„Alpstein, Appenzeller Alpen“ in der Schweiz, fotografiert von Peter Mathis, anzuschauen im herrlichen Bildband „Schnee“, erschienen im Prestel-Verlag. Foto: Peter Mathis/Prestel-Verlag

Wozu Farbe, wenn gefrorenes Wasser das zentrale Bildmotiv ist? Der Fotograf Peter Mathis macht Aufnahmen von unberührten Berglandschaften voller Schnee und Eis und atemberaubenden Abfahrten im Pulverschnee.

Stuttgart - Hätte der Philosoph Immanuel Kant seine Vorlesungen bebildern können, wären womöglich Fotos von Peter Mathis zum Einsatz gekommen. Mit den Schwarz-Weiß-Aufnahmen lässt sich eindrücklich dokumentieren, was mit dem Begriff des „Erhabenen“ gemeint ist.

Also das ehrfürchtige Gefühl des Schreckens und des Schauderns, wenn etwas nicht einfach nur schön ist. Sondern wenn es über sich hinausweist auf etwas Größeres, womöglich Heiliges. Weiße, scheinbar unberührte Gipfel, Grate, Wände, Wälder, wie Mathis sie inszeniert.

Spiel mit Licht und Schatten

Es sind Schneelandschaften, so gestochen scharf, dass man meint, jedes Eiskristall einzeln funkeln sehen zu können. Manche Schneefläche mit leichten Verwehungen wirkt, als hätte sie Gänsehaut. Das Spiel mit Licht und Schatten ist faszinierend. Auch wenn das mit der Unberührtheit der Natur so eine Sache und in klassischen, überfüllten Wintersportgebieten heute kaum mehr zu erleben ist – hier sieht man sie.

Die Mühsal des Machens sieht man den Fotografien aber nicht an. Passt die Wettervorhersage zur Wirklichkeit, steht der 1961 geborene, vielfach ausgezeichnete österreichische Fotograf und Bergsportler noch in der Nacht auf für seine Bergbesteigung. Er nimmt die digitale Mittelformatkamera, macht sich mit Stirnlampe und Tourenskiern auf den Weg, spurt auch mal eine Strecke im knietiefen Neuschnee selbst, wie er in interessanten Texten zum Buch berichtet.

Nebelwolken aus frischem Pulverschnee

Tagelang harrt er aus, um den Moment abzupassen, in dem Sonne, Licht und Schatten stimmen und ein befreundeter Skifahrer in den Berner Alpen oder in Alaska einen noch unberührten Steilhang hinunterschießt und in einer Nebelwolke aus frischem Pulverschnee verschwindet.

Die Masse Mensch, die die Natur nicht immer gut behandelt, nimmt Mathis auch ins Bild. Etwa, wenn er Wimmelbilder von Leuten auf der Buckelpiste zeigt. Oder Bergrücken fotografiert, die aussehen wie Körperteile – ein Bein oder ein Rücken – mit langen, dünnen Narben und frischen Operationsklammern.

Die Faszination überwiegt auch da angesichts der Natur, die Peter Mathis in abstrakte Bilder, in Staunen machende Variationen in Weiß und Schwarz verwandelt.

Info zum Buch

Peter Mathis: Schnee. Mit einem Vorwort von Tom Dauer. Prestel-Verlag. 160 Seiten, 82 Fotos, 50 Euro.