Deutschland hat die größten Erdgasspeicherkapazitäten in der Europäischen Union und die viertgrößten weltweit. Foto: dpa/Klaus-Dietmar Gabbert

Die Bevorratung von Gas geht besser voran als vermutet. Schon 90 Prozent der deutschen Gasspeicher-Kapazitäten sind gefüllt. Das ist eine gute Nachricht für den Winter.

Um die Versorgungssicherheit mit Gas im kommenden Winter zu gewährleisten, setzt die Bundesregierungs derzeit alles daran, die Gasspeicher in Deutschland zu füllen. Am Dienstagmorgen waren die Speicher – die größten in Europa – zu 90 Prozent befüllt. Und das, obwohl Russland seit Ende August kein Gas mehr nach Deutschland liefert. Wir erklären, welche Rolle die Speicher spielen.

Was sind Gasspeicher?

Deutschland hat die größten Erdgasspeicherkapazitäten in der Europäischen Union und die viertgrößten weltweit – nach den USA, Russland und der Ukraine. Laut dem Bundesministerium für Wirtschaft befanden sich in Deutschland Ende 2015 insgesamt 51 Erdgasspeicher im Betrieb. Etwa ein Drittel davon sind so genannte Porenspeicher, bei denen das Erdgas in porösem Gestein wie Sandstein gespeichert wird, der Rest sind Kavernenspeicher, die zur Speicherung künstliche Hohlräume etwa in Salzstöcken nutzen. Die meisten Speicher befinden sich in Niedersachsen und Bayern. Das derzeit nutzbare maximale Gasvolumen der deutschen Speicher beträgt laut dem Bundeswirtschaftsministerium 24,6 Milliarden Kubikmeter.

Gibt es in Baden-Württemberg Speicher?

In Baden-Württemberg sind die geologischen Voraussetzungen zur Speicherung von Gas nicht gut, daher gibt es in dem Bundesland nur die beiden Speicher Fronhofen (Landkreis Ravensburg) und Sandhausen (Rhein-Neckar-Kreis). Wer auf der A 5 nach Mannheim unterwegs ist, fährt über den Kavernenspeicher Sandhausen hinweg.

Sandhausen ist der kleinste aller Gasspeicher in Deutschland, er kann 30 Millionen Kubikmeter nutzbares Gas aufnehmen – der größte deutsche Speicher in Rehden in Niedersachsen bringt es auf das 130-Fache: 3,9 Milliarden Kubikmeter. Der Speicher Rehden, der zur Gazprom-Germania-Gruppe gehört, ist derzeit zu etwa Dreivierteln gefüllt. Die Gruppe steht seit April unter Treuhandverwaltung der Bundesnetzagentur, und der Füllstand von Rehden lag bis Juni bei nur zwei Prozent.

Ist der Stuttgarter Gaskessel auch ein Gasspeicher?

Gasspeicher wie der in Stuttgart-Gaisburg oder Kugelspeicher wie die beiden im Vaihinger Gewerbegebiet Wallgraben-Ost sind Übertagespeicher, die nur tägliche Verbrauchsspitzen abfangen können. Sie sind nicht gemeint, wenn es um die Gasspeicherfrage geht. Die Anlage in Gaisburg ist im August vergangenen Jahres außer Betrieb gegangen. „Anders als man vielleicht vermutet, war der Gaskessel keine nennenswerte Notfallreserve für die Landeshauptstadt“, schrieb der Betreiber NetzeBW damals zur Begründung. „Das auf den ersten Blick eindrucksvolle 300 000-Kubikmeter-Volumen wäre an einem kalten Wintertag innerhalb weniger Stunden aufgebraucht gewesen.“

Wie weit kommt man mit dem Gas in den Speichern?

Alle Gasspeicher könnten, so sie denn ganz gefüllt wären, den Bedarf für zwei bis drei Wintermonate decken. In der vergangenen Heizsaison wurden in den Monaten November bis März nach Angaben der Bundesnetzagentur in Deutschland knapp 570 Terawattstunden Erdgas verbraucht. Die Kapazität der Speicher beträgt umgerechnet in Terawattstunden etwa 245 Terawattstunden. Das ist etwas weniger als der Verbrauch in den beiden Monaten Dezember 2021 und Januar 2022 zusammen. Laut dem Verband Initiative Energien Speichern (Ines) wurden in der Vergangenheit an kalten Wintertagen bis zu 60 Prozent des Gasverbrauchs in Deutschland aus deutschen Speichern abgedeckt.

Was ist im Gasspeichergesetz geregelt?

In Deutschland sind Gasspeicherbetreiber seit Inkrafttreten de Gasspeichergesetzes am 30. April 2022 verpflichtet, ihre Speicher nach einem bestimmten Zeitplan zu füllen. Auch deshalb, weil die Speicherstände im Winter 2021/2022 angesichts schon damals relativ hoher Erdgaspreise historisch niedrig waren. Bis zum 1. November sollen die Speicher zu 95 Prozent ausgelastet sein. Ursprünglich lag das Ziel zu diesem Datum bei 90 Prozent, es wurde aber per Ministerverordnung Ende Juli angehoben.

Wie sieht es in anderen Ländern der EU aus?

Die aktuellen Füllstände in Europa ist auf der Internetseite des AGSI (Aggregated Gas Storage Inventory) einsehbar. Im Durchschnitt der EU sind die Speicher zurzeit zu 86 Prozent gefüllt. Am niedrigsten ist der Speicherstand demnach mit knapp 52 Prozent in Lettland, danach folgt mit knapp 70 Prozent Ungarn. Am besten gefüllt sind die Speicher in Polen (98,5 Prozent), Frankreich (95,5 Prozent) und Dänemark (95 Prozent). Deutschland hat mit 245 Terawattstunden die höchste Speicherkapazität in der EU. Danach folgen mit 193 Terawattstunden Italien und mit 139 Terawattstunden die Niederlande.

Kann der Inhalt eines Speichers vollständig genutzt werden?

Nein, denn um den Mindestdruck im Speicher aufrechtzuerhalten, braucht es einen gewissen Anteil so genannten Kissengases. Es verbleibt als Restgasmenge permanent im Speicher. Das Gas, das ein- oder ausgelagert wird, um es verbrauchen zu können, bezeichnet man als Arbeitsgas. Bei den oben angegebenen Kapazitäten handelt es sich jeweils um das Arbeitsgasvolumen.