David Hanke (r.) und Stephan Boehme in der Stadtkirche Foto: Eibner

Flötist David Hanke balanciert in Böblingen auf einem schmalen Grat zwischen klassischen und elektronischen Tönen. Das kommt an.

Der Kontrast könnte größer nicht sein: ein Mann, eine Blockflöte, ein großer Kirchenraum. Aber – sie waren nicht allein. Das Blockflötenspiel wurde entweder durch Elektronik verstärkt, bereichert oder manchmal auch befremdlich bearbeitet. Der Flötist David Hanke hatte das Experiment gewagt und das Publikum dieser Region hat wie bei anderen Veranstaltungen auch seine Bereitschaft bewiesen, sich auf Unbekanntes einzulassen.

„Journey of light“ oder Sehnsucht, Suche und Hoffnung war das Motto dieses vorletzten Konzerts des von den Hanke Brothers organisierten New Classical Music Festivals. Geprägt war es vor allem durch die Uraufführung von Stephan Boehmes „Interludes I-XI“, die zwischen den Originalkompositionen eingeschoben wurden.

Barocke Vorlage elektronisch variiert

Es erklangen so als Basis ein Satz aus Bachs Partita a-Moll, Virgilianos Ricercar III, Telemanns Fantasie E-Dur, Hotteterres Prélude e-Moll, und einige Sätze von Jacob van Eyck. Letzterer kam blind auf die Welt und wurde dennoch einer der gesuchtesten Glocken- und Flötenspieler seiner Zeit. Stephan Boehme hatte nicht nur eigenständig komponiert, sondern die barocken Originalvorlagen auch elektronisch variiert.

Dem Motto entsprechend war die sonst monochrome Stadtkirche in unterschiedliche und sich stets verändernde Lichtflächen getaucht, die den Ausdrucksgehalt der klingenden Musik noch verstärkten. Die barocke Idee der musikalischen Affektenlehre wurde so variantenreich realisiert. Hanke zauberte aus seinen kleinen und größeren Blockflöten mäandernde Melodielinien oder kurze, gestoßene Einzeltöne.

David Hanke lotet die Grenzen seines Instruments aus Foto: Eibner

Mit Unterstützung der von Boehme bedienten Elektronik variierten die Farben dieser Blockflötentöne in die unterschiedlichsten Klanggewänder. Es entstanden sehr zarte und teilweise ansatzweise aggressive Klänge. Hanke, der in Nürnberg, Wien, Zürich und Amsterdam studierte, hat sich bereits als sehr kompetenter Interpret von älterer und neuerer Musik bewiesen und ist in der Lage, mit einer einsamen Blockflöte sehr unterschiedliche musikalische Gestalten zu formen.

Kontrast hätte eindrücklicher sein können

An dieser Stelle sei ein kleines „Aber“ eingefügt. Die Wirkung wäre sicherlich noch eindrucksvoller gewesen, wenn zwischendurch gerade die frühbarocken Werke einmal in ihrer Originalgestalt erklungen wären. So wäre der musikantische Kontrast zu den elektronischen Variationen vielleicht noch stärker und eindrucksvoller gewesen. Die Grenzen zwischen Musik, experimenteller Verfremdung von Musik und rein elektronischen Klängen waren stets fließend und zogen das Publikum emotional in den Bann.

Begeisterter Beifall und viele Bravoberufe waren für die sympathisch auftretenden Musiker eine tolle Belohnung. Zu den Besuchern zählte auch Gael de Maisonneuve, französischer Generalkonsul und Direktor des Institut Français in Stuttgart. Er kommentierte das Konzert: „fantastisch“. Auch der frühere Sindelfinger Kirchenmusikdirektor Matthias Hanke, Vater der vier Hanke-Brüder, war angetan vom Konzert des Filius.

Musiker und Komponist Stephan Boehme Foto: Eibner

Es erschien vielen im Saal bedauerlich, dass die musikalischen Topveranstaltungen der Region nicht als Video mitgeschnitten werden. Das New Classical Music Festival 2025 fand mit einem umjubelten Auftritt der Hanke-Brothers im Sparkassen-Forum Böblingen seinen Abschluss. Angesichts des Erfolgs mit rund 3000 Besuchern und über 30 Uraufführungen kündigte David Hanke bereits eine Fortsetzung des Festivals im Jahr 2026 an.