Noch nie seit Beginn der Aufzeichnungen waren drei aufeinander folgende Monate so heiß wie in diesem Jahr. 2023 könnte sogar das heißeste jemals erfasste Jahr werden. Und ein wichtiges Klimaphänomen baut sich gerade erst auf. Was bedeutet das für die Menschheit und für jeden Einzelnen?
Der Sommer 2023 war global gesehen der mit Abstand heißeste seit Beginn der Aufzeichnungen 1940. Das teilte der EU-Klimawandeldienst Copernicus am Mittwoch (6. September) für die drei Monate Juni bis August mit. Die Durchschnittstemperatur habe in dem Zeitraum bei 16,77 Grad und damit 0,66 Grad über dem Durchschnitt gelegen, noch einmal deutlich höher als im bisherigen Rekordjahr 2019 mit 16,48 Grad.
Globale Temperaturrekorde purzeln reihenweise
„Die globalen Temperaturrekorde purzeln 2023 weiter“, sagt Copernicus-Vizedirektorin Samantha Burgess. „Der wärmste August folgt auf den wärmsten Juli und Juni und führt zum wärmsten borealen Sommer in unserem Datensatz, der bis 1940 reicht.“
Es habe in den vergangenen Monaten zudem rekordverdächtig hohe Anomalien der Meeresoberflächentemperatur im Nordatlantik und im globalen Ozean gegeben, hieß es weiter.
Jeder Winkel des Planeten ist betroffen
Das bisherige Jahr (Januar bis August) sei das zweitwärmste in den Aufzeichnungen nach 2016, als es ein starkes wärmendes El Niño-Ereignis gab. Derzeit baut sich das Klimaphänomen erneut auf – was Klimaexperten mit Sorge auf die kommende Zeit blicken lässt.
„Unser Klima implodiert schneller, als wir mit extremen Wetterereignissen, die jeden Winkel des Planeten treffen, fertig werden können“, erklärt UN-Generalsekretär Antonio Guterres zu den Copernicus-Daten. Er fordert die Staats- und Regierungschefs zum Handeln auf. „Wir können das schlimmste Klima-Chaos immer noch verhindern – und wir haben keinen Moment zu verlieren.“
2023 – Jahr der Wettextreme
„Die wissenschaftlichen Beweise sind überwältigend“, berichtet Copernicus-Vizedirektorin Burgess. „Wir werden weiterhin Klimarekorde sowie intensivere und häufigere extreme Wetterereignisse sehen, die sich auf Gesellschaft und Ökosysteme auswirken, bis wir aufhören, Treibhausgase auszustoßen.“ Das Jahr 2023 liege derzeit nur 0,01 Grad hinter dem aktuellen Rekordhalter 2016.
Im August war es so warm wie noch nie in dem Monat, wie Copernicus in der englischen Stadt Reading mitteilt. Die Durchschnittstemperatur von 16,82 Grad über Land lag um 0,71 Grad höher als der Durchschnitt der Jahre 1991 bis 2000 und schätzungsweise um 1,5 Grad höher als im vorindustriellen Zeitalter von 1850 bis 1900. Damit war der August der zweitwärmste jemals gemessene Monat. Nur im Vormonat Juli war es mit 16,95 Grad noch wärmer.
Hitzewellen sorgen für schlechte Luft
Hitzewellen verschlechtern die Luftqualität: Davor warnt die Weltwetterorganisation (WMO) in Genf. Dieser Aspekt werde oft vernachlässigt, erklärt WMO-Generalsekretär Petteri Taalas. Die WMO verweist unter anderem auf Waldbrände und aufgewirbelten Wüstenstaub, der sich über tausende Kilometer ausbreiten kann.
Das neue „Bulletin über Luftqualität und Klimawandel“ bezieht sich auf das vergangene Jahr. Unter anderem hätten Waldbrände in den USA und Hitzewellen mit aufgewirbeltem Wüstenstaub in Europa die Luftqualität stark beeinträchtigt.
