Die SUV-Variante des Mercedes-Flaggschiffes EQS bietet bis zu sieben Sitzplätze. Foto: Mercedes-Benz AG

Der 7-Sitzer von Mercedes soll vor allem die reiche Kundschaft in China und den USA ansprechen. BMW und Tesla haben noch kein Modell in der Klasse der batterieelektrischen „large“ SUVs .

Er ist ein Scheinzwerg, er wirkt kleiner als er tatsächlich ist. Dabei handelt es sich bei dem SUV von Mercedes Flaggschiff EQS um ein Fahrzeug, das im Innenraum so viel Platz anbietet wie keines der Konkurrenz. Die Designer um Gorden Wagener haben in die Trickkiste gegriffen, damit der Betrachter dem großen Bruder des EQS seine äußeren Maße nicht ansieht – zumindest nicht auf den ersten Blick.

Drittes Modell auf der neuen Plattform

Die großen Räder mit 20 oder 22 Zoll sowie die schwarzen Bauteile an den Radkästen lassen das Fahrzeug von der Seite kleiner erscheinen als es ist. Einen klassischen Kotflügel gibt es nicht mehr. Die Haube, unter der beim Vollelektriker natürlich nicht mehr der Motor, sondern der umfangreiche Luftfilter für den Innenraum sitzt, ist an den Seiten weit heruntergezogen. Das Gesicht des dritten Modells, das nach EQS- und EQE-Limousine nun auf der Plattform des Herstellers für große batterieelektrische Fahrzeuge gebaut wird, ist freundlich gehalten. Wo der Wettbewerber aus Bayern auf die immer größer werdende Niere und viel Chrom setzt, besticht das Fahrzeug mit dem Stern mit eleganter Linienführung. Von vorn scheint es, als würde das Auto einen aus kleinen Augen mit drei horizontalen Dreiecken darüber als Augenbraue sympathisch anschauen.

Raumwunder

Dieser optische Eindruck steht in krassem Gegensatz zu dem üppigen Platzangebot im Innern. Die SUV-Variante des EQS ist immerhin um 20 Zentimeter höher als die beileibe nicht zierliche Limousine. Der Radstand ist gleich und zwar riesig: 3210 Millimeter liegen zwischen erster und zweiter Achse. Damit bietet der Mercedes SUV mehr Raum als die batterieelektrische Konkurrenz von BMW und Tesla. Mercedes schafft also eine neue eigene Unterklasse bei den SUVs und setzt darauf, mit dem ersten vollelektrischen „large SUV“ ein Alleinstellungsmerkmal zu haben. Die angepeilte Zielgruppe - sehr wohlhabende Fans von supergroßen vollelektrischen Fahrzeugen - wohnt vor allem in China und in den USA. Auf Wunsch gibt es eine dritte Sitzreihe mit zwei Plätzen, die aus dem Wagen einen Siebensitzer machen. Die beiden Plätze sind mehr als Notsitze. Es gibt keine physiognomische Obergrenze für die Passagiere im hinteren Fonds, selbst 1,90-Meter-Fahrgäste können sich hier wohl fühlen. Das Raumwunder in einem Satz: Wenn der Wagen mit fünf Fahrgästen besetzt ist, sollen noch unglaubliche 24 Kisten Mineralwasser oder vier Golfbags in den Stauraum passen.

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Der üppige Innenraum und das höhere Dach gehen zu Lasten des Windschlupfes und der Reichweite. Während die Limousine mit einem CW-Wert von 0,20 amtierender Weltmeister bei den Serienfahrzeugen ist, liegt der SUV hier naturgemäß nicht ganz so gut. Mercedes hält sich denn auch mit der Veröffentlichung des CW-Wertes zurück. Die Reichweite wird mit bis zu 660 Kilometern angegeben. Das Fahrzeug wird im US-amerikanischen Werk in Tuscaloosa produziert. Die Batterie, die bereits in der vollelektrischen S-Klasse verbaut wird, wurde von Mercedes selbst entwickelt und hat eine Kapazität von knapp 108 Kilowattstunden. Mercedes verspricht komplikationsloses Laden über einen Zeitraum von zehn Jahren oder eine Laufleistung von 250 000 Kilometern bei am Ende immer noch mindestens 70 Prozent der ursprünglichen Kapazität. Die Lithium-Ionen-Batterien mit bis zu zwölf Zellmodulen werden in der hauseigenen Fabrik in Bibb County nicht weit vom Montagewerk Tuscaloosa produziert.

Drei Varianten im Angebot

Den SUV gibt es in drei Motorisierungen. Der EQS 450+ wird mit einem Elektromotor an einer Achse angetrieben und bringt 265 Kilowatt Leistung auf die Straße. Die Allrad-Varianten 450 4Matic und 580 4Matic liefern 265 Kilowatt oder 400 Kilowatt ab. Der Verbrauch liegt nach Firmenangaben im WLTP-Modus zwischen 18 und 24 Kilowattstunden pro gefahrene 100 Kilometer. Mercedes verspricht, dass beim Schnelladen mit Gleichstrom innerhalb von 15 Minuten Strom für bis zu weitere 250 Kilometer Fahrt nachladen lässt.

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Fahren lässt sich der EQS SUV übrigens bequem mit einem Pedal. Wenn der Modus für intelligentes Rekuperieren der Energie eingeschaltet ist, „fährt“ das Auto vorausschauend. Nähert sich das Fahrzeug etwa vor einer roten Ampel stehenden Autos oder einer Zone mit anderer Geschwindigkeitsbegrenzung, nimmt das System automatisch Fahrt raus, speist die beim Bremsen gewonnene Energie wieder in die Batterie ein. Dies ermöglicht nicht nur entspanntes Fahren, sondern sorgt auch für geringen Verbrauch und eine optimierte Reichweite. Die ersten Fahrzeuge werden den Kunden in der zweiten Jahreshälfte geliefert.