Die BNE-Beauftragten (von links) Anja Fischer und Anja Daub mit Ministerin Theresa Schopper. Foto: Ralf Poller/Avanti

Theresa Schopper (Grüne) stellt sich bei der Veranstaltung „Schule trifft Wirtschaft“ den Fragen zum Thema Bildung für nachhaltige Entwicklung. Von ihren unkonkreten Antworten sind viele enttäuscht.

Es ist ein besorgniserregendes Bild, das Stefan Ranzinger am Donnerstagabend im beruflichen Schulzentrum Bietigheim-Bissigheim beschreibt: Die Erderwärmung schreitet schneller voran als gedacht, Trinkwasser wird zur Mangelware und nur jeder fünfte Baum in den Wäldern ist gesund. Es sind aktuelle Meldungen, die der Schulleiter aufführt. „Da braut sich ordentlich was zusammen“, sagt Ranzinger.

Wer erkläre den Kindern und Jugendlichen, warum es eine Energie- und Verkehrswende brauche, was Kipppunkte seien oder wie Greenwashing funktioniere, fragt der Schulleiter. Bildung für nachhaltige Entwicklung, kurz BNE, sei in Beruflichen Schulen kaum verbindlich verankert.

„Halten die Grünen ihr Wahlversprechen?“

Damit die Kür zur Pflicht wird, hat er zur 17. Veranstaltung „Schule trifft Wirtschaft“ die Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) eingeladen. Eine Gelegenheit, die viele Schülerinnen, Schüler und Lehrkräfte nutzten, um Fragen zu stellen. „Würden Sie sagen, dass die Grünen ihre Wahlversprechen halten?“, fragt Umut Jonas Yumusak, Schüler der 11. Klasse. Die Antwort der Kultusministerin fällt ebenso ausführlich wie vage aus. Bei den Windrädern könnte man die Bremsen lockern, die Bio-Landwirtschaft weiter vorantreiben, gibt sie zu. Für den Schüler nicht genug: „Ein einfaches ,Nein’ hätte auch gereicht.“ Dass er die Frage eindeutig beantworten könnte, kann er in wenigen Sätzen deutlich machen, bevor das Mikrofon weitergereicht wird.

Ein Schüler des Technischen Gymnasiums fragt, weshalb man erst so spät über BNE spreche, ab welcher Klasse und in welchen Fächern BNE zum Bestandteil werden soll. Ihm fehlt es offenbar an konkreten Plänen und Aussichten. BNE sei seit 2016 als Leitperspektive verankert, beginnt die Kultusministerin, und solle in allen Klassenstufen und unterschiedlichen Fächern vorkommen. Sei es der Schulgarten oder die Erforschung eines Teichs. Dass die Leitlinien nicht im Lehrplan der Beruflichen Schulen vorkommen – darauf macht sie Stefan Ranzinger später aufmerksam.

Mehr Zeit für nachhaltige Wirtschaftsformen

Sein Stellvertreter Tillmann Holzwarth berichtet davon, dass nur drei Prozent im Lehrplan für nachhaltige Wirtschaftsformen belegt sind. „Machen wir so unsere Schüler zukunftsfähig?“, fragt der Lehrer für Betriebswirtschaftslehre. Es sei das Wirtschaftsmodell, mit dem Baden-Württemberg wirtschaftsstark geworden sei, sie nehme seine Anregungen aber mit. Ganz genau kenne sie den Lehrplan nicht.

„Wir bräuchten mehr Freiräume im Lehrplan, die nicht von Fächern und Noten belegt sind“, fordert Nora Oehmichen von Teachers for Future. Theresa Schopper widerspricht: Die Freiräume seien da, man müsse sie sich nur nehmen. Von den Lehrerinnen erntet sie dafür energisches Kopfschütteln. „Dafür ist die Arbeitsbelastung zu hoch, es fehlt an Fortbildungen“, sagt Silke Müller-Lehmann später. Die zwei Lehrerinnen zeigen sich enttäuscht, von einer grünen Kultusministerin hatten sie mehr erwartet.

Einladung ins Ministerium zum weiteren Gespräch

Eine Schülerin berichtet von dem Besuch einer Aktivistin der Gruppe Letzte Generation, die erzählt habe, dass Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) nicht mit ihnen reden wolle. „Ist der Landesregierung der Dialog mit unserer Generation nicht wichtig genug?“ Mit Fridays for Future habe man schon öfters gesprochen, sagt Schopper und lässt die eigentliche Frage damit unbeantwortet – wie so viele an diesem Abend. „BNE findet an Schulen kaum statt, ich denke die Botschaft kam heute an“, sagt Ranzinger. Wie die Kultusministerin damit umgeht, wird sich auch bei dem Gespräch zeigen, zu dem sie die Schulleitungen an diesem Abend eingeladen hat.

„Sie haben mich ein bisschen gegrillt“, sagt Schopper zum Abschluss. Die BNE-Beauftragten Anja Daub und Anja Fischer hatten im Voraus die Schüler zu ihrem Wissenstand und ihren Einstellungen befragt. 29 Prozent glauben, die Politik nimmt den Klimaschutz nicht ernst genug. Theresa Schopper hätte an diesem Abend die Bühne nutzen können, um den Schülern das Gegenteil zu beweisen. Stattdessen fühlte sich der eine oder andere von leeren Worthülsen der Kultusministerin abgespeist.