Live-Übertragung einer TV-Debatte zwischen Emmanuel Macron und Marine Le Pen. (Archivbild) Foto: AFP/LUDOVIC MARIN

Bei den Präsidentschaftswahlen entscheidet Frankreich, wer künftig die Geschicke des Landes maßgeblich lenken wird. Was unterscheidet die Wahl im Nachbarland von der deutschen? Ein Überblick.

Wenn die Französinnen und Franzosen am Sonntag wählen gehen, sind die meisten Kandidaten für die Präsidentschaft bereits ausgeschieden. Und im Gegensatz zum deutschen Bundespräsidenten bestimmt das französische Staatsoberhaupt maßgeblich die Politik des Landes. Auch sonst laufen bei der Wahl des Präsidenten oder der Präsidentin in Frankreich bedeutende Dinge anders im Nachbarland Deutschland. Die wichtigsten Eckpunkte kompakt erklärt:

Was darf der Präsident?

Frankreichs Präsident oder Präsidentin ist mit sehr viel Macht ausgestattet und deutlich einflussreicher als der Regierungschef. Das Staatsoberhaupt ist Armeechef, kann über Militäreinsätze und den Gebrauch von Atomwaffen entscheiden. Für längere Einsätze oder eine Kriegserklärung benötigt der Präsident das Okay des Parlaments. Er ernennt den Premierminister und auf dessen Vorschlag hin die übrigen Minister der Regierung.

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Der Staatschef leitet die wöchentliche Kabinettssitzung, in der etwa über Gesetzesvorschläge beraten wird. Gesetze verabschiedet das Parlament. Der Präsident kann die Nationalversammlung auflösen und Referenden ansetzen. In Gefahrensituationen gewährt die Verfassung ihm nahezu volle Kontrolle über den Staat.

Wer kann Präsident oder Präsidentin werden?

Alle Erwachsenen mit französischer Staatsbürgerschaft können antreten, wenn sie ihren Pflichten zu zivilen oder militärischem Dienst nachgekommen sind. Um am Ende auf dem Wahlzettel zu landen, sind dann noch 500 Unterschriften gewählter Vertreter sowie Vermögens- und Interessennachweise notwendig.

Wie wird gewählt?

Das Staatsoberhaupt wird direkt vom Volk gewählt und benötigt die absolute Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Da keiner der zwölf Kandidatinnen und Kandidaten im ersten Durchgang mehr als 50 Prozent bekommen hat, gibt es nun eine Stichwahl zwischen den beiden Bestplatzierten: dem liberalen Amtsinhaber Emmanuel Macron und der Rechtspopulistin Marine Le Pen. Rund 48,7 Millionen Wahlberechtigte können abstimmen. Es gibt keine Mindestwahlbeteiligung.

Wann wird wo gewählt?

Die Wahllokale sind am Sonntag von 8.00 bis 19.00 Uhr, in großen Städten bis 20.00 Uhr geöffnet. Wegen der Zeitverschiebung sollte in manchen Überseegebieten und in einigen Auslandsvertretungen bereits am Samstag abgestimmt werden. Alle müssen dort ihre Stimme abgeben, wo sie auf der Wahlliste eingetragen sind.

Gibt es eine Briefwahl?

Nein, dafür ist die Wahl per Vollmacht möglich. Ist ein Wähler verhindert, kann er jemanden beauftragen, für ihn abzustimmen. Der Bevollmächtigte muss dies allerdings im örtlichen Wahllokal des Menschen tun, den er vertritt.

Wer überwacht die Wahl?

Der französische Verfassungsrat beaufsichtigt Abgabe und Auszählung der Stimmen und verkündet anschließend das Ergebnis. Er entscheidet auch im Fall von Beanstandungen und Unregelmäßigkeiten.

Wie geht es nach der Wahl weiter?

Frankreichs neues Staatsoberhaupt übernimmt in der Regel schon wenige Tage nach seiner Wahl die Macht im Élyséepalast. Es ist in Frankreich üblich, dass der bisherige Premierminister noch vor der Amtsübergabe im Élysée den Rücktritt der Regierung anbietet. Damit kann der Staatschef gleich einen neuen Premierminister ernennen.

Und was ist mit dem Parlament?

Obwohl der französische Staatschef sehr viel Macht hat, schrumpft sein Einfluss ohne eine Parlamentsmehrheit zusammen. Daher kommt den Parlamentswahlen am 12. und 19. Juni eine große Bedeutung zu. Ohne Mehrheit in der Assemblée Nationale wäre der Präsident gezwungen, eine Regierung aus Politikern eines anderen politischen Lagers zu ernennen. Der Premierminister wird dann deutlich wichtiger. Es könnte sogar eine politische Blockade des Landes drohen.