Wie viel Eis enthält die Kruste des Zwergplaneten Ceres? Und wie sah der Himmelskörper früher aus? Foto: Imago/Depositphotos

Der Zwergplanet Ceres könnte einst von einem schlammigen Ozean bedeckt gewesen sein, wie eine neue Studie zeigt. Demnach ist die Kruste dieses größten Objekts im Asteroidengürtel viel eisreicher als gedacht: Sie könnte zu rund 90 Prozent aus Wassereis bestehen.

Erst waren es neun, dann nur noch acht. So viele Planeten zählen offiziell zu unserem Sonnensystem (in der Reihenfolge der Entfernung zur Sonne): Merkur, Venus, Erde, Mars, Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun. Bis zum Jahr 2006 gehörte noch ein neunter Planet dazu: Pluto. Aber der wurde von der Internationalen Astronomische Union (IAU) in Paris zum Zwergplaneten herabgestuft. Die IAU zählt außerdem noch die fünf Zwergplaneten Ceres, Pluto, Haumea, Makemake und Eris zum Sonnensystem. Es könnte jedoch Dutzende oder sogar Hunderte weitere davon geben.

Größtes Objekt im Asteroidengürtel

Der nur rund 900 Kilometer große Zwergplanet Ceres ist der größte Himmelskörper im sogenannten Asteroidengürtel und zugleich der kleinste von der IAU als Zwergplanet klassifizierte Himmelskörper.

Zur Info: Der Asteroidengürtel ist ein Bereich im Sonnensystem mit einer gehäuften Ansammlung von Asteroiden, der sich zwischen den Planetenbahnen von Mars und Jupiter befindet.

Der Asteroidengürtel befindet sich zwischen den Planetenbahnen von Mars und Jupiter befindet. Foto: Imago/YAY Images

Ceres ist nicht nur sehr viel größer und planetenähnlicher als andere Asteroiden, seine Kruste enthält auch ungewöhnlich viel Wassereis und Salze. Sogar Eisvulkane könnte es auf dem Zwergplaneten geben. Und dies, obwohl Objekte im Asteroidengürtel meist extrem trocken und wasserarm sind.

Wie viel Wassereis enthält die Kruste von Ceres?

3D-Illustration der Nasa-Raumsonde „Dawn“. Foto: Nasa/JPL-Caltech

Messdaten der Nasa-Raumsonde "Dawn" legen nahe, dass Ceres' Krustendichte nahe an der von Wassereis liegt. Demgegenüber sind die vielen Einschlagskrater auf Ceres‘ Oberfläche aber kaum verformt. Würde sie jedoch aus Eis bestehen, müsste sie sich bei den Temperaturen auf Ceres plastisch verformen und abflachen.

Das aber ist nicht der Fall, wie die Aufnahmen von „Dawn“ zeigen. Deshalb nahm man bisher an, dass die Kruste von Ceres nicht mehr als 30 oder 40 Prozent Wassereis enthalten kann. Aber wie ist dies mit den gemessenen chemischen Daten vereinbar?

Innerer Aufbau von Ceres. Foto: © Nasa/JPL-Caltech

Drei Theorien zur Ceres‘ Kruste

Ian Pamerleau von der Purdue University in West Lafayette (US-Bundesstaat Indiana) und sein Team haben die Konsistenz der Ceres-Kruste und ihr Fließverhalten nun rekonstruiert und drei mögliche Theorien entwickelt. Ihre Studie ist im Fachmagazin „Nature Astronomy“ erschienen.

  • 1. Theorie: Die Ceres-Kruste besteht aus 90 Prozent Wassereis mit Beimischungen von Staub und Salzen.
  • 2. Theorie: In der zweiten Theorie liegt eine 20 Kilometer dicke Eisschicht auf einer eisarmen Unterlage.
  • 3. Theorie: Im dritten Fall nimmt der Eisgehalt der Kruste von 90 Prozent an der Oberfläche graduell bis auf null Prozent in 117 Kilometer Tiefe ab.

