Nach mehr als sechs Stunden traten Niedersachsens Regierungschef Weil, Bundeskanzler Scholz und NRW-Ministerpräsident Wüst endlich vor die Presse. Foto: dpa/Bernd von Jutrczenka

Der Flüchtlingsgipfel im Kanzleramt war lange erwartet worden. Nun haben sich Bund und Länder in vielen Punkten geeinigt – doch die wichtigste Frage bleibt offen.

Sie ließen lange auf sich warten. Es war schon spät am Mittwochabend, als Bundeskanzler Olaf Scholz mit Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) und dem nordrhein-westfälischen Landeschef Hendrik Wüst (CDU) vor die Presse traten. Mehr als sechs Stunden hatten Bund und Länder zuvor bei einer Sonder-Ministerpräsidentenkonferenz im Kanzleramt getagt, um sich im Streit um die Flüchtlingsversorgung zu einigen. Dabei sind einige Lösungen gefunden worden. Die wichtigste Frage aber, nämlich ob und wie sich der Bund dauerhaft an der Finanzierung der Flüchtlingskosten beteiligt, ist vertagt worden.

Während Bundeskanzler Scholz und Ministerpräsident Weil betonten, dass das Ergebnis besser sei als erhofft, klang Nordrhein-Westfalens Regierungschef Wüst skeptischer. Er sagte auf der Pressekonferenz: „Mehr war heute nicht drin, das muss man so klar sagen.“

Finanzierung: Der Bund hat zugesagt, für das Jahr 2023 die Flüchtlingspauschale an die Länder um eine Milliarde zu erhöhen. Bislang waren 2,75 Milliarden Euro vorgesehen, dazu kommt jetzt eine weitere Milliarde. Die wichtige Forderung der Länder hat der Bund damit aber nicht erfüllt. Der Beschluss hält fest, dass sie sich ein „atmendes System“ wünschen – also eine dynamische und anteilige Kostenregelung. Das würde bedeuten, dass der Bund mehr Geld zahlen muss, wenn mehr Geflüchtete kommen. So war bis 2021 im sogenannten Vier-Säulen-Modell geregelt, das unter anderem eine monatliche Pro-Kopf-Pauschale vorsah.

Zu einer solchen Regelung möchten die Länder zurückkehren. Ob das passiert, soll aber erst bei einem erneuten Treffen von Bund und Ländern im November entschieden werden. Im Juni soll ein Zwischenstand beraten werden, so hält es das Papier fest.

Steuerung von Migration: Das Beschlusspapier hält fest, dass die irreguläre Migration reduziert werden soll. Dafür will sich die Bundesregierung verstärkt für Rücknahmeabkommen einsetzen, um es einfacher zu machen, ausgewiesene Migranten in ihre Herkunftsländer zurückzubringen. Der Bund will sich zudem europäischer Ebene dafür einsetzen, das Gemeinsame Europäische Asylsystem (Geas) zu reformieren. Dazu sollen unter anderem bestimmte Asylverfahren an die EU-Außengrenzen verlagert und beschleunigt werden. Außerdem will der Bund die eigenen Grenzen weiterhin verstärkt kontrollieren.

Verteilung der Geflüchteten: In diesem Bereich wollen Bund und Länder im Wesentlichen am bisherigen Verfahren festhalten, das vorsieht, dass Asylsuchende nach den Quoten des Königsteiner Schlüssels verteilt werden. Lediglich eine bessere Prüfung der Verteilung ist als Neuerung vorgesehen.

Beschleunigung von Verfahren: Um Ausländerbehörden zu entlasten, sollen Verwaltungsverfahren schnellstmöglich komplett digitalisiert werden. Außerdem sollen die beteiligten Stellen und Verwaltungsgerichte besser personell aufgestellt werden. Grundsätzlich sollen Asylverfahren künftig schneller laufen sollen. Asylverfahren von Schutzsuchenden aus Georgien und Moldau, die eine geringe Erfolgschance haben, sollen beschleunigt durchgeführt werden.

Versorgung von Geflüchteten: Wie bisher bietet der Bund den Ländern einige seiner Gebäude mietfrei an, damit Geflüchtete dort untergebracht werden können. Einige Bau- und Vergaberichtlinien sollen erleichtert werden, damit es einfacher ist, Unterkünfte, aber zum Beispiel auch Schulen und Kitas einzurichten. Der Bund will außerdem Integrationskurse weiter ausbauen, um speziell die Erstintegration zu verbessern.

Rückführungen: Bund und Länder halten in dem Papier fest, dass Ausweisungen konsequenter durchgeführt werden müssen. Dazu sind verschiedene Maßnahmen angedacht, zum Beispiel sollen Behörden besser erreichbar sein und miteinander kooperieren. Für schwierige Fälle soll es spezielle Konferenzen im Bundesinnenministerium geben. Zudem sollen Verstöße gegen das Einreise- und Aufenthaltsverbot strenger und konsequenter bestraft werden. Regelungen, die Abschiebungen erschweren, sollen angepasst werden, um diese zu erleichtern.