Igor Zelensky im Jahr 2016, damals war er als Direktor des Bayerischen Staatsballetts frisch im Amt. Foto: dpa/Matthias Balk

Private Gründe hatte Igor Zelensky für seinen Rücktritt als Direktor des Bayerischen Staatsballetts angeführt. Wie politisch das Private sein kann, zeigen neue Informationen.

Wäre die gesamte Situation nicht so dramatisch und maßlos traurig, könnte man Igor Zelensky, dem ehemaligen Direktor des Bayerischen Staatsballetts, fast so etwas wie schwarzen Humor bescheinigen. Denn die Gründe für den Rücktritt des Russen, den dieser just am Tag verkündete, als die Welt entsetzt auf die Verbrechen von Butscha schaute, erscheinen nach Recherchen des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ und des russischen Online-Portals „Meduza“ in neuem Licht. Demnach hat der mit einer ehemaligen russischen Tänzerin verheiratete Zelensky eine Beziehung zu Katerina Wladimirowna Tichonowa, einer der Töchter des russischen Präsidenten, und soll der Vater einer Enkeltochter Putins sein. Gemeinsam mit anderen Medien hat „Meduza“ eine rege Reisetätigkeit von Tichonowa und Zelensky zwischen Moskau und München recherchiert.

Volle Aufmerksamkeit für die Familie

Den Rücktritt von seiner Aufgabe als Münchner Ballettchef hatte Igor Zelensky am 4. April folgendermaßen begründet: „Eine Ballettkompanie zu führen, erfordert absolute Konzentration und Kapazität. Aktuell verlangen jedoch private Familienangelegenheiten meine volle Aufmerksamkeit und Zeit, die mit der Leitung einer Ballettkompanie nicht vereinbar sind.“ Nicht vereinbar mit der Aufgabe als Ballettdirektor war sicherlich aber auch Zelenskys Beziehung zu Katerina Wladimirowna Tichonowa, die auf der Sanktionsliste der EU steht. Öffentlichem Druck ausgesetzt und indirekt zum Rücktritt gezwungen wurde Zelensky wegen seines Engagements für eine russische Kulturstiftung und seine Beteiligung bei der Eröffnung einer ihrer Einrichtungen auf der annektierten Halbinsel Krim.

Das Bayerische Staatsballett leitet inzwischen Laurent Hilaire. Der Franzose ist auch dabei, wenn die Kompanie am 8. und 9. Juli 2022 auf ihre erste Gastspielreise nach der Pandemie geht und im spanischen Peralada bei einem Festival auf einer Open-air-Bühne zwei gemischte Programme mit zeitgenössischen Werken von unter anderem David Dawson, Sharon Eyal und Liam Scarlett tanzen wird.