Nach der Überprüfung aller Daten von Ceres zeigte sich: Selbst bei einem Wassereis-Anteil von 90 Prozent verformt sich die Oberfläche des Asteroiden weniger stark als zuvor angenommen. „Einfache Krater von rund zwölf Kilometer Durchmesser bleiben unter allen drei Szenarien nahezu unverändert, solange das Eis mindestens sechs Prozent Unreinheiten enthält“, schreiben die Forscher. „Komplexe Krater von mehr als 40 Kilometer Größe erfahren in mittleren und hohen Breiten des Ceres selbst nach einer Milliarde Jahren nur wenig Deformation.“

Die Nasa-Raumsonde "Dawn" lieferte widersprüchliche Daten zur Kruste von Ceres. Foto: © Nasa/JPL-Caltech

Bis zu 90 Prozent Eis an der Oberfläche

„Diese Resultate weichen stark von früheren Arbeiten ab, nach denen selbst einfache Krater in einer eisreichen Kruste schnell verschwinden müssten“, erklären die Wissenschaftler. Stattdessen wiesen ihre Analysen daraufhin, dass „schmutziges Eis“ auf Ceres mit wenigen Prozent Staub und Gestein weit beständiger sei als gedacht.

Als besonders stringent erwies sich dabei die dritte Theorie: Selbst am Ceres-Äquator flachten sich große Krater in diesem Szenario um weniger als 20 Prozent ab.

Wie Eiskruste und Krater auf Ceres zusammenpassen

Damit könnten die Forscher die Frage der Krusten-Messdaten und den seltsam beständigen Kratern auf Ceres gelöst haben. „Wir erhalten damit einen eisreichen Ceres, der trotzdem zu dem beobachteten Kraterverhalten passt“, erklärt Pamerleau.

Sein Kollege Mike Sori ergänzt: „Wir glauben, dass es an der Oberfläche von Ceres jede Menge Wassereis gibt und dass die Kruste nach unten hin dann immer eisärmer wird.“ Dies könnte auch die Eisvulkane und Salzaustritte an der Oberfläche des Zwergplaneten erklären, so Sori.

Ceres könnte der erdnächste eishaltige Himmelskörper im Sonnensystem sein. Foto: Imago/Depositphotos

Zwergplanet hatte einst schlammigen Ozean

Doch wie kommt der Zwergplanet zu seiner nach innen abnehmenden Kruste? „Unserer Ansicht nach muss Ceres einst eine Wasserwelt wie der Jupitermond Europa gewesen sein. Aber mit einem schmutzigen, schlammigen Ozean“, erläutert Sori. „Als dann dieser Ozean mit der Zeit gefror, erzeugte dies eine eisige Kruste mit einem kleinen Anteil darunter gemischten Gesteinsmaterial.“

Sollte diese Theorie stimmen, könnte Ceres der erdnächste eishaltige Himmelskörper sein, weit näher als die Eismonde des äußeren Sonnensystemsm, der Jupiter-Trabant Europa und der Saturn-Mond Enceladus.

Für Menschen zugänglichste Eiswelt im Kosmos

„Wenn wir Recht haben, dann haben wir einen extraterrestrischen gefrorenen Ozean nahe an der Erde“, betont Sori. „Ceres ist damit die für uns zugänglichste Eiswelt im gesamten Kosmos.“ Das mache den Zwergplaneten zu einem spannenden Ziel für künftige Raumfahrtmissionen.

Anders als bei Europa und Enceladus mit ihren subglazialen Ozeanen liegen die gefrorenen Eisreservoirs von Ceres direkt an der Oberfläche. Mike Sori: „Wir könnten daher ohne große Schwierigkeiten Proben von einer urzeitlichen Ozeanwelt nehmen und untersuchen.“