprochen wird“. Es gehe um etwas viel Größeres, so Susanne Wichmann. „Mit der anstehenden Bundestagswahl sind grundlegende Menschenrechte, der öffentlich-rechtliche Journalismus, Klimaziele und die EU in Gefahr. Es ist nicht die Zeit, sich hinter Neutralität zu verstecken.“ Irritiert zeigt sich Wichmann, dass Bürgermeister Jan Trost, in dem Banner eine mögliche versteckte Wahlwerbung für die Grünen gesehen habe. Das habe er ihr gegenüber gesagt.

„Dass Herr Trost mit dem Wort ,Vielfalt’ und dem bunten Hintergrund Werbung für die Partei Bündnis 90/Die Grünen assoziiert, erstaunt mich sehr“, sagt Susanne Wichmann. „Vielfalt bedeutet, die Akzeptanz vieler verschiedener Sichtweisen und Meinungen und dass verschiedene Gruppen ihre Ziele verfolgen und Ideen teilen können. Vielfalt ist ein Schlüsselprinzip der Demokratie und ich möchte keiner demokratischen Partei absprechen, auch für diese Werte einzustehen.“ Jan Trost sagt auf Nachfrage zur angeblichen Wahlwerbung: „Diese Unterstellung weise ich entschieden zurück.“

Banner kann auf Privatfläche hängen

Jan Trost hätte sich im Vorfeld eine Abstimmung mit der Verwaltung über das Aufhängen des Banners gewünscht. „Es wäre sicher eine einvernehmliche Lösung an anderer Stelle möglich gewesen.“ Es spräche auch nichts dagegen, wenn das Banner auf Privatfläche aufgehängt wird.

Genau das hat die Initiative jetzt vor. Das Banner wird über das Wochenende am Marktplatz nahe der dortigen Bäckerei hängen. Dort kann es jedoch nicht länger bleiben. Daher wird weiterhin ein geeigneter Platz gesucht, wo das Banner gut sichtbar bis zur Bundestagswahl hängen bleiben könnte.

Am Samstag findet die Kundgebung „Marbach ist bunt“ statt. Von 10.30 Uhr an lädt das Bündnis für Demokratie und Vielfalt vor die Alte Sakristei ein. Das Motto: „Wir sind mehr“. Bei der Kundgebung werden Vertreter aus Politik, Kultur und Zivilgesellschaft über Vielfalt als Stärke und Demokratie als gemeinsame Aufgabe sprechen.