Die Landfrauen Markgröningen trotzen wie alle Festzugsteilnehmer dem Regen. Foto: /Jürgen Bach

Der Schäferlauf findet nach zwei Jahren Coronapause vor großem Publikum statt. Tausende Besucher lassen sich vom Regen nicht abhalten. Bürgermeister Jens Hübner und Landrat Dietmar Allgaier meistern ihre Premiere ohne Pannen.

Echte Schäferlauffans sind treu – und nicht aus Zucker. Strömender Regen kann sie nicht abhalten oder ihre Stimmung trüben. Schließlich mussten sie zwei Jahre auf das Traditionsfest warten. Zwei lange Jahre. Zwei zu lange Jahre – das war an diesem Wochenende in den Straßen von Markgröningen immer wieder zu hören.

Auch wenn das Unwetter bereits am Freitagabend die Nerven der Gastgeber gehörig strapazierte. „Wir haben uns schon auf eine Räumung vorbereitet, aber es blieb dann Gott sei dank bei phasenweisen Ausschanksperren“, erzählt Festausschussmitglied Karsten Pipplies. Im Zelt des Fußballvereins, in dem der Markgröninger Mitglied ist, glich der Boden bisweilen einer Morastlandschaft.

Ausschanksperren am Freitagabend

Um sie trockenzulegen, sind am Morgen nach dem Wolkenbruch zwölf Tonnen Schotter herbeigekarrt worden. Auch für den Schäferlauf-Profi Pipplies eine „spektakuläre Aktion“.

Als am Samstagmorgen dann kurz vor zehn Uhr Landrat Dietmar Allgaier und Bürgermeister Jens Hübner, der Tradition folgend, in einer prächtig geschmückten Kutsche am Rathaus vorfahren, zeigt sich der Himmel in trübem Mausgrau. Dennoch füllt sich der Marktplatz immer mehr. Viele Besucher werfen immer wieder prüfende Blicke gen Himmel, den Regenschirm griffbereit in der Hand.

Ponchos aus Plastik halten trocken

Und es dauert nicht lang, bis er gebraucht wird, weil der Himmel erneut seine Schleusen öffnet. Plastikponchos werden verteilt, die Sonnenschirme des Eiscafés dienen als Regenschutz, eine Bäckerei in einer Nebengasse bietet unvorbereiteten Schäferlaufgästen sogar Leih-Regenschirme an. Es ist an alles gedacht beim Großevent der Schäferlaufstadt.

Die Ehrengäste bekommen von den Launen des Wettergottes erst einmal nichts mit. Sie lassen es sich im Rathaus beim Empfang im Trockenen gut gehen. Doch dann heißt es auch für sie: Raus ins kühle Nass und dennoch rein ins Vergnügen.

Schäferlauf ist Unesco-Kulturerbe

Während Christiane Liebing und Günter Merz auf der Bühne die Historie des Festes launig skizzieren und den kleinen Festzug der teilnehmenden Zünfte und Vereine moderieren, steigt bei den zwei Herren auf der Bühne sichtbar die Nervosität. Denn sowohl für Landrat Dietmar Allgaier, der an diesem Tag in die Rolle des Landvogts schlüpft, als auch für den Stadtchef Jens Hübner ist der Schäferlauf eine Premiere – in ihren Funktionen. Mit 13 oder 14 Jahre habe er das Fest das erste Mal bewusst erlebt und danach regelmäßig besucht hat, erinnert sich Hübner, der erst im Mai in sein Amt eingesetzt worden ist. Aber jetzt als Bürgermeister die Verantwortung für ein Event zu tragen, das 2018 als Unesco-Kulturerbe anerkannt wurde, ist dann eben doch noch einmal etwas anderes.

Lob von Stadtchef Hübner

Beide meistern ihre Aufgabe ohne Pannen. Und als Hübner ans Mikrofon tritt hat Petrus ein Einsehen. Der Regen hört auf, die Schirme können eingepackt werden. Welche Bedeutung das Fest, das Tradition und Moderne verbinde, für die Markgröninger habe, sei in den vergangenen Wochen zu spüren gewesen, sagt Hübner. Mit großem Eifer hätten die Bürger ihr Städtle auf Hochglanz gebracht. Ein Dankeschön vom Stadtoberhaupt gibt es dafür. Ebenso wie fürs Rathausteam. Denn das habe in einem Kraftakt in nur kurzer Vorbereitungszeit das Fest gestemmt, lobt der Chef. Schließlich sei lange nicht klar gewesen, ob der Schäferlauf stattfinden wird. Eine Variante light habe man jedoch abgelehnt. „Für uns war klar: Entweder ganz oder gar nicht.“

Mit Freude, Neugierde aber auch einer gewissen Anspannung habe er dem Tag entgegengesehen, gewährt Dietmar Allgaier Einblick in sein Seelenleben. Schließlich wolle er in seiner Rolle möglichst nichts falsch machen. Viele Ratschläge hat er sich für seine Premiere geholt. Von Alt-Schultes Rudolf Kürner oder auch von Alt-Landrat Rainer Haas. Letzterer gab seinem Nachfolger beispielsweise den Tipp, den mit Wein gefüllten Becher, den er der Tradition folgend in einem Zug austrinken muss, nicht zu schnell zu leeren. So ganz befolgt ihn Allgaier nicht. Ruckzuck ist der Trollinger-Lemberger Geschichte.

Seitenhieb nach Ludwigsburg

In seinem ersten Schäferlauf-Gedicht, das an der ein oder anderen Stelle im Reimrhythmus etwas stolpert, wagt der Kreischef am Ende dann noch einen Ausblick aufs Jahr 2029. Da werde er, nachdem die Ludwigsburger jetzt endlich aufgewacht seien aus ihrem „Stadtbahn-Schlaf“, vielleicht mit selbiger „anrücken“. Nein, er wolle nicht provozieren, betont Allgaier mit einem Augenzwinkern, doch es sei wirklich höchste Zeit, dass in Ludwigsburg die Entscheidung pro Bahn gefallen sei. „Manche werden halt a bissle später g’scheit.“