Waldbrände führen zu „Hexengebräu“ aus Chemikalien
„Was wir 2023 erlebt haben, war noch extremer“, sagt Taalas. „Der Juli war der heißeste bislang gemessene Monat, mit intensiver Hitze in vielen Teilen der nördlichen Hemisphäre und das hat sich im August fortgesetzt.“ Taalas verweist auf die verheerenden Brände in der Mittelmeerregion, in Kanada und auf einer der zu den USA gehörenden Inseln von Hawaii.
„Der Rauch von Waldbränden enthält ein Hexengebräu aus Chemikalien, das nicht nur die Luftqualität und die Gesundheit beeinträchtigt, sondern auch Pflanzen, Ökosysteme und Ernten schädigt, und er führt zu mehr Kohlenstoffemissionen und damit mehr Treibhausgasen in der Atmosphäre“, betont Lorenzo Labrador, einer der Autoren des Bulletins.
Grüne Offensive gegen den Klimawandel
Manche Schadstoffe beeinträchtigten die Luftqualität und trügen gleichzeitig zum Klimawandel bei, so die WMO. Deshalb gingen Klimaschutz und die Verbesserung der Luftqualität Hand in Hand.
Für beides wichtig seien Parks und andere Grünflächen in Städten. Wegen enger Bebauung liege dort die Temperatur nachts bis zu neun Grad höher als im ländlichen Umland, berichtet die WMO. Grünflächen könnten die Temperatur senken, Treibhausgase aufnehmen und die Luftqualität verbessern.
Gesundheit leidet unter Hitzestress
Durch den Klimawandel werden heiße Tage und Hitzewellen in Deutschland weiter zunehmen. Darauf weist das Robert-Koch-Institut (RKI) in Berlin hin. Um Krankheits- und Sterbefälle so weit wie möglich zu vermeiden, sei der Schutz der Bevölkerung etwa durch Hitzeaktionspläne wichtig.
Darüber hinaus können dem Bericht zufolge künftig auch weitere Phänomene zu gesundheitlichen Problemen führen:
• Extremwetterereignisse
Durch den Klimawandel steigt die Wahrscheinlichkeit für Extremwetterereignisse wie Überschwemmungen, Stürme, Dürren oder Brände. Sie können laut RKI zum Beispiel zu Verletzungen, psychischen Belastungsstörungen, bis hin zu Todesfällen etwa durch Ertrinken bei Überschwemmungen führen.
• UV-Strahlung
Wie sich der Klimawandel auf die individuelle UV-Belastung und das damit verbundene Hautkrebsrisiko auswirken könnte, kann laut RKI bislang nicht eindeutig vorhersagt werden. Allerdings steige die Häufigkeit von UV-bedingten Hautkrebs-Erkrankungen seit Jahrzehnten. Ein wirkungsvoller UV-Schutz sei daher wichtig.
• Allergien
Der Klimawandel verändert Auftreten, Häufigkeit und Schwere von Allergien, wie es im Bericht heißt. Schon jetzt litten Pollenallergiker durch die Klimaveränderungen fast ganzjährig unter Symptomen. Bei fortschreitendem Klimawandel sei davon auszugehen, dass sich die Pollensaison weiter verfrühe.
• Luftschadstoffbelastung
Schlechte Luft erhöht dem RKI zufolge das Risiko für viele Erkrankungen, darunter Herzerkrankungen, Atemwegsinfektionen und Typ-2-Diabetes. Die Erderwärmung könne indirekt dazu führen, dass sich die Emission von Luftschadstoffen erhöhe. Zum Beispiel, weil es durch Trockenheit zu Waldbränden und dadurch zu einer hohen Feinstaubbelastung kommt. Dadurch können auch die Gesundheitsrisiken steigen. Wie genau Lufttemperatur und Luftschadstoffe aufeinander wirken, sei aber noch nicht ausreichend erforscht.